Regierung

Johnsons «Partygate»-Lügen setzen Premier Sunak unter Druck

Mit überwältigender Mehrheit hat das britische Unterhaus einen vernichtenden Bericht über die Lügen von Boris Johnson im «Partygate»-Skandal angenommen. Verloren hat aber auch der amtierende Regierungschef.

Johnsons «Partygate»-Lügen setzen Premier Sunak unter Druck

Der britische Premierminister Rishi Sunak wird seinen konservativen Intimfeind Boris Johnson einfach nicht los. Egal, welche Themen sich Sunak vornimmt und über was er sprechen möchte – die Rede kommt immer wieder auf den skandalumwitterten Ex-Regierungschef. Die Zeitung «Guardian» kommentierte: «Johnsons Vermächtnis verfolgt Sunak.» Der Amtsinhaber brachte es nicht über die Lippen, seinen einstigen Chef öffentlich zu kritisieren. Das könnte ihn nun selbst beschädigen.

Aber der Reihe nach. Ausgerechnet an Johnsons 59. Geburtstag debattierte das Unterhaus in London über den vernichtenden Bericht eines Ausschusses zur «Partygate»-Affäre. Dessen Schlussfolgerung: Der damalige Premier Johnson hat das Unterhaus in dem Skandal um Lockdown-Feiern in der Downing Street wiederholt belogen. Als Antwort beschimpfte Johnson lautstark die Mitglieder des Ausschusses, darunter mehrere konservative Abgeordnete. Doch dabei folgten ihm weniger als zwei Handvoll seiner Vertrauten: Lediglich sieben Abgeordnete stimmten im Unterhaus gegen die Annahme des Berichts und gegen den Entzug von Johnsons Parlamentspass.

Auch Johnsons Geburtstag vor drei Jahren hatte sich als schicksalhaft herausgestellt. Weil er sich trotz Corona-Kontaktbeschränkungen mit Kuchen feiern ließ, erhielt er von der Polizei später eine Geldstrafe – als erster amtierender Premier der britischen Geschichte. Wie sich herausstellte, war das kein Einzelfall: In den Regierungsgebäuden wurde gezecht und gefeiert, während das Land im Lockdown verharrte.

Doch als Bilder und Augenzeugenberichte an die Öffentlichkeit kamen, stritt Johnson alles ab. Alle Regeln seien befolgt worden, behauptete er im Parlament. Als das nicht mehr zu halten war, gab er an, nichts von den Feiern mitbekommen zu haben. Als klar wurde, dass er selbst mitgefeiert hatte, vertrat er den Standpunkt, nicht gemerkt zu haben, dass es sich um illegale Feiern handelte. Der Ausschuss nahm ihm nichts davon ab.

Nur wenige Vertraute verteidigten Johnson

Bei der Debatte ging es nun darum, ob sich das Parlament das Untersuchungsergebnis zu eigen macht und Sanktionen gegen Johnson verhängt. Einer vom Ausschuss empfohlenen Suspendierung von 90 Tagen kam Johnson zuvor, indem er sein Mandat niederlegte. Die Strafe fiel deutlich höher aus, weil Johnson den Ausschuss zuvor als «kangaroo court» (Willkürgericht) geschmäht hatte. Er fühlt sich als Opfer einer politisch motivierten Hexenjagd von Brexit-Gegnern und persönlichen Feinden.

Doch schließlich verteidigten nur wenige Johnson-Vertraute den Ex-Premier. Johnson hatte seine Leute zurückgepfiffen – auch, weil sich eine deutliche Mehrheit gegen ihn abzeichnete, denn eine Fraktionspflicht gab es diesmal nicht. Viele Tory-Abgeordnete, darunter Johnsons Nachfolgerin Liz Truss, kreuzten gar nicht erst im House of Commons auf. Andere warben offen um Zustimmung. Von einem «kleinen, aber wichtigen Schritt, das Vertrauen der Menschen in die Abgeordneten wiederherzustellen» sprach Johnsons Vorgängerin Theresa May.

Opposition wirft Sunak Führungsschwäche vor

Sunak selbst verpasste die Debatte. Der Regierungschef empfing zur gleichen Zeit den schwedischen Ministerpräsidenten Ulf Kristersson. Wie er im Falle eines Votums abstimmen würde, ließ Sunak auch auf mehrfache Nachfragen offen. «Es ist wichtig, dass sich die Regierung nicht einmischt, denn es ist eine Sache des Parlaments und der Abgeordneten als Einzelpersonen, nicht als Mitglieder der Regierung», sagte der Premier in einem ITV-Interview.

So saß die für Parlamentsfragen zuständige Ministerin Penny Mordaunt fast alleine auf der Regierungsbank. Beobachter sprachen von einem peinlichen Eindruck für Sunak, der zu seinem Amtsantritt mehr Integrität versprochen hatte. Die Opposition warf dem Premier umgehend Führungsschwäche vor.

Dabei ist Sunaks Vorsicht durchaus angebracht. Zwar hat Johnson kaum noch Verbündete in der Tory-Fraktion, und auch die Briten insgesamt wollen einer Yougov-Umfrage zufolge vom Ex-Premier nicht mehr viel wissen. Doch dieselbe Umfrage ergab auch, dass Johnson bei konservativen Wählern noch immer beliebter ist als Sunak, den viele an der Parteibasis für das Aus des Populisten verantwortlich machen. «Wie hältst du es mit Boris?» dürfte mit Blick auf die für 2024 geplante Parlamentswahl für viele Tory-Kandidaten zur Gretchenfrage werden. Der geschmähte Ex-Premier hat wiederholt deutlich gemacht, dass er seine politische Karriere noch nicht für beendet hält.