Kriegsfolgen

Baerbock kündigt «Wiederaufbau-Offensive» für Ukraine an

Die westlichen Verbündeten stehen langfristig an der Seite der Ukraine. Das ist eine der Botschaften der Wiederaufbau-Konferenz in London diese Woche. Doch Kiew soll auch in die Pflicht genommen werden.

Baerbock kündigt «Wiederaufbau-Offensive» für Ukraine an

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock will dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine eine «Wiederaufbau-Offensive» entgegensetzen. Das sagte die Grünen-Politikerin kurz vor dem heutigen Start der Wiederaufbaukonferenz Ukraine Recovery Conference in London laut einer Mitteilung des Auswärtigen Amts.

Der Wiederaufbau des Landes sei eine «kolossale Aufgabe», sagte Baerbock und fügte hinzu: «Allein im Jahr 2022 hat die Ukraine 29 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts verloren, die Inflation lag bei bis zu 27 Prozent.» Zudem rechne die Weltbank damit, dass der Wiederaufbau in den kommenden zehn Jahren mehr als 400 Milliarden US-Dollar (etwa 366 Milliarden Euro) kosten werde.

«Teil des europäischen Friedens- und Wohlstandsprojekts»

Deutschland stelle «massive neue humanitäre Hilfen bereit, um den am schlimmsten von Zerstörung, Überflutung und Vertreibung betroffenen Familien beizustehen», sagte Baerbock. Mittelfristig gehe es darum, die Finanzierung des Wiederaufbaus zu unterstützen. Auf lange Sicht werde durch den EU-Beitrittsprozess die Grundlage für eine zukunftsfähige und florierende ukrainische Wirtschaft geschaffen.

«Deutschlands Unterstützung ist felsenfest, heute, morgen und übermorgen. Denn für dauerhaften Frieden reicht es nicht, dass die Ukraine den Krieg gewinnt – wir wollen, dass sie zu einem Teil des europäischen Friedens- und Wohlstandsprojekts wird», sagte die Ministerin. Um den Wiederaufbau zu bewältigen, brauche es aber vor allem auch private Investitionen. Viele deutsche Firmen seien trotz des Krieges weiterhin in der Ukraine tätig. Das unterstütze Berlin beispielsweise durch nationale Investitionsgarantien.

Zusätzliche 381 Millionen Euro für Ukraine

Deutschland will der Ukraine im laufenden Jahr zusätzliche humanitäre Unterstützung in Höhe von 381 Millionen Euro zukommen lassen. Das Geld sei beispielsweise für Generatoren, Lebensmittel und Zelte bestimmt, sagte Baerbock. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs belaufe sich die deutsche Hilfe für Kiew damit auf 16,8 Milliarden Euro.

Langfristig sei Geld aber nicht genug, fügte die Außenministerin hinzu. «Wir helfen der Ukraine, in erneuerbare Energien und Energieeffizienz zu investieren», sagte sie. Damit könne der Wiederaufbau der Ukraine auf eine grüne und damit dauerhafte und nachhaltige Weise gestaltet werden.

Kriegsrisikoversicherung geplant

Großbritannien, das gemeinsam mit der Ukraine in diesem Jahr Gastgeber der Konferenz ist, setzt neben direkter Hilfe stark auf die Förderung privater Investitionen in dem Land. Wie die britische Regierung mitteilte, signalisierten bereits Hunderte internationale Unternehmen, sich am Wiederaufbau der Ukraine beteiligen zu wollen. Um den Firmen mehr Sicherheit zu bieten, solle bei der Konferenz der Rahmen für eine von den G7-Staaten gedeckten Kriegsrisikoversicherung geschaffen werden, kündigte Sunak an.

Kiew soll aber auch in die Pflicht genommen werden, das Problem der Korruption besser in den Griff zu bekommen und Hilfsgelder effektiv und zielgerichtet zu verwenden. US-Außenminister Antony Blinken mahnte Kiew am Vortag der Konferenz bei einem Treffen mit seinem britischen Kollegen James Cleverly dazu, die demokratischen Institutionen zu stärken. Er sagte dafür auch die Unterstützung der USA und weiterer Verbündeter zu.

Zum Auftakt der Konferenz wird heute eine per Video übertragene Rede des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj erwartet. Auch Baerbock und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sowie weitere Politiker sollen bei der Konferenz sprechen. Im kommenden Jahr will Deutschland die Ukraine Recovery Conference ausrichten.