Wie hat sich Luther beim Reichstag in Worms gefühlt? „Ich hatte Schiss“ – das offenbart das Kindermusical „Der falsche Ritter“ von Andreas Hantke. Und das wurde am Samstag in der Dreieinigkeitskirche Giengen aufgeführt. Rund 25 Kinder im Alter zwischen sechs und zwölf Jahren führten das Leben und Wirken Martin Luthers von Wittenberg über Worms und Wartburg zurück nach Wittenberg sehr lebendig vor. Und das ist umso bemerkenswerter, da die Kinder zum Proben nur vier Tage Zeit hatten, nämlich in der Kindermusicalwoche, die Kantor Christoph Kuppler abermals in der Woche nach Ostern angeboten hatte. Und nicht nur von Giengener Kindern wurde das Angebot angenommen: „Etwa zwei Drittel der Kinder stammt aus Giengen“, so Christoph Kuppler, „der Rest kam aus dem Kreisgebiet. Und wir hatten sogar ein Kind, das hier in Giengen Urlaub bei Verwandten machte und ebenfalls am Projekt teilnahm“.
Dass das Spaß gemacht hat, das war den Kindern bei aller Aufregung an der Aufführung deutlich anzumerken: Sehr frisch, sehr lebendig spielten, tanzten und sangen sie und sie meisterten die rund eine Dreiviertelstunde dauernde Inszenierung mit Bravour. Die Lieder im Musical sind aber auch sehr abwechslungsreich und mitreißend und dabei von einer beachtlichen Bandbreite: Das geht von mittelalterlichen Klängen mit hübschen Tänzen dazu bis hin zu modernen Klängen mit Rap und Rock. Und mit „Voran die liebe Nachtigall“ war ein von Luther selbst verfasstes Lied vertreten. Dazu kommen sehr eingängige und zeitgemäße Texte, die es den Kindern erleichtern, die Geschichte zu verstehen. So darf Luther etwa über seine Bibelübersetzung prognostizieren: „Das wird der Hit“, womit er ja auch Recht behalten sollte, auch wenn er es sicher nicht in diese Worte gefasst hätte.
Bühnenbild und Kostüme gezaubert
Ganz frei und unbefangen setzten sie die Geschichte Luthers um, waren Ritter und Prinzessin um Junker Jörg, den falschen Ritter, als der sich Luther ausgab, die Straßenräuber, die den in Acht und Bann geschlagenen Luther auf die Wartburg brachten, die treuen Freunde, die Luther zur Seite standen, seine erste Gemeinde, Hund und Hase auf der Jagd und flatternde Vögel im Thüringer Wald. Apropos Wald: Sogar Bäume waren im Bühnenbild zu finden, das also auch in diesen vier Tagen geschaffen wurde. Die Wartburg war angedeutet, auch der Reichstag, und gar ein Kirchturm war auf die Bühne gebracht worden. Und auch die Kostüme sorgten für Hingucker: Ritterhelme und Prinzessinnenkleider, Mittelalterkränze und Mönchskutte, teils geliehen, teils von den Kindern selbst beigesteuert, machten die Aufführung zu einem bunten Vergnügen. Es ist schon ganz erstaunlich, was in vier Tagen alles gezaubert werden kann, wenn man mit Feuereifer bei der Sache ist.
Und das wurde mit einer Menge Szenenapplaus belohnt. Das Publikum, das die kleine Kirche nahezu voll gemacht hatte, war ganz entzückt über die Leistung des Nachwuchses in Sachen Singen und Spielen. Dass hier und da ein Einsatz gegeben und bei einem Text auf die Sprünge geholfen werden musste, das schmälerte den Genuss an der Geschichte und die Würdigung der Leistung keineswegs. Christoph Kuppler und all die Helferinnen und Helfer um ihn herum, darunter auch einige Konfirmanden, haben damit den Kindern nicht nur einen Ferienzeitvertreib voller Einsatz beschert, sondern auch das Erlebnis einer gelungenen Inszenierung, ganz nebenbei natürlich auch die Geschichte Luthers nahegebracht, aber – und das ist in heutigen Zeiten auch besonders wichtig – die Kreativität und die Freude am eigenen Tun beflügelt. Das ist eine Erfahrung, die die Kinder in jedem Fall mitnehmen können. Und die Vorfreude auf das nächste Kindermusicalprojekt: In der Woche nach Ostern ist es im nächsten Jahr wieder so weit. Man darf gespannt sein, welches Musical dann auf dem Programm stehen wird.