Eine neue Reha-Klinik mit bis zu 100 Plätzen, Flächen in guter Lage für die Kreisbau und ein Interimsdomizil für die Verwaltung während der Bauzeit in der Stadt: Die Pläne, die Oberbürgermeister Dieter Henle mit Partnern am Freitagvormittag präsentierte, sind vielschichtig. Am Ende sollen alle Akteure davon profitieren – das Wohnbauunternehmen, die Stadt Giengen, ein Investor und nicht zuletzt die Bürgerinnen und Bürger, die auf einen Reha-Platz hoffen. Möglich machen soll dies im Kern ein Tauschgeschäft, bei dem mehrere Komponenten eine Rolle spielen.
Komponente 1: das Gelände der Reha-Klinik in der Hirschstraße
Im Dezember 2023 fiel die Kreistagsentscheidung zur Schließung der Giengener Reha-Klinik, die Schließung erfolgte Ende März. Die Stadt Giengen habe sich, so Oberbürgermeister Dieter Henle, „zu jeder Zeit und auf allen Ebenen“ für die Zukunft der Reha-Versorgung vor Ort eingesetzt. „Um den Verlust dieses wichtigen Pfeilers der Gesundheitsversorgung auszugleichen, möchten wir eine neue örtliche Reha-Klinik initiieren. Wir sind überzeugt, dass ein qualitativ hochwertiges Reha-Angebot auf rentable Weise möglich ist“, so der Giengener Rathauschef am Freitagvormittag.
Um das zu erreichen, habe man das Thema Klinik breiter aufgestellt: Als die Kreistagsentscheidung zu befürchten war, habe die Stadtspitze intensive Verhandlungen initiiert, im Frühjahr 2024 sei die Initiative in ein Ergebnis gemündet, entsprechende Gremienbeschlüsse seien gefolgt.
Bei den Überlegungen sei klar geworden, dass der Betrieb einer Reha-Klinik am bisherigen Standort unter der Vorgabe eines Umbaus weniger wirtschaftlich sei als ein Neubau – der in zentraler Lage entstehen soll.
In der Sitzung des Gemeinderats am Donnerstagabend fiel der Beschluss, dass die Stadt das ehemalige Reha-Gebäude zum Preis von 2,5 Millionen Euro kauft. OB Henle stellte am Freitag klar, weil dies in „sozialen“ Medien so unterstellt wurde, dass dort keine Flüchtlingsunterkunft entstehen soll. Vielmehr könnte die Stadt das Gebäude während der Bauzeit des Dienstleistungszentrums im Zentrum für eine vorübergehende Unterbringung von Teilen der Verwaltung nutzen. Ergänzend entstünden zusätzliche Raumkapazitäten für städtische Einrichtungen (etwa die Musikschule oder Kursräume der VHS).
Kurzfristig soll durch Dritte bis Ende 2024/Anfang 2025 ein ambulantes geriatrisches Therapie-Angebot geschaffen werden. Im Anschluss könne die Stadt das Gebäude weiterverkaufen oder vermieten und hat so die Oberhand über die Nutzung.
Komponente 2: der Platz für die neue Reha im Ehbach
Eine entsprechende Suche der Stadt nach geeigneten Flächen für den Neubau einer Rehabilitationsklinik habe zunächst sieben Optionen aufgezeigt. Unter anderem sah man Möglichkeiten in der Memminger Wanne oder auf dem Bruckersberg. Im Hinblick auf Größe, Lage, Infrastruktur und Versorgung eigne sich die Option in der Ehbachstraße am besten. „Es muss aber auch für Mitarbeitende und Angehörige passen“, so Robert Kohler, Geschäftsführer der FWG Immo Neresheim, die als Investor tätig sein wird.
Die Fläche, ein Grünstreifen und eine Häuserzeile, die seit Monaten leer stand und der Feuerwehr zu Übungszwecken diente, ist allerdings im Eigentum der Kreisbau. Die tauscht das Areal gegen Flächen an anderen Stellen der Stadt und macht damit den Weg frei für den Neubau.
