Am Ende des Feldversuchs

Zwischen Vision und Realität: Giengens Geißenmarkt auf dem Weg zur grünen Stadtoase

Anwohnerinnen und Anwohner wollen den Geißenmarkt in Giengen in eine Stadtoase verwandelt wissen. Nach einem Pilotversuch mit mobilem Mobiliar ziehen Initiatoren und Stadtverwaltung ein erstes Fazit. Sicher scheint: Das Ende der Fahnenstange ist bis jetzt nicht erreicht.

Im Schatten einer Baumkrone sitzen, ein kühles Getränk im Glas, dabei mit den Nachbarn plaudern oder dem Vogelgezwitscher lauschen. Dieses Bild baut sich vor dem geistigen Auge auf, wenn man Hartmut Gräter zuhört. Der Giengener gehört zu den Initiatorinnen und Initiatoren der Stadtoase und pflegt die Hoffnung, dass diese Vision für den Geißenmarkt nach und nach Realität wird. „Ich bin ein Idealist und Überzeugungstäter“, sagt Gräter und lacht.

Ein erster sichtbarer Schritt gelang im September vergangenen Jahres, als im Geißenmarkt sogenannte mobile Stadtmöbel aufgestellt wurden. Verteilt auf die rund einhundert Meter lange Straße waren dies sechs Baumkästen, zwei Pflanzkästen, zwei begrünte Sitzelemente, ein Sandkasten mit Sitzbereich, Fahrradbügel und eine Info-Stele entlang der Straße verteilt.

Das Ziel: Weniger Verkehr im Geißenmarkt

Dieses Mobiliar in der historischen Gasse ist nicht einzigartig, sondern Teil eines Programms des baden-württembergischen Verkehrsministeriums, das zum Ziel hat, Ortsmitten barrierefrei und lebenswert zu gestalten. Eigentlich sollten die am 11. September aufgestellten Möbel Mitte Dezember schon wieder abgebaut werden, allerdings wurde der Zeitraum bis Ende März verlängert. Zwischenzeitlich wurde seitens der Stadt auch die Beschilderung der verkehrsberuhigten Zone fest montiert.

Die Initiative ging von Anwohnerinnen und Anwohnern des Geißenmarkts aus, die sich schon seit Längerem wünschen, dass es in ihrem Sträßchen weniger Verkehr und mehr Aufenthaltsqualität geben soll. Vor knapp einem Jahr, im April 2024, haben sie für ihr Ziel sogar demonstriert, wobei diese Kundgebung streng genommen so aussah, wie sich die Initiatoren das Leben am Geißenmarkt vorstellen: als Nachbarschaftsfest mit gemeinsamem Kochen und Essen.

Henle: Sitzmöbel kaum genutzt

Wie erfolgreich der Feldversuch mit Kübeln und Sitzgelegenheiten war, wollen die Stadtverwaltung und die Initiatorengruppe erst noch untersuchen, Einschätzungen gibt es aber bereits. Oberbürgermeister Dieter Henle geht davon aus, dass die Baumkästen die Straße in Form von Barrieren „den Durchgangsverkehr unattraktiver“ gemacht haben. Zudem wurden Stellplätze markiert. Die Begrünung kam Henle zufolge zwar gut an, dafür wurden die Sitzmöglichkeiten kaum genutzt, womöglich auch dem Projektzeitraum geschuldet. „Insgesamt hat sich die Ausrüstung mit dem Stadtmobiliar nur teilweise bewährt“, so Henle.

Zudem hätten einige Anwohnerinnen und Anwohner Probleme mit den neu markierten Parkplätzen gegenüber von Ausfahrten gemeldet. Nicht bestätigt hätten sich nach Ansicht des Oberbürgermeisters Befürchtungen, für die Müllabfuhr könnten Engpässe entstehen. Dies sei bei Fahrversuchen widerlegt worden.

Bei der „Stadtoase“-Gruppe ist man „sehr erfreut über die Unterstützung der Stadt“, so Hartmut Gräter. Man werte es als Erfolg, bei der Verwaltung ein offenes Ohr gefunden zu haben. Gräter bekräftigt aber auch, dass man sich mittelfristig „echte“ Bäume für den Geißenmarkt wünsche, wohl wissend, dass da auch planerisch dicke Bretter zu bohren sind, weil im Untergrund etliche Leitungen verlegt sind. Auch in Sachen Stellplätze seien Optimierungen möglich. Daher setzt Gräter auch darauf, dass sich alle Beteiligten bald an einen Tisch setzen – oder noch besser: sich beim Flanieren im Geißenmarkt treffen.

Die doppelte Schranne

Die vor fast 30 Jahren als Bürgerhaus eröffnete Schranne ist nicht nur in Giengen ein Begriff. Weit weniger geläufig ist, dass sie eine ältere Schwester hat: Neben der früheren Backerei Diefenbacher hebt sich die alte Schranne in die Höhe, deren Grundsteine im 16. Jahrhundert gelegt wurden. Der Name Schranne ist dabei kein nur in Giengen verwendeter Begriff. In Süddeutschland wurden früher die Markthallen bezeichnet, in denen das Getreide aus der Umgebung gehandelt wurde.

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