Bettina Menzel verkauft jetzt in Giengen auch Modelleisenbahnen und kurioses Zubehör
Ein Glühweinstand, eine Weihnachtskrippe und Schnee-Kleber: Während es draußen 30 Grad hat, kann hier drinnen schon von Weihnachten, von großen Flocken und von Adventsmärkten geträumt werden. “Das verkaufe ich tatsächlich schon jetzt im Sommer”, erzählt Bettina Menzel schmunzelnd. Ihr Partner zieht noch etwas aus dem Regal, das aussieht wie eine Kassettenhülle, in der sich sechs kleine Figürchen befinden – auch eine, die schon den Weihnachtsbaum auf den Schultern nach Hause trägt. Natürlich ist Weihnachten noch weit weg und natürlich gibt es auch in der Giengener Innenstadt den Glühweinstand und die Krippe nur zu kaufen, um sie in einer Modelllandschaft aufzustellen. Denn Menzel, die eigentlich Schreibwaren und Rucksäcke verkauft, betreibt seit ein paar Monaten auf der anderen Seite des Hauses, beim Rathausparkplatz, einen kleinen Laden für Modelleisenbahnen.
Früher eine Druckerei
Früher mal, so erzählt es Menzel, befand sich in dem Raum die Druckerei ihres Urgroßvaters. Geblieben sind bis heute die Holzbalken an der Decke, durch eine schwerfällige Türe gelangt man ins Innere der Modellbahnwelt. Schon draußen lässt sich erahnen, was einen erwartet, hängt am Gebäude schließlich ein Warnschild mit einem Zug darauf. “Das haben wir mal auf einem Flohmarkt geschossen”, freut sich Menzel darüber. Was die vielen, kleinen Figuren im Geschäft betrifft, sei Menzel selbst überrascht gewesen, was es mittlerweile alles zu kaufen gibt. Ein paar Bäumchen, Äpfel, vielleicht ein Auto?
Mitnichten, es geht noch viel weiter. Ein Beispiel gefällig? Wer möchte, kann sich in seine Modell-Eisenbahn-Welt eine Figur einbauen, die nackt grillt. Oder Figuren, die ein Auto waschen. Welche, die sich am Strand sonnen. Auch einen Postboten, der den Briefkasten leert. Oder Figuren, die FFK-Urlaub machen und vor dem Zaun von einem Radfahrer beobachtet werden.
Der Farbton muss stimmen
Natürlich gibt es trotzdem auch Bäume. In allen Formen, in allen Farben. Vielen Modellbauern sei es sehr wichtig, dass die Grüntöne so natürlich wie möglich erscheinen und ein stimmiges Gesamtbild ergeben. Natürlich gibt es auch Äpfel, die so klein sind, dass sie einen Stecknadelkopf unterbieten. Und natürlich gibt es auch Autos, jede Menge sogar – und bei Menzel ein ganz besonderes: eine gelbe Taxi-BMW-Isetta von Wiking, mit einem noch kleineren Köfferchen darauf. “Das wollte ich unbedingt im Laden haben, eine Freundin von mir ist nämlich mal mit einer Taxi-Isetta von Bremen nach Paris gefahren. Auch ihr habe ich eine geschickt”, schwärmt Menzel.
Eine persönliche Geschichte führte letztlich auch dazu, dass Menzel diesen Laden überhaupt betreibt. Zum einen wäre da ihre eigene, die Erinnerung daran, dass sie früher mit ihrem Papa auch Modelleisenbahnen aufgebaut hat. Zum anderen die Geschichte ihres Partners, der seit 40 Jahren Modellbau betreibt und momentan an einer 50 Quadratmeter großen, neuen Anlage baut. “Leider habe ich dafür nicht die Teile gefunden, die ich mir vorgestellt habe”, erklärt er, weshalb der Gedanke aufgekommen sei, dass ein neuer Laden Abhilfe schaffen könnte.
Fragt man Bettina Menzel, dann sind Modelleisenbahnen nach wie vor ein sehr beliebtes Hobby. Nicht unbedingt jetzt im Sommer, dafür umso mehr, wenn man wegen einer Pandemie das Haus nicht verlassen kann. “Während Corona gab es einen Aufschwung”, sagt sie. Männerdominiert seien die Modelleisenbahnen noch immer, doch auch einige Frauen hätten sich dem Modellbau verschrieben und im Laden schon nach ganz bestimmten Einzelteilen gefragt. Menzels Partner ergänzt, dass das Hobby im Lauf der Zeit immer elitärer geworden sei, es sich heutzutage nicht mehr jeden leisten könne. Für eine besondere Lok zahlten Liebhaber schon mal zwischen 3000 und 5000 Euro – im Laden würde bei einem solchen Verkauf, passend, mit Sekt angestoßen. Angefasst würden die Loks nur mit Handschuhen, um auf Dauer den Lack nicht zu beschädigen.
Viel Geld für Sammlerstücke
Bei 5000 Euro aber hört es noch lange nicht auf: Für Sammlerstücke lägen die Beträge auch mal bei 100.000 Euro, Menzels Partner fällt das “Ur-Krokodil” von Märklin ein, gebaut nach einer Güterzuglokomotive der Schweizerischen Bundesbahnen. Grundsätzlich ließen sich Modelleisenbahner in drei Gruppen unterscheiden: die eben genannten Sammler, die die Loks schlichtweg besitzen wollen, die Spieler, die wirklich mit ihren Bahnen spielen sowie die Enthusiasten, die auf sämtliche Feinheiten wie die Grüntöne des Grases achteten.
Reizvoll an Modelleisenbahnen findet Menzel, dass man während des Bauens total abschalten kann und am Ende immer ein Ergebnis sieht. Vor allem auch für Kinder findet sie das Hobby geeignet, für die Feinmotorik, für die Fantasie und um eine Beschäftigung fernab von blickenden Smartphones zu haben. Halt aber macht die Technik auch vor Modelleisenbahnen nicht, vielmehr werde alles immer digitaler. Das betrifft nicht nur die Steuerung der Züge und die Möglichkeit, die gebauten Anlagen virtuell zu durchfahren. Es betrifft auch das Erlebnis an sich: “Da gibt es richtige Bahnansagen oder Bäume, aus denen Vogelstimmen kommen”, nennt Menzel Beispiele.
Vom Klassiker zum Superhelden
Zu finden sind in Giengen natürlich viele Modelleisenbahnen aus früheren Jahren wie die Elektrolokomotive Baureihe 103 der Deutschen Bundesbahn (übrigens ein Liebling von Menzel und ihrem Partner). Im Laufe der Jahre kamen aber viele neue Produkte dazu, beispielsweise ein ICE der Deutschen Bahn oder eine Batman-Bahn für Kinder.