Wenn die Augen der FCH-Profis um die Wette strahlen und einige Fans auf der Tribüne Freudentränen verdrücken, bleibt nur ein Schluss: Es muss ein besonderer Fußballabend gewesen sein. Und genau so war es. Der 2:0-Sieg der Heidenheimer bei Heart of Midlothian in der Conference League wird sich mit eindrucksvollen Bildern in den Geschichtsbüchern des Vereins wiederfinden. Die 90 Minuten sowie die Stunden davor und danach waren wie eine Bescherung, bei der zahlreiche Geschenke verteilt wurden.
Ein Geschenk für das Selbstvertrauen
Dass die Heidenheimer nach den beiden sieglosen Spielen nicht vor Selbstvertrauen strotzten, war in den ersten 45 Minuten nicht zu übersehen. „Wir hatten Probleme, ins Spiel reinzukommen. Wir waren ein Stück weit beeindruckt von der Kulisse und der Art und Weise, wie der Gegner gespielt hat“, sagte Frank Schmidt, der selbst erkannte, dass das Selbstbewusstsein nach den jüngsten Ergebnissen nicht gerade überbordend war. „In der ersten Halbzeit haben wir Glück gehabt, dass wir nicht in Rückstand gehen“, sagte Norman Theuerkauf über den schwachen Start seines Teams.
Mit der Steigerung in der zweiten Spielhälfte wurde aber nicht nur die Brust breiter, sondern auch das Ergebnis nahm die gewünschte Form an. „Das Tor kam zu einem guten Zeitpunkt“, betonte Mathias Honsak, der den Führungstreffer von Sirlord Conteh in der 57. Minute mit einer perfekten Flanke vorbereitet hatte. In der Folge übernahmen die Heidenheimer die Kontrolle über die Partie und gaben sie nicht mehr her. „Wir freuen uns über den Sieg“, sagte Norman Theuerkauf, „wir wollen den Schwung mitnehmen.“
Ein Geschenk für die Spieler des 1. FC Heidenheim
Nicht nur Trainer Frank Schmidt hatte auf das Spiel in Schottland hingefiebert, auch seine Schützlinge hatten sich die Atmosphäre rund um die Partie im Tynecastle Park vorab ausgemalt – und wurden nicht enttäuscht. „Das ist Fußball pur, deshalb wollten wir in der Conference League spielen“, sagte Kapitän Patrick Mainka. „Ich hätte nicht geglaubt, dass ich das mal erleben darf. Da muss man sich auch mal kneifen.“ Ähnlich empfand Norman Theuerkauf die 90 stimmungsvollen Minuten.
Ich hätte nicht geglaubt, dass ich das mal erleben darf.
Patrick Mainka
Die Partie sei eines der Highlights seiner Karriere gewesen, so der 37-Jährige. „Das ist der Fußball, wie er erfunden wurde, wie er gelebt wird“, sagte Theuerkauf. „Es ist geil, mit den Fans, die einen Meter neben der Seitenlinie sind und jede gute Aktion bejubeln.“
Ein Geschenk für die Fans des Fußball-Bundesligisten
Bis zu dem entscheidenden Treffer zum 2:0 hatten sich die Fans des 1. FC Heidenheim, die vor der Partie zu Hunderten singend durch Edinburgh gezogen waren, noch ein Stimmungsduell mit den heimischen Anhängern geliefert. Nach dem Kopfballtor von Jan Schöppner schlug die Nadel klar auf die Seite der FCHler aus: Während die „Jambos“, wie die Hearts-Fans genannt werden, scharenweise die Tribünen verließen, stieg die Lautstärke auf der Gästetribüne noch weiter.
Klarer Sieg für den FCH – und seine Fans. Norman Theuerkauf fasste den Auftritt der Heidenheimer Fans mit einem Wort zusammen: „Sensationell.“ Und weiter: „Was das kleine Dorf so abreißt, ist der Wahnsinn. Für die Fans ist es genauso ein Erlebnis wie für uns“, so der Vize-Kapitän.
Ein Geschenk für das Punktekonto in der Conference League
Dank des dritten Siegs im dritten Spiel der Gruppenphase hat der FCH den Einzug in die Play-off-Runde zum Achtelfinale quasi perfekt gemacht. „Das ist die optimale Bilanz“, unterstrich Patrick Mainka. Und vielleicht klappt es sogar mit der direkten Qualifikation für die Runde der letzten 16. Aktuell liegen die Heidenheimer als Sechste unter den acht Teams, die die Play-off-Runde umgehen. Diesen Platz zu halten, wird für die Schmidt-Elf jedoch kein Selbstläufer. Denn: Bereits am kommenden Spieltag steht dem FCH wohl die höchste Hürde des Wettbewerbs bevor. Am Donnerstag, 28. November, gastiert das Starensemble des FC Chelsea in der Voith-Arena.
Ein Geschenk für Kapitän Patrick Mainka
An das Aufeinandertreffen mit den Londonern verlor Patrick Mainka aber noch keinen Gedanken. Die emotionalen Erlebnisse in Edinburgh konnte der Abwehrchef nur kurz genießen – obwohl er eigentlich doppelten Grund zu feiern hatte. Am Tag vor dem Spiel wurde Mainka 30 Jahre alt. „Das rundet alles ab, es ist ein besonderer Geburtstag gewesen“, sagte er, „So kann man in die 30er starten.“ Dass der Start nur mit angezogener Handbremse gefeiert wurde, ist dem Spielplan geschuldet.
Am Sonntag empfängt der FCH um 19.30 Uhr den VfL Wolfsburg in der Bundesliga, wo zuletzt aus vier Spielen nur ein Punkt gesammelt werden konnte. „Darauf liegt unser Fokus, es ist der wichtigste Wettbewerb“, betonte er. Machen sich die Heidenheimer mit dem Schwung aus Schottland auch in der Bundesliga selbst ein Geschenk, würde das nicht nur bei den Fans die nächste Hochstimmung auslösen. „Dann kann ich richtig Geburtstag feiern“, sagte Patrick Mainka.