Leserbrief

Bitte keinen politischen Exorzismus

Leserbrief zum Neujahrsempfang der Stadt Giengen und zum Beitrag „OB Henle mit klarer Aussage gegen Rechts“ (Ausgabe vom 16. Januar):         

Die von OB Henle zitierte Zwecklüge des NS-Propagandaministers Goebbels, dass damals die Demokratie ihren Todfeinden die Mittel selber stellte, kann so nicht stehenbleiben. Angesichts seinerzeit (laut hiesiger Zeitzeugin) „völliger Verarmung des Volkes“ hätte die notleidende Weimarer Demokratie niemals die Mittel gehabt, Ausgaben des NS-Apparates von umgerechnet einigen Milliarden Euro im Jahr zu decken. Vom Preis der in Deutschland, England und USA gekauften Pressearbeit für den NS-Aufstieg und einer „Hilfe“ zur Koalition von 1933 ganz zu schweigen.

Vielmehr stellte nach Erkenntnis von Staatssekretär Abegg und Innenminister Severing (SPD) Kanzler Brüning (Zentrumspartei) fest, der NSDAP seien in den letzten zwölf Monaten vor April 1932 umgerechnet 1,5 Milliarden Euro zugeflossen, davon eine Milliarde von ausländischen Geldgebern. Die waren (außer dem Chef eines königlich britisch-holländischen Konzerns) gemäß einer Reihe von Fachleuten US-Multis, einschließlich mittelbarer Empfänger deutschen Reparationsgoldes. Die Multis bekamen dafür um ihre deutschen Investitionen ein politisches Bollwerk gegen die Linke plus Keil zwischen Deutschland und Russland.

Über den anderen, „deutschen“ Teil der Zuwendungen schrieb Prof. Antony Sutton: „Punkt ist, dass deutsche Industrielle, die Hitler finanzierten, vorwiegend Direktoren von Kartellen mit amerikanischen Partnern, Eigentümern oder Teilhabern waren, oder irgendeiner anderen Art von Beherrschung unterlagen. Die Hitler-Spender waren im Großen und Ganzen nicht Firmen rein deutschen Ursprungs oder Vertreter deutscher Familienunternehmen.“

Die größten der Spender listete Sutton auf und auch ihre Vertreter in NS-Organisationen. Prof. Webster Tarpley und Historiker Anton Chaitkin wurden noch deutlicher: „Die große Finanzpleite 1929-31 veranlasste bestimmte Angloamerikaner, eine Hitler-Herrschaft in Deutschland einzurichten. Stamps war Hauptbetreiber eines weltweiten Kartells zwischen Standard Oil und IG Farben. Das verschmolzene Unternehmen hatte das Auschwitz-Sklavenarbeitslager am 14.6.1940 eröffnet, um dort künstlich Gummi und Benzin aus Kohle herzustellen. Hitlers Regierung lieferte politische Widersacher und Juden als Sklaven.“

Mitwisser der heiklen Geldströme wurden 1934 und ab 1945 neutralisiert. Vor solchem Hintergrund sollten seinerzeitige Verwerfungen nicht mit heutigem Gerangel von Parteigängern um Plätze am steuerfinanzierten Fressnapf verquickt werden. Statt politischem Exorzismus gegen neuerlich virtuellen Weltuntergang wäre eine Halbierung der Abgabenlast von Bürgern und mittelständischer Wirtschaft wünschenswert, beginnend mit der Grundsteuer.
Hans G. Lindenmeyer, Schnaitheim