Schulsozialarbeit

Mit welchen Problemen Schulsozialarbeiterin Julia Brauner in Niederstotzingen zu tun hat

Seit September ist Julia Brauner an der Grundschule Niederstotzingen tätig – erste Einblicke über ihre Schulsozialarbeit gab sie jetzt dem Gemeinderat.

Um ein Kind großzuziehen, braucht es ein ganzes Dorf, sagt ein nigerianisches Sprichwort und meint damit eine ganze Gemeinschaft zusätzlich zur Familie. Weil aber sowohl Familien als auch die Gemeinschaft ganz andere Formen angenommen haben als früher üblich, sind neue Wege einzuschlagen. So hat auch die Stadt Niederstotzingen eine Stelle für Schulsozialarbeit geschaffen. Seit September vorigen Jahres ist Julia Brauner in diesem Amt an der Grundschule tätig. In der jüngsten Sitzung des Gemeinderats gab sie Einblicke in ihre Arbeit.

Ob es Herzausschütten ist oder Schulstress, psychische Probleme oder Angst vor Gewalt – vielfältig sind die Themen, die an Julia Brauner herangetragen werden. Dabei sind es neben den Schülerinnen und Schülern auch Lehrer, Schulleiter und Eltern, die auf sie zukommen, so Brauners Antwort auf die entsprechende Frage von Manuela Kammerer (BWI). Brauner unterstrich, dass sie in jedem Fall neutral bleibe, auch wenn die Erwartungshaltungen oft andere sind: „Die Lehrer gehen häufig davon aus, dass ich mich hinter sie stelle, und Schüler gehen manchmal davon aus, dass ich ihre Meinung immer teile.“ Ihre Beraterfunktion erfordere allerdings distanzierte Beurteilung, insbesondere dann, wenn über die Beratung hinaus Hilfestellung gegeben werden müsse. Hierzu sei sie gerade dabei, ein Netzwerk aufzubauen, zu dem neben Lehrern, Schulleitern und Eltern auch Therapeuten und das Freizeitzentrum „K.I.S. – Kids in Stotzingen“ gehört.

Die Selbstverantwortung der Schüler in Niederstotzingen stärken

Die Klassenräte, die Brauner eingerichtet hat, sollen den Schülern demokratisches Handeln vermitteln, aber auch die Fähigkeit zur Selbstverantwortung stärken. Wert gelegt wird auf Ich-Botschaften und es wird Kommunikation trainiert. Zudem wird die Klassengemeinschaft gestärkt. Ein Klassenrat tagt einmal pro Woche für etwa 30 bis 45 Minuten, wobei die Themen von den Schülern selbst gewählt werden. In den höheren Klassen der Grundschule übernehmen die Schülerinnen und Schüler die Moderation und Protokollführung sogar selbst, während Brauner als Beraterin zugegen ist. Problemlösungen werden dort im Gespräch erarbeitet, und im besten Falle finden die Schülerinnen und Schüler selbst einen Lösungsweg. Manchmal braucht es aber auch Brauners Impulse: „Manche Kinder kommen nicht darauf, dass man sich entschuldigen könnte.“

Überhaupt hat sie festgestellt, dass eine sehr niederschwellige Herangehensweise erforderlich ist: „Manchmal wissen die Kinder nicht, dass und wie man Menschen begrüßt, und ‚bitte‘ und ‚danke‘ sind auch unbekannt“, so Brauners Erfahrungen. Stadtrat Berthold Wetzler (CDU) befand denn auch die Schulsozialarbeit als „eine gute Investition“, sorge die Schulsozialarbeit doch dafür, dass Lehrer sich auf ihren Bildungsauftrag konzentrieren können, ohne Erziehungsarbeit leisten zu müssen. Dies bekräftigte auch Schulleiterin Ingrid Nachtigal, die von einer erheblichen Unterstützung sprach.

Vertrauen als Basis der Schulsozialarbeit in Niederstotzingen

Theodor Feil (SPD) wollte noch wissen, ob Niederstotzingen im Vergleich zu anderen Schulen aus dem Rahmen falle. „Normale Zustände“ bescheinigte Brauner hierauf; es gebe Schulen, bei denen das Jugendamt einmal pro Woche auftauche. In Niederstotzingen habe das Jugendamt bislang nur in einem Fall hinzugezogen werden müssen.

Als Ausblick benannte Julia Brauner ihre weiteren Ziele mit Sozialraumgestaltung, Einrichtung eines Elternabends, bei dem Eltern mit ihren Wunschthemen auf sie zukommen können, und Aufklärungsarbeit zu oft genannten Problempunkten wie Mediennutzung oder ADHS. Außerdem wolle sie ihr Netzwerk ausbauen, wobei sie an Kindergärten und die Jugendgruppen von Vereinen herantreten wolle. Weiterhin setze sie darauf, das gewonnene Vertrauen der Schülerinnen und Schüler, aber auch der Eltern weiter zu steigern: „Nur wer Vertrauen hat, ist kooperativ.“ Erfahrungsgemäß dauere es etwa drei bis vier Jahre für eine solide Vertrauensbasis. Und Bürgermeister Marcus Bremer ergänzte: „Die Akteure auf örtlicher Ebene müssen in allen Bereichen zusammenarbeiten.“ Die ganze Gemeinschaft eben ist gefordert.

Die Stelle der Schulsozialarbeiterin

Am 1. September 2023 hat Julia Brauner ihre Tätigkeit als Schulsozialarbeiterin begonnen. Ihre Stelle hat einen Umfang von 50 Prozent. Die Vermittlung kam über die Eva Heidenheim gGmbH zustande.