Seit Kurzem ist der bunt geschmückte Osterbrunnen bei der Gemeindehalle in Hohenmemmingen zu bewundern. Die Idee geht auf Monika Bader zurück, die ehemalige Vorsitzende der örtlichen Landfrauen. Im Jahr 2001 beschloss der Verein, den Brunnen erstmals zu schmücken. Zusammen mit der Stadt Giengen wurde der Standort an der Staufener Straße besichtigt. „Der Bauhof stellte das Grundgerüst zur Verfügung“, erzählt Bader.

Zwischen die Plastikeier mischten sich im ersten Jahr noch viele echte Exemplare – aufwändig von Hand ausgeblasen, marmoriert und auf Stäbchen gesteckt. Ab 2003 stieg man aus praktischen Gründen vollständig auf Kunststoff um. Anfangs waren es 600 Eier, dann 800 – inzwischen sind es über 1000, die aufgefädelt den Brunnen schmücken. 2017 bekamen die Eier eine Generalüberholung: Beschädigte wurden aussortiert, alle anderen neu bemalt – in einheitlichen Farben, die eine symbolische Bedeutung tragen.
Verankert im fränkischen Osterbrauch
Die Landfrauen hatten den Osterbrunnen-Brauch in anderen Gegenden kennengelernt – und wollten ihn nach Hohenmemmingen holen. Angesichts weltweiter Gefährdung des Lebenselementes Wasser soll das Schmücken der Brunnen und Quellen deren Bedeutung wieder stärker ins Bewusstsein rücken. Auch das Ostergeschehen soll durch den Schmuck sichtbar werden.
Das Ei steht in der christlichen Tradition seit dem 12. Jahrhundert für die Auferstehung von Jesus Christus. Wie das Küken aus dem Ei, so sei Christus aus dem Grab hervorgegangen. Schale, Eiweiß und Eigelb stehen sinnbildlich für Grabtuch und Leib Christi. Die Eier am Osterbrunnen sollen daher an neues Leben und die Auferstehung erinnern. Der Kranz aus immergrünen Zweigen symbolisiert den Siegeskranz. Auch die Farben der Eier haben eine Bedeutung: Rot steht für Liebe und das Opferblut Jesu, Gelb und Gold für Licht, Auferstehung und Ewigkeit – Grün für Hoffnung und neues Leben, sowie Blau für Treue, Glauben und den Himmel.
Eine Krone aus 22 Jahren Handwerkskunst
Die Spitze des Gerüsts, auch Krone genannt, schmückt beim Brunnen in Hohenmemmingen eine Reihe rein weißer Eier. Seit 2003 steckt und flicht Elise Wiedenmann die kunstvolle Konstruktion. Die heute 92-Jährige übernimmt diese Aufgabe also von Anfang an – nun schon seit 22 Jahren. Das Kreuz und die Holzhasen wurden in einer Schreinerei gefertigt. Beide Elemente arrangiert das Team sowohl an der Spitze als auch im Korb in der Mitte des Brunnens.

Zwischen 16 und 20 Personen arbeiten laut Bader jedes Jahr an dem Projekt. „Jeder hat so seine Aufgaben. Wir haben uns über die Jahre schon eingespielt. Die einen holen das Grün, die anderen kümmern sich um die Eier“, sagt Bader. Früher benötigten sie insgesamt vier Tage zum Aufstellen und Schmücken, heute reichen zwei: „Einen Tag zum Aufstellen, einen zum Schmücken.“ Am Ende wird das fertige Gerüst mit einem Traktor auf den Brunnen gehoben. Je nach Zustand des Grüns wird der Brunnenschmuck spätestens zum 1. Mai entfernt – manchmal auch schon Ende April.
Mehr zur Herkunft des Brauchs
Die Tradition, Brunnen zu Ostern zu schmücken, stammt ursprünglich aus der Fränkischen Schweiz in Bayern. Der älteste bekannte Osterbrunnen wurde 1909 im Ort Aufseß gestaltet. Der Brauch entstand aus der Wertschätzung für sauberes Wasser und als Zeichen des Frühlings und der Auferstehung. Von Franken aus verbreitete sich die Idee über viele Regionen Süddeutschlands. Heute gibt es Osterbrunnen auch in Österreich und Südtirol. Besonders gepflegt wurde der Brauch nach dem Zweiten Weltkrieg – oft von Frauenvereinen oder Landfrauen, die ihn regional verbreiteten.