Comedy

Zwischen Baguette-Bomben und Schlafzimmerblick: Mademoiselle Mirabelle verzaubert im Bahnhotel Gerstetten

Mademoiselle Mirabelle brachte mit Charme und Chanson Savoir-vivre in den Stucksaal Gerstetten - wobei auch die Krötenwanderung eine Rolle spielte

Die Franzosen sind die besseren Liebhaber und ständig am Flirten. So will es das Klischee. Und sie haben immer ein Baguette unter dem Arm. So hatte auch Mademoiselle Mirabelle das wohl französischste aller Backwerke unter dem Arm, als sie am Freitagabend die Bühne des Stucksaals im Bahnhotel Gerstetten betrat. Und ließ es gleich mal flittern: Das Brot entpuppte sich als Konfettibombe, aus dem es Glitzer regnete.

Schon war sie mittendrin in ihrer Show mit dem schönen Namen „Guillotine d’amour“, von der sie selbst sagt, sie suche weder die Tiefen des Tiefgangs noch die der Politik, eine „Musique-Comedie mit plüschigem Humor und daunigen Launen“. Dass dazu noch eine gehörige Portion jenes Charmes kommt, der den Französinnen im Allgemeinen und den Pariserinnen im Besonderen nachgesagt wird, das steht nicht in der Beschreibung, stimmt aber: Sehr selbstbewusst, sehr verführerisch und immer ein bisschen unwirsch, da trifft Mademoiselle Mirabelle immer ins Schwarze. So auch an diesem Abend. Ganz zu schweigen davon, dass es natürlich höchst beeindruckend ist, über zwei Stunden lang einen Akzent beizubehalten, der nicht der eigene ist.

Vokabeltest und Lalala

In diesem für deutsche Ohren immer ein bisschen nach Flirt klingenden Akzent suchte Mademoiselle Mirabelle immer wieder die Interaktion mit dem Publikum: „Mister Rischtisch“ war immer dann gefragt, wenn es um Bestätigung ging, Matthias und Rainer als Tanzpartner und dann und wann ein Mann aus dem Publikum, der als schlechtes Beispiel dienen durfte. Das kam an – beim vorwiegend weiblichen Publikum – und generierte immer wieder Lacher. Und alle durften mitmachen beim großen Vokabeltest und bei der neuen Rap-Version von „Sur le pont d’Avignon“. Und natürlich bei Michel Delpechs Dauerbrenner „Pour un flirt“, den er freundlicherweise mit einem großen „Lalala“-Part versehen hat.

Diesen Dauerbrenner gab’s gleich zweimal: Einmal in der verheißungsvollen Négligé-Version, die auch zu Betrachtungen über die Unterschiede zwischen deutschen und französischen Frauen führte. In einem Négligé mit seinen „hauchdünnen Feenflügeln wie der Atem eines Einhorns“ stelle sich ganz von selbst das Gefühl ein, man sei von Kameras umgeben und nicht etwa vom Staubsauger. Kein Wunder also, dass in Frankreich eher der Schlafzimmerblick anzutreffen sei als der hierzulande vertraute Küchenblick. Das gilt auch für den „Mischmund“, den das Publikum an diesem Abend beigebracht bekam: ein bisschen Küssen, ein bisschen Schmollen – fertig.

Leicht und locker zu genießen

Wie viele der vielen Besucher an diesem Abend – der Stucksaal war ausverkauft – diesen Mischmund tatsächlich im Alltag ausprobieren werden, darüber kann nur spekuliert werden. Sehr klar hingegen ist, dass sich das Publikum bestens amüsiert hat: Mademoiselle Mirabelle sang, spielte, scherzte, animierte, kritisierte, servierte aus dem „Thermomix der Gefühle“ und ließ kaum ein Klischee über Frankreich aus – Krötenwanderung wurde bei ihr beispielsweise zu „All you can eat“. Machen Franzosen das überhaupt? Egal. Zu diesem Punkt hatte La Mirabelle das schöne Lied „Également – Egal“ nach der Melodie von France Galls „Ella, elle l’a“ parat und die „Égalité“ wurde bei ihr zur Gleichgültigkeit. Die darf dann auch ruhig ein bisschen Punk haben: Plastic Bertrands „Ça plane pour moi“ wurde zur „Égalité“ und in das bekannte „Uh-Uh-Uh-Uh“ stimmte das Publikum locker ein.

Der Abend war schräg wie eine Gitanes im Mundwinkel, skurril wie die Leidenschaft der Franzosen für gestreifte T-Shirts, schrill wie ein Macaron und so luftig-fluffig wie ein Soufflé, eine Mischung also, wie gemacht zum Abschalten, als säße man im Urlaub bei einem abendlichen Spaßprogramm, leicht und locker zu genießen. Und ist nicht die Kunst, das Leben zu genießen, ebenfalls typisch französisch? Das berühmte Savoir-vivre konnte an diesem Abend bestens zelebriert werden. Und das beinhaltet ja auch ein Verhalten, das in jeder Situation höflich und zuvorkommend ist. Viel Applaus gab es für Mademoiselle Mirabelle.

La Comédie Night im Lokschuppen

Am 27. Dezember wird Mademoiselle Mirabelle im Lokschuppen zu erleben sein. Dann moderiert sie die "Comédie Night", in der verschiedene Kabarettisten und Komödianten in einer "Show de mix" auftreten.

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