Leserbrief

E-Mobilität nicht verteufelt

Leserbrief zu den Zulassungszahlen im Automobilbereich und zu den Leserbriefen „2,08 Euro pro 100 Kilometer“ und „Fossilbranche redet neue Techniken schlecht“ (Ausgabe vom 18. Juli):

Auf meine Ausführungen über das schleppende Geschäft mit E-Autos habe ich nichts anderes von der „privilegierten Schicht“ unserer Mitmenschen und Automobilisten erwartet, da anscheinend ein Lesen des kompletten Artikels und meiner Ausführungen unmöglich erscheint. Hätten sie alles zu Ende gelesen, wäre ihnen aufgefallen, dass ich beileibe die E-Mobilität nicht verteufle und dem Verbrenner alter Schule die Stange halte. Mein Schlussplädoyer sagt eindeutig die Zukunft einer Lösung für alle voraus.

Beide Leserbriefschreiber stellen eine privilegierte Minderheit dar mit eigenem Haus und eigener Solaranlage, sodass sich das Ganze für sie rechnet, ohne dass sie die Umweltschäden und das menschliche Leid, das sie durch ihr angeblich umweltgerechtes Verhalten verursachen, auch nur ansatzweise in Betracht ziehen. Stichwort Verlagerung von Umweltschäden in Drittländer. Klar verursacht das auch die Industrie der fossilen Energien.

Hätten Sie aber zu Ende gelesen, wären Sie auf E-Fuels und weitere Ansätze gestoßen und hätten das Ganze ohne Scheuklappen gesehen. Vergleichen Sie sich bitte nur ein einziges Mal mit einem ihrer Mitmenschen, der sich bisher nur ein Fahrzeug im unteren Gebrauchtwagensegment leisten konnte und noch nie ein Neuwagenkäufer war. Wo sehen Sie diesen Menschen in ihrem Universum? Kein Einfamilienhaus, somit keine Solaranlage und auch keine Wallbox, um sein E-Auto zu laden, das er sich nicht leisten kann.

Um zu seiner Arbeitsstelle zu kommen, benötigt er aber ein Fahrzeug mangels öffentlicher Verkehrsmittel im ländlichen Raum. So kommen wir schnell an das Ziel weniger Verkehr, da sich nur noch finanziell besser Gestellte individuelle Mobilität leisten können. Wenn Sie Ihren gesunden Menschenverstand benutzen, wird Ihnen klar, wie viele Arbeitnehmer und Betriebe in der Automobilbranche beschäftigt sind und auch indirekt daran hängen. Ihr privilegierter Lebensstil wird extrem davon betroffen sein, wenn Sie unsere Branche so in den Boden stampfen.

Nächster Ansatz: Wie haben Sie sich eine möglicherweise anstehende Entsorgung ihres E-Autos oder eines defekten Batteriesatzes vorgestellt? Es gibt schlichtweg bis heute kein durchgängiges Entsorgungskonzept. Verlagern wir das auch in Drittländer? E-Fuels hingegen würden Arbeitsplätze in Drittländern schaffen, und zwar unter menschenwürdigen Bedingungen, wenn wir das politisch richtig angehen und Entwicklung und Finanzierung entsprechend lenken. Im Gegensatz zur Elektrizität aus dem Netz wäre das sogar weitgehend CO₂-neutral möglich. Damit lassen sich Verbrennungsmotoren kostengünstig und CO₂-neutral weiterbetreiben, und das auch noch umweltschonender als Ihr E-Auto. Haben Sie doch falsch entschieden?

Nur ein Beispiel von vielen Ansätzen, die durch die E-Mobilitätsförderung der vergangenen Jahre ins Hintertreffen geraten sind. Lesen Sie meine Ausführungen bis zum Schluss, dann sollten Sie verstehen, dass es mir um eine automobile Zukunft und bezahlbare Mobilität für alle geht. Was für Sie passt, und was sich für Sie rechnet, muss nicht zwingend für alle passend sein.
Günter Öxler, Giengen, Obermeister der Kfz-Innung Heidenheim