Haushaltsreden

Schulen, Innenstadt, Sport auf dem Schießberg: Wie sich die Fraktionen im Giengener Gemeinderat zum Haushaltsplan positionieren

Der Giengener Gemeinderat debattierte über den geplanten Haushalt. Der CDU-Wählerblock kritisierte die Verschuldungsstrategie, die SPD betonte ein konstruktives Miteinander und die Grünen warnen vor einem „Ausverkauf der Stadt“.

Die Fraktionen CDU-Wählerblock, SPD sowie Unabhängige und Grüne im Giengener Gemeinderat nahmen am Donnerstagabend Stellung zum Haushaltsplanentwurf der Stadtverwaltung, den Oberbürgermeister Dieter Henle vor vier Wochen vorgestellt hatte. Patrick Dehlau, einziger Stadtrat der AfD, verzichtete auf eine Rede.

Martin Herrmann (CDU) begann als Fraktionsvorsitzender der mit elf Stadträtinnen und -räten größten Gruppierung und sprach rund eine Stunde lang. Die CDU kritisierte Henles angekündigte Strategie, die Liquidität zu senken und die Verschuldung hochzufahren, damit Giengen nicht „in Schönheit stirbt“ (Henle in seiner Haushaltsrede), sondern weiter von Förderprogrammen des Landes profitieren kann. „Ein guter Kaufmann würde entweder die Liquidität herunterfahren, um damit die Verschuldung zu reduzieren oder die Verschuldung erhöhen, um damit die Liquidität zu stärken“, so Herrmann. Die CDU forderte die Verwaltung mit 17 Anträgen zum Haushalt heraus und verlangt sehr detaillierte Auskünfte beispielsweise zu den zu erwartenden Zuschüssen aus Förderprojekten, zu den Betriebskosten der Giengener Kitas oder der Nutzung der Sportplätze auf dem Schießberg.

Martin Herrmann, Fraktionsvorsitzender des CDU-Wählerblocks Rudi Penk

Es folgte die rund 40-minütige Rede von Gaby Streicher (SPD), bei der vor allem der positive Grundtenor auffiel. Ein sachlicher Diskurs werde schwierig, wenn „die da oben“, egal ob Oberbürgermeister oder Gemeinderat gemeint seien, als Gegner betrachtet werden, so Streicher. „Wir bekennen uns zu unserer Verantwortung als gewählte Bürger und zu unserem Eid, zum Wohl der Stadt zu handeln“, stellte sie ihrem Vortrag voran, und schloss mit einem Bekenntnis zur konstruktiven Mitgestaltung der Zukunft. Die SPD ist mit neun Mitgliedern die zweitgrößte Fraktion.

Gaby Streicher, Fraktionsvorsitzende der SPD Rudi Penk

Der dritte Redebeitrag von Alexandra Carle für die Grünen, die mit sieben Stadträtinnen und Stadträten vertreten sind, fiel mit gut 20 Minuten am kürzesten aus. Auch die Grünen kritisierten eine „geplante Verschuldung“ durch Abbau der liquiden Mittel zur Erreichung der Förderwürdigkeit. Carle merkte zudem an: „Es kann auch keine Dauerlösung sein, für sämtliche neuen Großprojekte einen Investor zu suchen und somit langsam den Ausverkauf der Stadt voranzutreiben.“

Alexandra Carle, Fraktionsvorsitzende der Unabhängigen und Grünen Rudi Penk

So sind die Positionen der Fraktionen zu den wichtigsten Themen im Haushaltsplan:

Schulen

Martin Herrmann bemängelte, dass im März 2019 – also ein Jahr vor Beginn der Corona-Pandemie – ein Masterplan für das Raumkonzept der Kernstadtschulen durch das Büro Concept K vorgestellt wurde. Der Gemeinderat gab daraufhin einen Maßnahmenplan in Auftrag, den die Verwaltung mit den Schulleitungen erstellen sollte. Dieser sei noch immer nicht beraten und beschlossen. Stattdessen gebe es Bauverzögerungen beim neuen Pavillon der Bühlschule und die Lina-Hähnle-Schule müsse mit wachsenden Schülerzahlen „vermehrt in den Fokus rücken“. Die dringend notwendige Machbarkeitsstudie für die größte Grundschule der Kernstadt sowie die Ausschreibung für die Gebäudeplanung müsse zeitnah erfolgen, weshalb die CDU beantragte, zu prüfen, wie das Ausschreibungs- und Planungsverfahren beschleunigt werden kann.

Auch Alexandra Carle (Unabhängige und Grüne) stellte die Frage, warum die Machbarkeitsstudie erst für 2025 vorgesehen sei, und wünschte sich die Ausschreibung der Objektplanung für das kommende Jahr. Diesen Punkt sieht die SPD ganz anders: „Die Verzögerungen bei der Bühlschule lassen es uns wenig sinnvoll erscheinen, eine Machbarkeitsstudie Jahre vor einer möglichen Realisierung zu beauftragen, die dann womöglich aufgrund neuer Parameter eingestampft werden muss“, so Gaby Streicher. Unter der Voraussetzung, dass die Sanierung der Lina-Hähnle-Schule dadurch nicht weiter verzögert werde, beantragte die SPD, die Ansätze um ein oder zwei Jahre zu schieben und zu straffen und stattdessen die Ansätze und damit den Neubau des Feuerwehrgerätehauses in Hohenmemmingen um ein Jahr vorzuziehen.

