Bürgerinitiative „Gegenwind Teichhau“

Das war bei der Infoveranstaltung der Dettinger Windkraftgegner zu hören

Beim Infoabend der Bürgerinitiative „Gegenwind Teichhau“ in Dettingen haben die Referenten deutlich gemacht, welche Auswirkungen sie durch den geplanten Bau von sechs Windkrafträdern befürchten. Das Interesse an der Veranstaltung war groß.

Matthias Eck macht seinem Ärger Luft: „Was hier läuft, ist eine Riesensauerei und ein Verbrechen an Mensch und Natur“, sagte der gebürtige Giengener, nachdem er beim Infoabend der Bürgerinitiative „Gegenwind Teichhau“ am Freitag in Dettingen über seine jahrelange leidvolle Erfahrung als Nachbar einer Windkraftanlage berichtet hatte.

Damals, im Jahr 2007, wohnte Eck mit Frau und Kindern noch in einem Neresheimer Teilort, als rund 700 Meter vor seinem Haus drei Windräder gebaut wurden. Der sogenannte Infraschall, der von der Anlage ausgeht, habe sich zunächst „schleichend“ auf ihn und seine Familie ausgewirkt: schlechter Schlaf und Konzentrationsstörungen seien die ersten Anzeichen gewesen.

Die Dramatik spitzte sich laut Eck immer mehr zu. Die Kinder seien in der Schule leistungsmäßig total abgefallen, seine Frau sei zusammengebrochen, er selbst habe unter Bluthochdruck und Tinnitus gelitten, das jüngste Kind unter neurologischen Zuckungen. „In vielen Nächten traf sich die Familie in der Küche, wir kamen alle nicht mehr in einen Tiefschlaf hinein.“

Windkraftgegner aus Bopfingen: Aus Verzweiflung den Wohnort gewechselt

Was folgte, sei eine Ärzte-Odyssee gewesen, gepaart mit Unverständnis bei Behörden und Politikern. Erst als die Familie aus Verzweiflung den Wohnort wechselte und nach Bopfingen zog, habe sich wieder Besserung eingestellt. Die Kinder, zuvor aufgrund ihres Leistungsabfalls teilweise bis in die Sonderschule versetzt, hätten sogar noch das Fachabitur machen können.

Die Ursache all der gesundheitlichen Probleme, unter denen vor allem seine Frau bis heute noch stark leide, seien durch den Infraschall, dessen Frequenz unterhalb der menschlichen Hörfläche liegt, ausgelöst worden, da gibt es für Eck keine Zweifel. „Alle werden geschädigt, 30 Prozent kriegen es mit. Und für sie ist es die Hölle“, erläuterte er. 2018 gründete Matthias Eck gemeinsam mit anderen Geschädigten die Deutsche Schutzgemeinschaft Schall (DSGS).

Dr. Walter Tutsch über das „Windturbinensyndrom“ und den Abstand zur Wohnbebauung

Für Dr. Walter Tutsch seien die gesundheitlichen Beeinträchtigungen für Menschen und Tiere in der Nähe von Windkraftanlagen längst belegt. Der Hausarzt im Ruhestand, der einst in Dettingen und Herbrechtingen eine Praxis hatte, stützte sich bei seinen Aussagen vor allem auf Gutachten an mehreren deutschen Universitäten. Jährlich würden sich inzwischen rund 200.000 Menschen beim Bundesgesundheitsamt mit Symptomen des sogenannten „Windturbinensyndroms“ melden.

Der Infraschall, der sich über Wahrnehmungen im Innenohr ins vegetative Nervensystem auswirkt, könne sogar Herzinfarkte verursachen. „Im Prinzip dürfte man kein Windrad bauen“, sagte Tutsch. Während aber in England wenigstens noch 2000 Meter Abstand zur Wohnbebauung eingehalten würden, seien in Baden-Württemberg nur 700 Meter vorgeschrieben, mit Tendenz nach unten.

Auch außerhalb des gesundheitlichen Aspekts soll der Bau von Windkraftanlagen zahlreiche Risiken und Ungereimtheiten bringen. Das jedenfalls war dem Vortrag von Hansjörg Jung zu entnehmen. Gute anderthalb Stunden lang listete der Präsidialrat für Natur- und Umweltschutz und Beteiligter an zahlreichen Windkraftprojekten unterschiedlichste Aspekte auf.

