Tarifverhandlungen

Bahn und EVG verhandeln weiter - Abschluss erscheint möglich

Nach dem Verhandlungsmarathon vergangene Woche beriet sich die EVG zunächst intern. Nun geht die Suche nach einer Tariflösung für gut 180.000 Beschäftigte bei der Bahn weiter - an einem kuriosen Ort.

Bahn und EVG verhandeln weiter - Abschluss erscheint möglich

Ist das das Ende aller Warnstreik-Sorgen im Schienenverkehr für die nächsten Monate? Die Deutsche Bahn und die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG setzen heute ihre Tarifverhandlungen in Berlin fort – und nach dem Verhandlungsmarathon in der Vorwoche scheint ein Abschluss näher denn je.

Gestern verkündete die Gewerkschaft bereits eine Einigung mit der Transdev-Gruppe, dem wohl wichtigsten Bahnunternehmen in Deutschland nach der bundeseigenen DB. 3500 Beschäftigte bekommen dort künftig in zwei Schritten insgesamt 420 Euro mehr pro Monat, der Tarifvertrag hat eine Laufzeit von 21 Monaten. Der Deal könnte nun zur Blaupause für die Gespräche mit der DB werden.

In der vergangenen Woche hatten die Vertreter der DB und der EVG fünf Tage in Folge in Berlin verhandelt. Am späten Freitagabend wurden die Gespräche dann vertagt. Die Gewerkschaft wollte zunächst ihre Entscheidungsgremien, sprich die Tarifkommission und den Bundesvorstand, über den genauen Verhandlungsstand informieren, bevor die nächste, womöglich abschließende Phase eingeleitet wird.

Von Einigung bis Arbeitskampf: Viele Szenarien möglich

Da sich beide Seiten über den Verhandlungsstand und mögliche Zwischenergebnisse äußerst bedeckt halten, ist auch das komplette Gegenteil einer Einigung noch denkbar – also eine Eskalation, Warnstreik, womöglich sogar eine Urabstimmung mit dann unbefristetem Streik. Zuletzt wurde vor allem über die Höhe des Einkommensplus und die Laufzeit des Tarifvertrags diskutiert – nicht auszuschließen, dass die Gewerkschaft für mehr Geld und weniger Laufzeit per Arbeitskampf den Druck auf die DB noch mal erhöhen will.

Das alles ist Spekulation – konkrete Antworten könnten heute oder morgen folgen. Wann die Verhandlungen beginnen, ließ die Bahn in ihrer Ankündigung gestern Nachmittag noch offen. Es war lediglich vom «frühen Nachmittag» die Rede. Das Ende ist völlig offen. Kurios ist der Treffpunkt: Die kurzfristige Suche nach einem Verhandlungsort war offenbar so kompliziert, dass nun bei der IG Metall in Berlin-Kreuzberg getagt wird.

Transdev schlägt bei 420 Euro mehr ein

Die EVG ist Ende Februar mit der Forderung nach 650 Euro mehr pro Monat für gut 180.000 Beschäftigte bei der DB in die Verhandlungen gezogen. Für die oberen Einkommensgruppen sollten es mindestens zwölf Prozent mehr sein. Die Laufzeit soll nach ihren Vorstellungen zwölf Monate betragen.

Die Bahn hatte Ende Mai bei einer Laufzeit von 24 Monaten zwölf Prozent mehr in mehreren Stufen bei den unteren Lohngruppen in Aussicht gestellt. Insgesamt zehn Prozent mehr sollen die mittleren Gruppen bekommen und acht Prozent die oberen. Die erste Erhöhungsstufe soll noch dieses Jahr anstehen. Hinzu käme eine Inflationsausgleichsprämie in mehreren Zahlungen von insgesamt 2850 Euro, die steuer- und abgabenfrei ausfallen würde.

Der gestern verkündete Tarifabschluss bei Transdev bezieht sich unter anderem auf Unternehmen wie die Bayerische Regiobahn, die Nordwestbahn oder Transdev Hannover. Die Entgelterhöhung von 420 Euro soll nach EVG-Angaben in zwei Schritten erfolgen: 290 Euro ab 1. November 2023 und weitere 130 Euro ab 1. August 2024 (für Nachwuchskräfte 150 und 70 Euro). Hinzu kommt der Gewerkschaft zufolge eine Inflationsausgleichsprämie von 1400 Euro.

Abschluss bei privaten Bahnen als Maßstab für die DB?

Der Abschluss kam durchaus überraschend. Viele in der Branche waren zuletzt davon ausgegangen, dass die privaten Bahnen auf den Abschluss beim Marktführer, also der DB warten werden, um sich daran orientieren zu können. Nun könnte es genau andersrum kommen.

EVG-Tarifvorständin Cosima Ingenschay sagte, dass der Transdev-Abschluss Maßstäbe setze. Zahlreiche weitere Unternehmen hätten inzwischen angeboten, ebenfalls Tarifverträge mit einem Plus von 420 Euro bei 21 Monaten Laufzeit zu unterzeichnen oder auf dieser Basis weiterzuverhandeln. «Hier macht die Branche deutlich, was nötig ist, um die Leistungen der Beschäftigten auch finanziell zu honorieren», sagte Ingenschay.