Sportentwicklungsplan

Im Haushaltsplanentwurf sind zwei Millionen Euro für einen Kunstrasenplatz auf dem Schießberg eingestellt. Da es bislang noch keine Sportstätten-Konzeption gibt, fühlt sich der CDU-Wählerblock von der Verwaltung rechts überholt: „Eine Vorwegnahme der Beschlüsse durch Einstellen des Budgets für Teilmaßnahmen eines noch nicht beratenen Konzeptes sehen wir kritisch“, so Martin Herrmann. Deshalb beantragte die CDU eine umfassende Information des Gemeinderats zum Thema Sportstätten-Konzept mit vielen Detailfragen zum Thema Kunstrasenplatz, auch im Vergleich zu einem Naturrasenplatz.

Die SPD hingegen begrüßte das Kunstrasenplatz-Vorhaben: „Als erste Maßnahme wird der seit Jahren geforderte Kunstrasenplatz in Angriff genommen, dies geht sowohl mit als auch ohne Sportentwicklungsplan“, so Gaby Streicher. Sie gehe davon aus, dass es zur Verwendung von ökologisch unbedenklicherem Kunstrasen komme, etwas anderes sei nicht zeitgemäß, so die Fraktionsvorsitzende. Alexandra Carle begrüßte einen Sportentwicklungsplan prinzipiell: „Eine gut geplante, attraktive Sportlandschaft dient der Fitness, der Gesunderhaltung und bietet Kindern und Jugendlichen eine Möglichkeit, ihre Energien sinnvoll einzusetzen.“

Dienstleistungszentrum

Das Projekt Dienstleistungszentrum sei die größte bauliche Einzelmaßnahme seit langen Zeiten und gleiche „einer Operation am offenen Herzen“, so Martin Herrmann. Das europaweite Ausschreibungsverfahren für den Neubau gegenüber dem Rathaus war im ersten Anlauf gescheitert. Zwar gab es einen interessierten Investor, dieser hatte für sein Angebot aber keine Preise benannt. Der CDU-Wählerblock verlangte, über die weitere Vorgehensweise informiert zu werden. Zudem will die Fraktion wissen, wie der Gemeinderat in die Ausschreibung eingebunden werden könne und welche Einflussmöglichkeiten er habe. Schließlich sei das Bauvorhaben „von entscheidender Bedeutung für die künftige Attraktivität unserer Innenstadt.“ Trotzdem ordnete Herrmann die Stadtentwicklung und die Innenstadt den Küraufgaben zu und forderte die Stadtverwaltung auf, zuerst die Pflicht zu erledigen, die für den CDU-Wählerblock bei Bildung und Betreuung liegt.

Zur Entwicklung in der Stadtmitte sagte Gaby Streicher: „Jedem von uns hier im Raum ist daran gelegen, das Herzstück unserer Stadt, die Innenstadt, nicht gesichtslos werden zu lassen, nicht beliebig und austauschbar.“ Deshalb gebe es eine Gestaltungssatzung und ein Bewertungsgremium beim Dienstleistungszentrum. Projekte wie das Dienstleistungszentrum und das Sanierungsgebiet Burgwiesen seien zwar wünschenswert, aber nicht dringlich, stellte Alexandra Carle fest. Außerdem würden sie Personalressourcen binden, die an anderer Stelle fehlen. „Daher müssen diese überdacht werden“, so die Meinung der Unabhängigen und Grünen.

Sanierungsgebiet Burgwiesen

Scharfe Kritik vom CDU-Wählerblock gab es auch angesichts der eingeplanten 2,7 Millionen Euro an Zuschüssen und Eigenmitteln für das Sanierungsgebiet Burgwiesen. Auch an dieser Stelle sprach Martin Herrmann von einer Vorwegnahme von Beschlüssen durch die Einstellung eines Budgets für Teilmaßnahmen. Er beantragte, die Mittel mit einem Sperrvermerk zu versehen. Da das Sanierungsgebiet Innenstadt auf viele Jahre finanzielle und personelle Ressourcen binde, stellte Herrmann die Frage, ob es klug sei, jetzt noch mit einem weiteren Sanierungsgebiet zu beginnen. Vorbereitende Untersuchungen für das Sanierungsgebiet hat der Gemeinderat bereits im Juni beschlossen.

Für die Unabhängigen und Grünen blickte Alexandra Carle auf die Verschuldung des städtischen Haushalts, die bis Ende 2028 auf über 52 Millionen Euro steigen soll. Sie mahnte deshalb an, Prioritäten zu setzen und Pflichtaufgaben zuerst zu erfüllen. Für die SPD stehen beim Sanierungsgebiet Burgwiesen zwei Aspekte im Vordergrund: Gaby Streicher bezeichnete die „erlebbare Brenz“ als große Chance und erhofft sich einen Beitrag zur Lösung des Parkraumproblems.

Kinderbetreuung

Die zunehmenden Kinderzahlen im Bereich der Unter-Dreijährigen würden einen Bedarf an weiteren Kita-Gruppen offenbaren, so Gaby Streicher. Das sei zwar teuer für die Kommune, aber das Geld sei gut angelegt. Sie forderte dazu auf, das Zeitfenster der Kita für Bildung und Sprachförderung zu nutzen: „Denn Chancengleichheit fängt hier an, Bildung fängt hier an, Integration in die Gesellschaft fängt hier an – für alle Kinder, egal welcher Herkunft.“ Bei der herausragenden Bedeutung des Themas Kinderbetreuung stimmten alle Redner überein. Der CDU-Wählerblock beantragte, noch 2024 Angebote für Modulbauten einzuholen, mit denen in der Südstadt und an der Bergschule Betreuungsplätze geschaffen werden sollen. Alexandra Carle schlug einen trägerübergreifenden Personalpool für Vertretungen in sämtlichen Einrichtungen vor, die mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben.

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