Hansjörg Jungs Kritik an der Höhe heutiger Windkraftanlagen

Der Herrenberger begann damit, dass Baden-Württemberg im europäischen Vergleich sehr windarm sei und brandmarkte, dass die Höhe der Anlagen stetig zunehme, da man nur so in die ungebremste „lineare Strömung hineinkomme“. Inzwischen habe der Abstand vom Boden bis zur Rotorblattspitze schon die 300-Meter-Marke überschritten. Trotz der steigenden Höhen sei der Korridor, an dem Windenergie geerntet werden kann, stark eingeschränkt. „Weder bei Flaute noch bei Sturm ist etwas zu holen“, so Jung.

Widersprüchliches gebe es auch in der unterschiedlichen Handhabung rechtlicher Bestimmungen in den Bundesländern, etwa bei den Richtwerten für Windgeschwindigkeiten oder dem Rückbau der Anlagen. Zudem kritisierte Jung, dass kein Gutachter persönlich für sein Gutachten hafte und die staatliche Kontrolle fehle.

Gefahren bestünden auch beim Eisabwurf. Eisbrocken könnten durchaus 50 Zentimeter lang und 700 Gramm schwer sein. Jung errechnete Eiswurfweiten bis zu 1000 Meter. Auch bei Havarien gebe es Probleme. Brände im oberen Bereich der Anlagen etwa könnten nicht gelöscht werden, sogenannte Fiese Fasern, die sich nach Bränden an Bäumen niederlassen, stellten ein hohes gesundheitliches Risiko dar. Nicht zuletzt ging es auch um den Artenschutz. Am Beispiel des Rotmilans machte Jung deutlich, dass Windkrafträder zwar per Kameraüberwachung bei einem Anflug des Vogels gestoppt würden. Aufgrund der langen Abschaltzeit müsste die Erfassungsreichweite des Milans aber stattliche 820 Meter betragen.

Argumente der Windkraftgegner im Faktencheck

Infraschall: Windkraftanlagen haben laut ENBW keine gesundheitlichen Auswirkungen. Ein jahrelang von Kritikern und Bürgerinitiativen angeführtes Argument gegen den Ausbau der Windkraft an Land sei ein vermeintlich sehr hoher Infraschall von Windrädern. Dabei habe sich die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) bei ihren ursprünglichen Angaben über den möglichen Schalldruck schlicht verrechnet, das Wirtschaftsministerium längst für den Fehler entschuldigt. Auch eine neue Schlaflabor-Studie zeige keinerlei Beeinträchtigungen. Doch der Irrtum halte sich hartnäckig, teilt die ENBW mit.

Eisbildung: In einigen Gegenden in Deutschland, insbesondere in den Mittelgebirgen und Alpen könne es bei ungünstiger Wetterlage (hohe Luftfeuchtigkeit, Nebel oder Regen in Verbindung mit Temperaturen um oder unter dem Gefrierpunkt) zur Eisbildung auf den Rotorblättern kommen. Dies sei in Deutschland relativ selten. Außer bei sehr kalten Temperaturen bildeten sich nennenswerte Mengen Eis nur bei Stillstand der Anlage, da sich bildendes Eis bei drehenden Flügeln sofort wieder abgeworfen werde. Außerdem werde die Unwucht bei Eisbesatz von Sensoren erkannt und die Anlage abgeschaltet, heißt es von der Initiative „Energiewende“.

Vogelschlag: Laut Vattenfall konnten Forschende mithilfe von Radar und Kameras das Verhalten der Vögel in der Bucht von Aberdeen in der Nordsee an der Ostküste Schottlands über einen Zeitraum von zwei Jahren überwachen. Im Offshore-Windpark Aberdeen wurden die Bewegungen von Silbermöwen, Tölpeln, Dreizehenmöwen und Mantelmöwen in der Zeit ihrer größten Aktivität von April bis Oktober eingehend untersucht. Die Ergebnisse zeigten, dass sich die Bewegungsmuster der Vögel in der Nähe der Rotorblätter ab einer Entfernung von ca. 120 m anpassen und schließlich ausweichen.

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