Jubiläum

Warum Stetten seit 300 Jahren ein Wallfahrtsort ist

Die "Schwarze Madonna" steht seit 300 Jahren in Stetten, genausolang ist das kleine Dorf ein Wallfahrtsort. Wie das Gnadenbild nach Stetten kam und was es so besonders macht.

Warum Stetten seit 300 Jahren ein Wallfahrtsort ist

Riesig war der Andrang vor 300 Jahren in Stetten: 2.000 Menschen hatten sich eingefunden, um persönlich Zeuge eines großen Ereignisses zu werden. Am 21. November 1723 wurde die „Schwarze Madonna“ in Stetten aufgestellt. Wie kam es dazu?

Das hängt zusammen mit einem gewissen Baron Anton Marquard von Riedheim. Als er die Herrschaft über Kaltenburg-Stetten zurückerlangte, waren seine Freude und sein Dank so groß, dass er dieser Freude und diesem Dank Ausdruck verleihen wollte. Der Kirche eine Spende zukommen zu lassen, war also sein Gedanke. Man mag sich vorstellen, wie groß Freude und Dank bei ihm ausgeprägt gewesen sein müssen, denn auch die Spende fiel außerordentlich und groß aus. Er spendete nicht nur die Wallfahrt, sondern ließ auch eine Madonna anfertigen.

Vorbild der Stettener Madonna steht in Einsiedeln in der Schweiz

Und dabei hatte er ein ganz besonderes Vorbild im Auge. Die „Schwarze Madonna“ aus Einsiedeln im Kanton Schwyz, die hatte es ihm angetan. Also fragte er bei Thomas von Einsiedeln an, ob er wohl eine Kopie davon anfertigen dürfe. Eine Bitte, die ihm nicht abgeschlagen wurde.

Und so kam es, dass ein Gefolgsmann die von Bildhauer Josef Kali gefertigte „Schwarze Madonna“ von Einsiedeln nach Lontal in die dortige Pfarrkirche Sankt Ulrich getragen hat. Zum Vergleich: Die Fahrt mit dem Auto von Einsiedeln nach Lontal dauert etwa fünf Stunden. Und die „Schwarze Madonna“ ist circa 90 Zentimeter hoch. Bis heute ist übrigens die „Schwarze Madonna“ von Stetten die einzige schwarze Madonna in der gesamten Diözese Rottenburg-Stuttgart.

Die Schwarze Madonna wurde am 21. November 1723 in Stetten aufgestellt, zuerst in der damaligen Schlosskapelle. Vitus von Waldburg-Zeil

Von Lontal kam die seinerzeit wie heute berühmte Figur dann an jenem 21. November 1723 in die damalige Schlosskapelle nach Stetten. Die konnte aber schon bald den wachsenden Strom der Pilgerinnen und Pilger nicht mehr fassen, und so ließ Baron Anton Marquard von Riedheim die heutige im Jahr 1733 fertiggestellte Wallfahrtskirche bauen. Dort steht sie bis heute in einer Gnadenkapelle, die übrigens ebenfalls nach dem Vorbild der Gnadenkapelle in Einsiedeln erschaffen wurde.

Wallfahrtskirche in Stetten ist zu einem verbindenden Ort geworden

Zwischen Stetten und Einsiedeln herrscht also eine ganz besondere Verbindung. So hat auch der Abt von Einsiedeln das Pontifikalamt mitgeführt, als der 300. Geburtstag im Rahmen eines Feiergottesdienstes begangen wurde. Eine Feier, die lange vorbereitet wurde und in deren Vorfeld bereits der Geist der Schwarzen Madonna spürbar wurde: „Das war alles sehr harmonisch“, so Pfarrer Vitus von Waldburg-Zeil, der Leiter der Seelsorgeeinheit Lone-Brenz. „Wenn die Schwarze Madonna etwas will, dann macht sie das in großer Liebenswürdigkeit.“ Daran glaubt beileibe nicht nur er: Vielfach bringen auch evangelische Gläubige ihre Not, ihr Vertrauen, ihren Dank, ihre großen und kleinen Sorgen hier ins Gebet, so dass die Wallfahrtskirche zu einem verbindenden Ort geworden ist.

Mit der Herrschaft Edler Anton Marquard von Riedheims kamen übrigens auch die Katholiken zurück nach Stetten: Unter vormaliger Herrschaft waren jegliche katholischen Messen in Stetten verboten worden, und die meisten Katholiken wanderten aus. Nur noch sechs Katholiken waren geblieben. Mit Riedheim kehrten jedoch die meisten Katholiken zurück und die Protestanten gingen.

Bliebe noch aufzuklären, warum denn die Schwarze Madonna von Einsiedeln überhaupt schwarz war. Sie wurde durch den Rauch und Ruß der vielen Kerzen und Öllampen, welche ständig in der engen und dunklen Heiligen Kapelle brannten, im Laufe der Jahrzehnte dunkel, schließlich silberschwarz. Schon im 17. Jahrhundert sprach man einfach von der „Schwarzen Madonna von Einsiedeln“. Die Stettener Schwarze Madonna hingegen war von Anfang an schwarz. Und bekleidet. Die Kleider freilich sind im Laufe der Jahrhunderte verschlissen. Die Schönheit und der Geist des Gnadenbildes aber wirken fort.

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