Große Autorennbahn aus Spenden

„Carrera 2.0“: Wie es einmal zu den „24 Minuten von Gerstetten“ kommen könnte

Weil eine alte Carrera-Bahn für große Begeisterung in den Jungschargruppen der Evangelisch-Methodistischen Kirche Gerstetten sorgte, hat Ralf Fronmüller ein Spendenprojekt gestartet, an dessen Ende eine große Modellauto-Rennstrecke stehen soll.

Auf dem Dachboden verstaubt er, der Traum von Le Mans, Indianapolis, Monaco. Im Modellautoformat war so mancher in seiner Fantasie früher auf den legendären Racing-Kursen unterwegs und versuchte über den Temporegler in der Hand, den Gegner auf der mehr oder weniger runden Strecke auf dem heimischen Kinderzimmer-Fußboden abzuhängen. Carrera ist das Zauberwort, das seit 1963 zuhause bei kleinen und großen Fans für ein Quäntchen Rennsport-Feeling und jede Menge Spaß sorgte. Die Autorennbahnen gibt es in technisch moderner Form bis heute. Dass aber auch die nicht mehr ganz taufrischen und angesichts längst vergangener Kindertage verräumten Bahnen noch Riesenfreude hervorrufen können, zeigt jetzt ein Jugendprojekt der Evangelisch-Methodistischen Kirche Gerstetten (EMK): „Carrera 2.0“.

Ein Beitrag zur Jugendarbeit in Gerstetten

Um einen Grand Prix geht es bei dem Vorhaben, das der Gerstetter Jungscharleiter Ralf Fronmüller seit Februar in Angriff genommen hat, im klassischen Sinn eher nicht. Vielmehr ist „Carrera 2.0“ als origineller Beitrag zur Jugendarbeit in der EMK und der ganzen Albgemeinde zu verstehen: Action, Spaß und Begeisterung bei den Kindern und Jugendlichen sollen im Mittelpunkt stehen.

Und tatsächlich ist es auch Begeisterung, die das ganze Projekt im Februar ins Rollen gebracht hat: Eine private Autorennbahn aus den siebziger Jahren sei in seiner Jungschargruppe extrem gut angekommen, erzählt Fronmüller. Aus der Gruppe habe sich dann die Idee entwickelt, gemeinsam eine große Rennstrecke von 50 oder mehr Metern zu bauen – das Ganze auf Spendenbasis und ehrenamtlich.

Eine erste Rennbahn-Spende aus Niedersachsen

Der 54-jährige Vater von vier erwachsenen Söhnen stellte sein Vorhaben im Gottesdienst als Bekanntgabe vor und eine Bekannte gab danach eine Kleinanzeige auf: „Suche alte Carrera-Bahnen auf Spendenbasis“, hieß es da. „Das erste Paket, das nach der Anzeige eintraf, war vom System Carrera Digital 132 und kam aus Niedersachsen“, so Fronmüller zu der beginnenden Erfolgsgeschichte.

Jungen und Mädchen sind mit viel Spaß dabei, wenn es gilt, die Carrera-Flitzer über die „Fahrschulstrecke“ im Gerstetter EMK-Gemeindezentrum sausen zu lassen. Markus Brandhuber

Hatte er eigentlich damit gerechnet, dass eher Bahnen aus der „Go“-Serie – quasi das preisgünstige Einsteigerprogramm – geschickt würden, so war dies eines der höherklassigen und modernen Systeme: „Eine komplette Bahn mit zwei fahrbereiten Fahrzeugen und 15 bis 20 Meter Schienen. Das hat bei der Wahl, welches System bei uns genutzt werden soll, schon eine Richtung vorgegeben.“ Und als weitere passende Rennbahn-Pakete gesandt wurden, war entschieden, dass bei „Carrera 2.0“ auf Digital 132 gesetzt wird.

Alle Spenden sind für die Kinder- und Jugendarbeit bestimmt

Doch auch alle anderen Carrera-Spenden kamen und kommen zu 100 Prozent der Kinder- und Jugendarbeit zumindest indirekt zugute: Das, was nicht selbst verwendet werden kann, werde weiterverkauft, um mit dem Erlös Ergänzungen oder Ersatzteile zu erwerben, so Fronmüller, dem Transparenz bei seinem Projekt besonders wichtig ist. Insgesamt seien bislang 16 Bahnen aus verschiedenen Systemen gespendet worden. „Ich hätte die Qualität der gespendeten Produkte nicht so gut erwartet.“

Finanzielle Unterstützung gebe es ebenfalls, hier vor allem aus der Albgemeinde. Und etwa 1000 Euro aus der Jungscharkasse, die in den vergangenen Jahren besonders durch die Altpapiersammlungen hinzugewonnen hatte, wurden ebenfalls schon in Anschaffungen für „Carrera 2.0“ investiert.