Geplant ist folgende Vorgehensweise: Die Stadt Giengen erwirbt an der Ehbachstraße zwei Teilflächen von 4025 und 3254 Quadratmetern. Die Straße soll auf diesem Abschnitt weichen und so ein mehr als 8000 Quadratmeter großes Areal für den Neubau entstehen. Der Abbruch der Bestandsgebäude soll noch durch die Kreisbau erfolgen.
Komponente 3: Der Investor und seine Pläne für die neue Reha im Ehbach
Als Investor konnte die FWG Immo GmbH aus Neresheim gewonnen werden. Unter anderem hat sie das DRK-Pflegezentrum in Giengen gebaut. Sie soll mit dem Planungsbüro Immotec aus Offenbach zusammenarbeiten.
Die FWG Immo GmbH soll von der Stadt Giengen das geräumte Areal in der Ehbachstraße erwerben. Sie plant dann auf dem Grundstück den Bau einer neuen Reha-Klinik mit 80 bis 100 Betten (inklusive Mitarbeiterwohnungen). Voraussetzung für den Bau ist, dass die FWG Immo GmbH einen Betreiber findet. „Wir halten es für wichtig, dass es eine Reha-Versorgung in der Region gibt. Wir haben ein Herz dafür. Natürlich wird das kein einfacher Weg, aber wir haben Erfahrung und Kontakte. Wir werden, nachdem die Situation mit dem Grundstück geklärt ist, uns intensiv auf die Suche nach einem Betreiber machen. Wir haben eine Liste, die wir nun angehen. Ich sehe das sehr positiv“, so Kohler.
Komponente 4: die Tauschflächen für die Kreisbau für den Bau von Wohnungen
Die Kreisbau will seit längerem Wohnbauprojekte in guter Lage realisieren. Geplant war, das Areal in der Ehbachstraße selbst zu nutzen. Für die Brachfläche besteht jedoch nur ein Ortsbauplan aus dem Jahr 1949, ein bedarfsgerechter Bebauungsplan wäre zu erstellen. Unter der Bedingung eines im Hinblick auf Größe, Lage und Verfügbarkeit gleichwertigen Angebots ist das Unternehmen daher bereit, das Grundstück für das Ansinnen der Stadt und deren Partner für den Neubau einer Reha-Klinik oder einer vergleichbaren Einrichtung zu veräußern. Ein solches bietet das Baugebiet „Bruckersberg-Ost“.
Wie Jürgen Schipek, Geschäftsführer der Kreisbau, am Freitag erklärte, finde er die Pläne für die neue Reha „großartig“. Diese Idee gelte es zu unterstützen.
Die Kreisbau behalte, so wurde am Freitag erklärt, 1000 Quadratmeter des Grundstücks an der Ehbachstraße. Sie erwirbt aber ein 8850 qm großes Areal im Baugebiet „Bruckersberg-Ost“ von der Stadt Giengen. Das ist etwa ein Drittel der Fläche im Baugebiet.
Die Kreisbau will mittelfristig die Bebauung des Grundstücks im „Bruckersberg-Ost“ prüfen. „Das wird nicht von heute auf morgen gehen. Man muss da eher in mehreren Jahren denken“, so Schipek.
Schneller gehen soll es an anderer Stelle: Die Kreisbau werde einen Baustart für etwa 34 Wohnungen in der Zeulenrodaer Straße in der Memminger Wanne vorbereiten. Das Baugesuch werde im Sommer eingereicht. Die vorbereitenden Arbeiten könnten noch Ende 2024 erfolgen. Wichtig ist Schipek, dass geförderter Wohnungsbau nicht gleichzusetzen sei mit dem sogenannten sozialen Wohnungsbau. Erreicht würde damit großteils die Mittelschicht.
Komponente 5: das Abfedern von Risiken im Großvorhaben
Die Stadt geht verbindlich vom Bau der Reha-Klinik aus. Sollte er wider Erwarten nicht zustande kommen, ist dort mit der Kreisbau mittelfristig der Bau von Wohnungen und einer Quote von 25 Prozent öffentlich geförderter Mietwohnungen vereinbart.