Mann in rechtem Szene-Look verteilt Ballons an Kita
Ein Mann verteilt über einen Zaun blaue Luftballons an Kita-Kinder in der thüringischen Gemeinde Föritztal. Was die Kinder und auch die Erzieherinnen nicht sehen: Auf der Rückseite des T-Shirts des Mannes steht «Wehrmacht wieder mit» und auf der Heckscheibe des Autos, aus dem der Mann die Ballons holt, ist «Ehrenamtlicher Abschiebehelfer» zu lesen. Dazu trägt der Mann eine Hose in den Reichsfarben Schwarz-Weiß-Rot.
Das Video wurde am Dienstag vielfach in Online-Medien geteilt und kommentiert. Nach Angaben der Thüringer Landtagsabgeordneten Katharina König-Preuss (Linke) stammt das Video vom Montag. Die Gemeinde, die Trägerin der Kita ist, betonte, der Mann sei Vater eines der Kita-Kinder. Er sei täglich dort und bekannt und habe vorher gefragt, ob er die Ballons verteilen dürfe.
Die Ballons, die der Mann im Video austeilt, sind zwar nicht bedruckt. Im Kofferraum aber bleiben einige Ballons zurück, deren Logo dem der AfD zumindest ähnelt. Blau ist auch Parteifarbe der AfD.
Einen Tag zuvor hatte die AfD in Sonneberg zehn Jahre nach ihrer Gründung erstmals in Deutschland ein kommunales Spitzenamt erobert. Der AfD-Kandidat Robert Sesselmann gewann die Landratswahl mit 52,8 Prozent gegen seinen CDU-Konkurrenten Jürgen Köpper, der auf 47,2 Prozent kam. In Thüringen wird die vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuft.
Polizei: Kein Verdacht auf Straftat
Der Bürgermeister von Föritztal, Andreas Meusel, bezeichnete den Vorfall als «Übergriff» und verurteilte ihn. «Insbesondere nehme ich Abstand davon, dass durch das absichtliche Herbeiführen und heimliche Filmen dieser Situation die Mitarbeiterinnen des Kindergartens und der Kindergarten in eine bestimmte Ecke gedrängt beziehungsweise geschoben werden», teilte er mit.
Thüringens Bildungsminister Helmut Holter (Linke) schrieb bei Twitter: «Dass ein Neonazi offenbar ungefragt auf unsere Kleinsten zielt und Kindergartenkinder ins Visier nimmt, ist ein schwerer Übergriff.»
Nach Hinweisen hatte sich am Dienstag auch die Polizei eingeschaltet. «Derzeit besteht kein Verdacht auf eine Straftat, jedoch könnten mehrere Ordnungswidrigkeiten vorliegen», sagte ein Polizist der Polizeiinspektion Sonneberg. Der Aufdruck des T-Shirts - auch in Kombination mit der Farbe der Hose - habe keine strafrechtliche Relevanz, hieß es bei der Polizei. Das sei bereits geprüft worden. Solche Shirts seien frei verkäuflich. Im Falle des Aufdrucks auf dem Auto sei es zudem nicht das erste Mal, dass es Hinweise darauf gebe.
Mann aus Video bei Sesselmanns Wahlparty
Der Mann ist in dem 8500 Einwohner zählenden Föritztal demnach kein Unbekannter, und auch bei der AfD vor Ort nicht. «Der Mann ist kein AfD-Mitglied», sagte der AfD-Landessprecher Stefan Möller und verwies auf Angaben aus dem Ortsverband. Allerdings sei der Mann schon früher «auffällig» gewesen und werde vom Ortsverband als «problematisch» beschrieben. So sei er in der Vergangenheit auch bei Ständen der AfD sowie bei der Wahlparty Sesselmanns am Sonntag gewesen. Allerdings habe er bei der Party keine Kleidung wie in dem Video getragen. Dort habe er sich an Sesselmann und den AfD-Landeschef Björn Höcke «rangemacht». Der Mann ist Möller zufolge aber weder Sesselmann noch Höcke persönlich bekannt.
Von den 7230 Wahlberechtigten in Föritztal hatten sich 65,6 Prozent an der Stichwahl am Sonntag beteiligt, wie aus Angaben des Büros des Landeswahlleiters hervorgeht. Auch dort lag Sesselmann vorne, allerdings sehr knapp, mit nur rund 20 Stimmen.