Unter uns

So schlimm kann Windkraft im Landkreis Heidenheim gar nicht sein

Aktuell drehen sich viele Befürchtungen um neue Windparks, die im Landkreis Heidenheim entstehen könnten. Im Vergleich zur Atomkraft sind die Probleme wesentlich geringer, meint Silja Kummer von der HZ-Redaktionsleitung.

Windkraft scheint das große neue Ding zu sein, an dem sich die Geister scheiden. Nachdem der Landkreis Heidenheim jahrzehntelang in Sichtweite eines Atomkraftwerks lag und von einem Störfall direkt betroffen gewesen wäre, sind nun also Windkraftanlagen die neue Bedrohung. Befeuert wird die Diskussion davon, dass der Regionalverband Ostwürttemberg derzeit neue Vorrangflächen für Windkraft ausweist. Natürlich gibt es Argumente, die gegen Windkraft sprechen: Windkraftanlagen machen Geräusche, werfen Schatten, sind von weither sichtbar und Vögel können mit den Rotoren kollidieren. Im schlimmsten Fall gehen die Rotorblätter kaputt, was in Nattheim auch schon zu erleben war. Auch der Supergau – eine Windkraftanlage fällt um – ist denkbar und es sollte alles getan werden, um Menschen vor Schäden zu bewahren.

Abstand zur Windkraft verringert

In Gerstetten hat der Gemeinderat in der vergangenen Woche beschlossen, den Abstand zu Windkraftanlagen im Gebiet Steinhaus möglicherweise zu verringern, von 1000 auf 750 Meter. Das ist eine mutige Entscheidung, die auch mit Gegenstimmen im Rat getroffen wurde. Wenn man Lokalpolitik über eine lange Zeit beobachtet, sieht man in schöner Regelmäßigkeit die Fälle, in denen das sogenannte St.-Florians-Prinzip auftritt. Abgeleitet vom Spruch: „Heiliger Sankt Florian, verschon’ mein Haus, zünd’ and’re an“ möchte man unliebsame Dinge wie neue Baugebiete, Müllverbrennungsanlagen oder Windräder nicht vor der eigenen Haustür haben, sondern lieber woanders. Erneuerbare Energien sind zwar notwendig, um nicht weiter endliche Ressourcen auszubeuten und den Klimawandel zu stoppen, aber im direkten Umfeld will man die Anlagen dann doch lieber nicht haben.

Vielleicht sollte man sich kurz nochmal ins Gedächtnis zurückrufen, was bei einem Gau in einem Atomkraftwerk passieren kann: Rund um Tschernobyl gibt es eine Sperrzone von 30 Kilometern, die nicht betreten werden darf. Die radioaktive Strahlung wird noch Tausende von Jahren anhalten. Auch das Gebiet rund um das japanische Kraftwerk Fukushima ist nicht mehr betretbar, die Sperrzone ist rund 300 Quadratkilometer groß ist. Wenn man einen Kreis in 30 Kilometern Entfernung rund um Gundremmingen ziehen würde, lägen weite Teile des Landkreises Heidenheim innerhalb dieses Kreises und wären im Fall eines Atomunfalls verseucht. Vergleichbar gravierende Auswirkungen kann kein Windrad-Unfall haben.

Wen das Thema interessiert, dem sei der Roman „Unterleuten“ von Juli Zeh empfohlen. In ihrem spannenden Psychogramm eines Dorfes spielt Windkraft auch eine entscheidende Rolle. Aber vielleicht haben Sie am Pfingstwochenende schon etwas Anderes vor als zu lesen. Ich wünsche Ihnen viel Spaß dabei!