Cha-Cha-Cha ist sein Lieblingstanz. Und dass er überhaupt Tanzsport als Hobby pflegt, wussten bis vor kurzem nur wenige: Dirk Schabel ist eigentlich als Dischinger Bürgermeister bekannt, nicht als Tänzer. Doch viereinhalb Minuten Samba, Rumba, Cha-Cha-Cha und Jive bei der Sportgala des SV Dischingen haben das geändert. Zusammen mit seiner Tanzpartnerin Mirjam Schrepler schwang er beim Überraschungsauftritt als „Tanzpaar Inkognito“ im Sommer in der Egauhalle die Hüften zu lateinamerikanischen Rhythmen. Mit dieser ersten und bislang einzigen öffentlichen Darbietung offenbarte der Schultes seine Leidenschaft fürs Tanzen. „Es ist ein starker Ausgleich zur Arbeit im Rathaus. Ein befreiendes Gefühl“, schildert der 50-Jährige.
Jede Woche – sofern es sein Terminkalender zulässt – trainieren das Dischinger Gemeindeoberhaupt und seine Partnerin bei der Tanzsportabteilung des SV Mergelstetten. Der Schwerpunkt liegt hier auf Standard und Latein. Zu dem für einen Bürgermeister nicht direkt alltäglichen Hobby ist Schabel aber von einer ganz anderen Tanzform her gekommen.
Beim Hochschulsport in Tübingen fand der Dischinger Dirk Schabel zum Tanzsport
Als er 2001 am Tübinger Klinikum arbeitete, lernte er über den Hochschulsport den argentinischen Tango kennen – und war fasziniert, obwohl er zuvor nur einen üblichen Tanzkurs über die Schule besucht hatte. „Ich war nie Fußballspieler oder Leichtathlet“, erzählt er. Das Tangotanzen dagegen lag ihm und er blieb dem über die Jahre und auch bei seinen beruflichen Stationen in Augsburg und München treu: „In beiden Städten gab es eine große Szene für argentinischen Tango“, erinnert Schabel sich.
2017 kehrte der Dischinger in seine Heimat zurück. In der Gemeindeverwaltung übernahm der studierte Diplom-Verwaltungswirt (FH) unter anderem die Leitung der Finanzverwaltung – und brachte seine Tanzleidenschaft mit aufs Härtsfeld. Eine Tango-Szene gab es allerdings weder in Heidenheim noch in Aalen, sondern erst in Ulm wieder. Doch das war für ihn angesichts von Beruf und Entfernung keine Option: „Ich wollte dem Tanzsport weiterhin verbunden bleiben, aber nicht so weit fahren müssen.“
Tanztraining beim SV Mergelstetten
Bei seiner Suche nach einer neuen sportlichen Heimat landete Dirk Schabel schließlich bei der Tanzsportabteilung des SVM, der er nun seit sieben Jahren angehört. Eine Tanzpartnerin musste der ledige Hobbytänzer mangels einer freien Dame im Verein selbst finden und stieß so übers Internet auf Mirjam Schrepler. Und ein gemeinsames Probetraining zeigte, dass für das Tanzpaar alles passt: „Seither tanzen wir zusammen.“
Aber was ist es, das den Dischinger Schultes hobbymäßig aus der Reihe tanzen lässt? „Es ist die Kombination aus Sport und Bewegung zur Musik“, erläutert der 50-Jährige seine Faszination. „Es hat viele Facetten und auch viel mit Konzentration und Koordination und dem Zusammenspiel dieser Dinge zu tun.“ Schabel betont: „Das, was ich mache, ist Breitensport. Es war nie beabsichtigt, öffentlich aufzutreten.“
Und doch ist es Mitte Juni bei der Sportgala in der Egauhalle genau dazu gekommen. Die wenigen in Schabels Hobby Eingeweihten fragten im Februar bei ihm an, ob er sich einen Tanzauftritt bei der geplanten Veranstaltung vorstellen könnte. Eine gewisse Zurückhaltung von seiner Seite sei zunächst dagewesen: „Ich habe gesagt, dass ich das zuerst mit meiner Tanzpartnerin besprechen muss.“ Außerdem sei es fraglich gewesen, ob das angesichts großer anstehender Termine wie des Heimattage-Wochenendes und der Kommunalwahl zeitlich überhaupt möglich wäre.
Schabels Tanzpartnerin Mirjam Schrepler kümmerte sich um Choreografie und Musikauswahl
Tanzpartnerin Mirjam Schrepler, die früher auch schon Tanzgruppen trainiert hatte und mit Showgruppen aufgetreten war, sagte gleich zu. Und dem schloss sich Dirk Schabel dann an, bat aber aufgrund der zeitlichen Unsicherheit darum, dass alles erstmal vertraulich bleibt. Schließlich gehören ja die Entwicklung einer eigenen Choreografie und entsprechende Proben dazu. Um all das und ebenso um die Musikauswahl und den Musikschnitt kümmerte sich die Tanzpartnerin des Bürgermeisters: „Ich habe ihr da komplett freie Hand gelassen.“
Im April sei es dann mit den Proben losgegangen, so Schabel. „Es war die Frage: Wo trainieren wir, sodass es möglichst wenige mitbekommen?“ Pfarrer Dr. Dietmar Horst stellte dem Tanzpaar das Gemeindehaus zur Verfügung: „Das war eine Erleichterung und ich bin dem Pfarrer dafür sehr dankbar“, sagt der Hobbytänzer. Der Saal verfügt über Parkett – den gewohnten Tanzboden des Paars – und das Gemeindehaus liegt schräg gegenüber vom Dischinger Rathaus: lauter Vorteile. Sieben Trainingseinheiten von je zweieinhalb Stunden und eine Art Generalprobe folgten.
Das Publikum in der Egauhalle forderte eine Zugabe
Und wie lief der bisher einzige öffentliche Auftritt des Duos dann? „Es ist gelungen, es bis zuletzt geheim zu halten“, erzählt Schabel. Und nach einer Idee seiner Partnerin wurden sie als „Tanzpaar Inkognito“ bei der Gala angekündigt – wie gesagt, mit viereinhalb Minuten Samba, Rumba, Cha-Cha-Cha und Jive. „Ich war sehr nervös. Die Anspannung war maximal.“ Beim Auftritt selbst sei die Anspannung aber rasch dem Spaß und der Freude am Tanzen gewichen. Wie das Publikum in der Egauhalle auf die Darbietung reagierte, habe er zunächst gar nicht richtig mitbekommen. „Aber es gab viel Applaus und wir wurden am Ende zu einer Zugabe aufgefordert.“
„Wir waren beide sehr zufrieden mit unserem Auftritt“, bilanziert Dirk Schabel jetzt, ein paar Monate später. Bislang sei aber keine weitere Vorführung in der Öffentlichkeit geplant – auch nicht beim Eröffnungsball des Faschingsvereins im Januar, wo man sich das gut vorstellen könnte. Der tanzsportbegeisterte Dischinger Bürgermeister wird seinem besonderen Hobby also wohl vorerst weiterhin eher im Verborgenen frönen.