Flexibles Buchungsmodell und warme Mittagessen

Gerstetten streicht Extra-Angebote in der Kinderbetreuung

In den Kindergärten auf dem Gebiet der Gemeinde Gerstetten gibt es Auswahlmöglichkeiten für Eltern, die über das reine Pflichtangebot hinausgehen. 2025 sollen die Angebote wieder zurückgenommen werden.

Flexibel zwischen der normalen Betreuung, verlängerten Öffnungszeiten und Ganztagsbetreuung wechseln zu können – für berufstätige Eltern mit Kindern im Kindergartenalter mag das wie ein schöner Traum klingen. In den Kindergärten auf dem Gebiet der Gemeinde Gerstetten ist es Realität. Noch, denn die Option der flexiblen Buchung soll wieder abgeschafft werden.

Dafür gibt es zwei Gründe, die Sachbearbeiterin Claudia Matzkovits in der vergangenen Sitzung des Gemeinderats darlegte: Zum einen fehlten den Kindern durch die teils täglich wechselnden Anwesenheitszeiten Kontinuität und Sicherheit. Zum anderen seien die Fachkräfte in den Einrichtungen durch das ständige Bereithalten aller Angebote stark gefordert und belastet.

„Wir sehen, dass wir Eltern etwas wegnehmen, aber wir sehen auch unsere Verantwortung gegenüber dem Kindeswohl und den Mitarbeitern“, so Matzkovits. Gute Bedingungen für das Personal in den Einrichtungen seien auch deshalb wichtig, weil der Stellenmarkt leergefegt sei und man nur schwer an neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter komme.

Das ändert sich für Eltern von Kindergartenkindern in Gerstetten

Doch was ändert sich im Detail? Die Eltern, die aktuell das kombinierte Angebot in Anspruch nehmen, sollen es in dieser Form behalten dürfen. Sobald eine Änderung gewünscht ist, muss aber eine der Betreuungsformen ausgewählt werden. Es soll Ausnahmen von dieser Regelung geben, wenn sich die Lebenssituation in der Familie stark verändert, also zum Beispiel, wenn ein Elternteil seine oder ihre Arbeitsstelle verliert. „Dann kommen wir den Leuten entgegen und suchen gemeinsam nach Lösungen“, sagte Matzkovits.

Zudem sollen alle Eltern die Möglichkeit bekommen, über einen Änderungsvertrag die Betreuungsform halbjährlich – zum 1. September und 1. März – zu ändern. Plätze in der Ganztagsbetreuung sollen nur noch nach tatsächlichem Bedarf und Vorlage einer Arbeitgeberbescheinigung vergeben werden.

Für den Vorschlag der Verwaltung gab es im Gemeinderat nicht nur Zustimmung. Thomas Häcker (FWV) gab zu bedenken, dass man das Personal in den Kindergärten auch entlasten könne, indem man mehr Menschen einstelle. „Überall gibt es Fachkräftemangel, aber manche bekommen es noch hin, Personal zu finden“, sagte Häcker. Vielleicht müsse man bei der Mitarbeitergewinnung einfach noch besser werden.

Arbeitswelt erfordert Flexibilität

Georg Jäger (KGW-SPD) fügte hinzu, dass in der modernen Arbeitswelt meist beide Elternteile berufstätig seien und die Arbeitgeber von diesen auch Flexibilität bei den Arbeitszeiten verlangen würden. Der Gemeinderat müsse sich fragen, warum die Eltern so unterschiedliche Betreuungsformen brauchen, bevor man das Angebot abschaffe.

