Mikroabenteuer

Einmal Schlammschlacht und zurück: Wie es ist, bei einem Hindernislauf mitzumachen

Durch den Matsch kriechen, Sandsäcke schleppen, Stromschläge einstecken und dann auch noch kilometerweit laufen: Hindernisläufe sind im Trend, aber warum tut man sich das an? Ein Mikroabenteuer:

Einmal Schlammschlacht und zurück: Wie es ist, bei einem Hindernislauf mitzumachen

Zentimeter für Zentimeter robbe ich unter dem Netz durch. Das Kinn im Schlamm, der Körper möglichst flach am Boden. Völlig unerwartet trifft mich ein Stromschlag – und ich zucke derart zusammen, dass mich das Kabel gleich nochmal erwischt und den nächsten Schlag erteilt. Verdammt, das tut weh!

Warum tut man sich das freiwillig an? Wir sind schließlich nicht beim Drill, sondern Teilnehmer eines Hindernislaufs – ein Freizeitvergnügen, das immerhin auch Geld kostet. Doch wer mittendrin ist stellt sich diese Frage nicht, und der Aufdruck auf den Shirts der Vordermänner gibt sowieso die passende Antwort: „Der stärkste Muskel ist dein Wille“ – und den trainieren wir hier, also nichts wie weiter!

Hangeln beim Hindernislauf
Wer loslässt, fällt in die kalte Matschbrühe: Zu Beginn der Hindernislaufs ist man noch bemüht, nicht nass zu werden. Mud Masters

Ich bin zwar nicht aus Zucker, doch beim Buddeln im Garten trage ich Handschuhe, Gummistiefel bei Matschwetter sind ein Muss und wenn’s regnet, bleib ich auch mal lieber drinnen: Sich so richtig dreckig machen ist eigentlich nicht mein Ding. Wie wär’s also mit einem Hindernislauf mit so viel Schlamm, dass er zu den Ohren wieder rauskommt?

Klingt eigentlich absurd. Doch genau das ist der Reiz an der Sache: Einfach mal machen, sich überwinden und auch noch Spaß daran haben. Angemeldet ist man für einen Hindernislauf im Überschwang mit ein paar Klicks und schwupps, fällt ein paar Monate später plötzlich der Startschuss. Durch die ersten Matschgruben geht es noch im Schneckentempo: Bloß nicht ausrutschen, lautet das Mantra, langsam tun und vor allem „igittibäh“ geht mir durch den Kopf.

Kalt, kalt, kalt – nass, nass, nass

Doch nach dem unvermeidlichen ersten Stolpern ist sowieso alles egal: Ist der Kopf einmal in die Matschbrühe eingetaucht, verliert man jede Zurückhaltung. Sauberbleiben ist sowieso nicht drin, warum also nicht mitnehmen, was geht? Die Schuhe saugen sich sofort voll Wasser, sind schwer wie Betonklötze. Matschhäufchen sammeln sich in den Socken und die kleinen Steinchen pieksen bei jedem Schritt. Wir kriechen durch Schlamm, hangeln uns über kaltem Wasser entlang, klettern an Seilen hoch, schleppen Sandsäcke, tragen uns gegenseitig Huckepack und überwinden Hindernisse. Dazwischen wird gelaufen: Zwölf Kilometer geht es insgesamt durch den Wald, bergauf und bergab. Dabei ist die Strecke derart matschig und streckenweise steil, dass sie selbst zum Hindernis wird.

Einen Hindernislauf übesteht man nur als Team: HZ-Redakteurin Kathrin Klein ging mit ihrem Bruder an den Start. Mud Masters

Wir gehen zu zweit an den Start und dass wir ein Team sind, ist entscheidend: Eine ganze Menge Hindernisse sind auf eigene Faust nicht zu bewältigen. Dass mein Bruder das eine oder andere Kilo Muskelmasse mehr hat, schadet auch nicht. Um eine zweieinhalb Meter hohe Steilwand zu überwinden hilft die Räuberleiter – und die fremde Hand, die von oben zupackt, bis ich mich selbst über die Brüstung stemmen kann. Teamarbeit ist alles – aber zum Team gehören beim Hindernislauf alle: Fremde, die unterwegs zu Mitstreitern werden. Man trifft sich immer wieder an den verschiedenen Hindernissen, hilft sich aus, drüber und drunter, und kämpft sich gemeinsam die Strecke entlang.

Zurück zur Frage, warum das Ganze? Hier geht es nicht darum, möglichst schnell ins Ziel zu kommen. Es geht um Überwindung, darum, sich mal wieder selbst herauszufordern und vor allem um Spaß. Klar ist auch: Ein Hindernislauf ist kein klassischer Wettkampf wie ein Zehn-Kilometer-Lauf. Der einzige Gegner, der hier besiegt werden muss, ist die Stimme im Kopf, die leise flüstert: "Du könntest jetzt auch in der Hängematte liegen ...". Doch wer mit aufgeschürften Knien, blauen Flecken und einem fetten Grinsen die Ziellinie überquert, weiß genau, dass nicht nur der Muskelkater länger als ein paar Tage bleiben wird: Auch das Gefühl, mal wieder ein Abenteuer erlebt zu haben, nimmt man mit nach Hause. Und das kalte Bier im Ziel entschädigt sowieso.

Wer im Ziel noch lächeln kann, hat alles richtig gemacht: Ein Hindernislauf ist kein Wettkampf - höchstens gegen sich selbst. Mud Masters

Im nächsten Teil der HZ-Sommerserie Mikroabenteuer bemüht sich ein Kollege, einen Tag lang absolut keine Entscheidungen zu treffen.

Hier gibt es alle Teile der Serie "Mikroabenteuer" der Heidenheimer Zeitung zum Nachlesen.