Alfred Gunzenhauser: ein Schöngeist mit Unternehmer-Gen
Brunnenmühle und Kunstsammlung, Müllerspross und Otto Dix – viel war zu erfahren über das Leben des Galeristen Alfred Gunzenhauser am Freitagabend im Margarete-Hannsmann-Saal der Stadtbibliothek. Denn dort wurde die jüngst erschienene Biographie über den Großen der weltweiten Kunstszene vorgestellt. Der Ort für die Auftaktveranstaltung dieser Vorstellungsreihe war nicht von ungefähr: Alfred Gunzenhauser stammt aus Heidenheim und verbrachte hier Kindheit und Jugend. An diese Zeit und die Wurzeln an der Brenz erinnerte der frühere Bürgermeister Rainer Domberg in seiner Einführungsrede, aber auch an die Reise, die er mit dem früheren Oberbürgermeister Bernhard Ilg zu Gunzenhauser antrat, in welcher Ilg beim Anblick eines Gemälde von Paul Klee spontan ausrief: „Den nehmen wir!“ Und den bekamen sie auch, wobei der Klee, wie an diesem Abend auch zu erfahren war, den Künstler am meisten schmerzte.
Ein großer Augenblick für die Heidenheimer Kunstszene, denn schließlich sollte die Schenkung Gunzenhausers letztlich 34 Werke umfassen. Für Gunzenhauser selbst war es eine Station in einem insgesamt bewegten Leben, mit dem sich Autor Dr. Stephan Dahme nahezu vier Jahre lang beschäftigt, recherchiert, Interviews geführt, Bilder zusammengetragen hatte, die nun in einem rund 300 Seiten starken Werk über den 1926 in Heidenheim geborenen schillernden und durchaus widersprüchlichen Menschen Alfred Gunzenhauser veröffentlicht wurde.
Von der Theodor-Schäfer-Straße an die Sorbonne
Künstlerseele und Unternehmer-Gen, enorme Großzügigkeit und schwäbischer Geiz, sicheres Gespür für Qualität in Sachen Kunst und gelegentlich sogar kindsköpfische Albernheit – das alles steckte in Alfred Gunzenhauser, wie die zahlreichen Zuhörer an diesem Abend erfuhren. Von Kunsthistoriker Professor Dr. Herwig Guratzsch mit Grandezza und Nonchalance moderiert, gab Dr. Stephan Dahme viele Einblicke in sein Recherchematerial, las Auszüge aus dem Buch, auch Fotos bekam das Publikum auf der großen Leinwand zu sehen. Freilich standen die Heidenheimer Wurzeln des Beschriebenen dabei besonders im Interesse. Die detailreiche Schilderung Dahmes weckte aber auch die Neugier auf die weiteren Stationen im Lebensweg Gunzenhausers. Von der Schulzeit des aus betuchtem Elternhaus Stammenden, der sich im Bleyle-Anzug ein wenig exotisch zwischen Schulkameraden aus dem „China“ und „Japan“ und deren Eltern als Werktätigen in den Heidenheimer Industriebetrieben ausnahm, aber keinerlei Dünkel kannte, zum Studium nach London und an die Sorbonne, von der Villa in der Theodor-Schäfer-Straße zur ersten Galerie am Platz in der exklusiven Maximilianstraße in München.
Die starke Bindung zu seiner sinnesfrohen Mutter, die dann und wann auch mal ein „Grundstückle“ verkaufen musste, um die Sammlerleidenschaft ihres Sohnes zu unterstützen, kam ebenfalls zur Sprache wie auch viele Begegnungen mit Künstlern, deren Entwicklung wie auch die Entwicklung der Kunstszene in Deutschland Gunzenhauser maßgeblich vorangetrieben hat. Dr. Dahme, Prof. Guratzsch und auch Dr. Vetter-Liebenow von der Stiftung Gunzenhauser boten so einen spannenden Streifzug durch Gunzenhausers Leben, der durchaus Lust auf mehr machte. Denn ganz offensichtlich war Gunzenhauser nicht nur ein Schöngeist voller Esprit, sondern auch durchaus mit bodenständigem Witz ausgestattet.
Seine Heimatstadt hat Gunzenhauser nie vergessen, wo nun zu seinem Gedenken nicht nur die stattliche Schenkung anzutreffen ist, sondern sicher auch die Biografie in so manchem Haushalt. Sie ist es wert – beileibe nicht nur für Heidenheimer. Aber für die besonders.
Der Autor Stephan Dahme
Dr. Stephan Dahme ist Kunsthistoriker und Kurator für Grafik des Bauhauses, der Moderne und der Gegenwart bei der Klassik-Stiftung Weimar.
Seine Biographie über Alfred Gunzenhauser ist im Verlag Edition Fichter erschienen, umfasst 273 Seiten und ist mit vielen Fotografien auch zu den Heidenheimer Wurzeln ausgestattet.