Als sehr gut beurteilt der 54-Jährige die Resonanz seitens der Kinder auf sein Projekt. Und so ging es Mitte März mit dem Rennbahn-Bau tatsächlich los. Mit etwa zehn Kindern aus der gemischten „Jungschar plus“-Gruppe im Alter von etwa zwölf bis 14 Jahren setzte der 54-Jährige eine gewundene und etwa zehn Meter lange „Fahrschulstrecke“ zusammen, die auf einer Platte fest montiert wurde. Das Übungsfahren auf dieser Bahn soll später auch eine Voraussetzung für die Fahrt auf der geplanten großen Rennstrecke sein.

Zusammen mit einigen Jungschar-Kindern fertigte der gelernte Schreiner Ralf Fronmüller die zwölf Holzmodule, auf denen später die große Carrera-Rennbahn montiert werden soll. Markus Brandhuber

Zwölf Module für die große Rennstrecke

In den vergangenen Tagen ging es weiter und der gelernte Schreiner fertigte zusammen mit den Kids aus gespendeten Holzplatten in Leichtbauweise zwölf Module von 2,40 mal 0,85 bzw. 1,15 Meter Größe. Auf diesen Flächen, die in unterschiedlichem Umfang zusammengefügt werden können, soll dann die eigentliche Bahn ihren Platz finden. „Derzeit haben wir etwa 45 Meter an Schienen“, schildert er. Ziel sei, eine möglichst lange Bahn zu bauen – er denkt hier an etwa 60 bis 70 Meter. Insofern sind weitere Spenden willkommen. Und selbstverständlich sieht er hier auch einen Werbeeffekt für die EMK-Jungschar und hofft, so weitere interessierte Jungen und Mädchen für die verschiedenen Gruppen gewinnen zu können, denn die Teilnahme ist offen und nicht an Konfessionen gebunden.

20 Modell-Rennwagen im richtigen Maßstab 1:32 umfasst der Fuhrpark von „Carrera 2.0“ auch aufgrund des Zukaufs gebrauchter Autos aktuell. Diese Menge ist nötig, da auf der Bahn später sechs Rennwagen gleichzeitig fahren können und die Fahrzeuge zwischendurch Zeit zum Abkühlen benötigen.

Fahrtermine für „Carrera 2.0“

Bis jetzt habe er schon deutlich mehr als 100 Arbeitsstunden aufgewandt, sagt Fronmüller. Nun gehe es an das Ausarbeiten des Streckendesigns und unter Mithilfe der Kinder an die Schienenmontage. Ende Mai hofft Fronmüller mit den Arbeiten am Projekt fertig zu sein. Erste öffentliche Fahrtermine stellt er sich dann beim Marktplatzfest Ende Juni in einem Zelt und beim Gerstetter Kinderfest am 12. Juli im Saal des EMK-Gemeindezentrums vor. „Es wird noch einiges an Erfahrungen zu sammeln geben“, ist sich der 54-Jährige klar.

Gibt es schon Pläne für die „Carrera 2.0“-Zukunft? Erweiterungen hält Ralf Fronmüller durchaus für möglich. Und in Anlehnung an berühmte 24-Stunden-Rennen wie in Le Mans sagt er lachend: „Ideen, wie ein 24-Minuten-Rennen als Turnier in Gerstetten auszutragen, sind im Hinterkopf.“

Geplanter Ablauf beim Carrera-Fahren

Ralf Fronmüller hat schon bestimmte Vorstellungen, wie es beim Rennfahren auf der entstehenden großen Carrera-Strecke vor sich gehen soll. Zwingend vorgeben will er, dass in Zweierteams gestartet wird: ein Fahrer im Mindestalter von sieben Jahren und ein Streckenposten von mindestens 16 Jahren. Der Streckenposten ist dafür zuständig, das rausgefallene Modellauto wieder auf die Spur zu setzen. „Am besten wäre es, wenn das Papa oder Mama ist.“ Nach einer Einweisung auf der „Fahrschulstrecke“ folgt eine Fahrzeit von fünf Minuten auf der großen Bahn. „Bei mehrfachem Fehlverhalten gibt es auch Disqualifikationen.“ Und der Start soll einen kleinen Betrag kosten.

Der Fortschritt des Projekts ist unter www.g2.emk-gerstetten.de/carrera2/ zu verfolgen. Treffen der EMK-Jungschar ab der ersten Klasse ist montags um 17 Uhr (Jungen) und freitags um 16.15 Uhr (Mädchen).