Versöhnung ist keine Selbstverständlichkeit. Darauf kamen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des 40. Iglauer Heimattages am Samstag immer wieder zurück. Dass es gelungen ist, anstelle des Traumas des Zweiten Weltkrieges im Lauf von Jahrzehnten reale Freundschaften zu knüpfen, sah man als den großen Verdienst sowohl der Gemeinschaft Iglauer Sprachinsel, als auch der Städtepartnerschaft zwischen dem tschechischen Jihlava und Heidenheim.
Bei dem Festakt im Konzerthaus trafen sich die Mitglieder der Gemeinschaft – aus Jihlava sowie aus den Dörfern der ehemaligen Iglauer Sprachinsel stammende Deutsche beziehungsweise ihre Nachkommen – mit Vertretern Jihlavas, Heidenheims sowie anderer Partnerstädte und feierten dabei gleich drei Jahrestage. Neben dem 40. Iglauer Heimattag jährte sich nämlich die Einweihung des Iglauer Denkmals auf dem Schlossberg zum 20. Mal, außerdem besteht die Städtepartnerschaft zwischen Jihlava und Heidenheim bereits seit 2002, hier war der 20. Jahrestag der Pandemie zum Opfer gefallen.
Freundschaften pflegen
Dass es nun also bereits seit Jahrzehnten Bemühungen auf unterschiedlichen Ebenen und von allen Seiten gibt, aufeinander zuzugehen und geknüpfte Freundschaften auch zu pflegen, davon zeigte sich Peter Tenschert, Vorsitzender der Gemeinschaft Iglauer Sprachinsel, berührt. Und sah die Wichtigkeit von Zusammenarbeit und guten nachbarschaftlichen Beziehungen in Europa, gerade auch angesichts globaler Herausforderungen wie der Klimakrise, oder angesichts kriegerischer Auseinandersetzungen wie in der Ukraine, in Nahost oder im Sudan.
„Es ist teils schwer, auf Frieden zu hoffen“, sagte Tenschert. Doch gebe es auch positive Entwicklungen. So könne man sich nach dem Fall des Eisernen Vorhangs und dem Beitritt auch Tschechiens zur EU so frei bewegen wie nie zuvor. „Arbeiten wir weiter an Frieden und Versöhnung. Brückenbauen ist eine immerwährende Aufgabe, jetzt und in Zukunft“, so Tenschert.
Im gleichen Tenor äußerten sich auch der Oberbürgermeister Jihlavas, Petr Ryška, sowie Heidenheims Bürgermeisterin Simone Maiwald. Gerade zu Beginn der neu entstehenden Beziehungen habe es teils auch Misstrauen gegeben, so Ryška. Dies sei oft aber nur durch fehlende Informationen verursacht gewesen. „Versöhnung ist möglich“, brachte es Maiwald auf den Punkt, was die Lehre aus all den gemeinschaftlichen Bemühungen ist. Allerdings sei sie eben alles andere als ein Selbstläufer und bedürfe der ständigen Pflege und des Einsatzes vieler Mitwirkender.
Tschechisches Filmteam dreht im Konzerthaus
Begleitet wurde der Iglauer Heimattag in diesem Jahr von einem tschechischen Filmteam. Aus dem Projekt von Regisseur Jaroslav Kratochvíl soll ein Dokumentarfilm über die Iglauer Sprachinsel entstehen. Das dreiköpfige Team drehte den ganzen Tag über, dazu gehörten auch kurze Interviews mit Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Treffens. „Die Iglauer Sprachinsel ist eine Besonderheit, zu der es im Vergleich zu anderen Gebieten in Tschechien mit deutscher Minderheit nur wenig Material gibt“, so Kratochvíl. In Jihlava gibt es ein Dokumentarfilmfestival mit internationaler Bedeutung. Dessen Programmdirektor Petr Kubica ist der Produzent von Kratochvíls Film. Im Nachgang an den Drehtag in Heidenheim sollen Geldgeber für einen 80- bis 90-minütigen Film gefunden werden. Das tschechische Fernsehen sei bereits an dem Projekt interessiert.