Polaschek selbst stellte den Schutz des Kindergartenpersonals als wichtigstes Ziel in den Vordergrund. Auch wollte er den Aufgabenbereich der Gemeinde nicht so weit sehen, wie das manche Mitglieder des Gemeinderats taten: „Wir können nicht nach jeder Mutter schauen, die ihr Arbeitszeitmodell ändert.“

Letztlich wurde der Vorschlag der Gemeindeverwaltung bei drei Gegenstimmen angenommen. Eine sehr ähnliche Diskussion entbrannte dann aber gleich beim darauffolgenden Tagesordnungspunkt, bei dem es um die Einstellung des Angebotes der Zubuchung eines Mittagessen für Kinder in der Betreuungsform „verlängerte Öffnungszeit“ ging. Davon betroffen sind der Kindergarten im Haus Pfiffikus in Gerstetten sowie der Kindergarten Heldenfingen.

Essensbereich im Kinderhaus Pfiffikus ist nicht groß genug

Matzkovits erläutere, dass der Essensbereich im Kindergarten im Haus Pfiffikus ursprünglich für 30, maximal aber für 40 Kinder ausgelegt war, die dort ein warmes Mittagessen zu sich nehmen. Inzwischen würden dort täglich 40 bis 50 Kinder essen. Die Mensa und die Küche, wo das gelieferte Essen portioniert wird, kämen an ihre Grenzen, zudem könne kein weiteres Personal mehr für die Begleitung des Mittagessens abgestellt werden.

Um die Zahl der Kinder zu reduzieren, die ein warmes Mittagessen bekommen, soll dieses Angebot für Kinder in der Betreuungsform „verlängerte Öffnungszeit“, also für solche, die bis 13 Uhr im Kindergarten sind, ab dem 1. September 2025 gestrichen werden. Das ist möglich, weil laut Betriebserlaubnis nur für die Kinder ein warmes Mittagessen angeboten werden muss, die länger als sieben Stunden am Tag in der Kindertageseinrichtung betreut werden.

Auch die Einstellung dieses Angebots wollten nicht alle Mitglieder des Gemeinderats einfach so hinnehmen. Dr. Armin Kolb (KWG-SPD) gab zu bedenken, dass das Mittagessen in der Einrichtung aktuell ja noch funktionieren würde und die Anzahl der Kindergartenkinder in den kommenden Jahren wahrscheinlich abnehmen werde. Dem entgegnete Matzkovits, dass der Kindergarten im Haus Pfiffikus ihrer Einschätzung nach auch in den kommenden Jahren sehr gefragt sein werde.

Kolb argumentierte außerdem, dass das Angebot für Familien, in denen beide Eltern berufstätig sind, sehr wichtig sei. Eine ordentliche Mahlzeit habe zudem eine hohe Bedeutung für die Gesundheit der Kinder. Dazu kam für Kolb noch eine Sorge: „Die Erfahrung zeigt: Wenn ein Angebot einmal gestrichen ist, ist die Wiederaufnahme unmöglich.“

Sorge um die Auslastung der Erzieherinnen

Dagegen hielt Sebastian Jäger (Grüne und Unabhängige), der darauf hinwies, dass die Mitarbeitenden im Kindergarten „das ausbaden müssen“, was im Gemeinderat beschlossen werde. Mit der Einstellung des Angebots sehe er kein Problem, „wenn ich Kinder hab’, die das warme Essen brauchen, muss ich sie eben in die Ganztagsbetreuung stecken“.

Auch Peter Palzer (Grüne und Unabhängige) bat darum, den Sorgen der Mitarbeiterinnen Gehör zu schenken, die das Thema ja zuerst angesprochen hätten: „Ich denke nicht, dass die Erzieherinnen das vorbringen, weil sie keinen Bock auf die Arbeit haben.“ Joachim Günther pflichtete ihm bei und sprach sich dafür aus, ein möglichst angenehmes Arbeitsumfeld zu erhalten: „Wenn die Mitarbeiterinnen schlecht drauf sind, können sie keine gute Arbeit leisten.“

Die Diskussion wurde schließlich von Polaschek beendet, der zu bedenken gab, dass man immer noch einen neuen Beschluss fassen könne, falls sich die Situation ändere. Bei vier Gegenstimmen und einer Enthaltung wurde der Beschluss dann angenommen.

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