Kleintierzüchterverein

Attraktion vor Ostern in Mergelstetten: Wie das Küken aus dem Ei schlüpft

Im Vereinsheim der Kleintierzüchter in Mergelstetten geht es kurz vor Ostern nicht um buntbemalte Eier, sondern um solche, aus denen bald ein Küken schlüpft. Das Schaubrüten ist vor allem für Familien mit Kindern ein Anziehungspunkt.

Das Wunder ereignet sich in einem Glaskasten mit geschätzten 50 Zentimeter Kantenlänge. Auf einem Gitter liegen weiße und braune Eier. Auch zwei leere Schalen sind dabei. Zwischen den Eiern liegen zwei winzige Küken mit nassem, braunem Flaum. Gelegentlich stehen sie auf, tapsen zwischen den Eiern umher, picken probeweise an den Eiern und legen sich dann wieder hin. Sie haben etwas sehr Anstrengendes geschafft: Von innen haben sie mit ihrem Eizahn die Schale des Eis aufgepickt, um sie schließlich aufzustemmen und sich selbst herauszuquetschen aus der Hülle, in der sie die letzten 21 Tage herangewachsen sind.

Ein braunes Ei hat schon eine aufgebrochene Spitze, aber noch immer dauert es viele Minuten, bis das Küken es schafft, sein Köpfchen an die Luft zu stecken. Obwohl hier auf den ersten Blick nicht viel passiert, sind die vielen Kinder und Erwachsenen, die den Brutapparat im Vereinsheim des Kleintierzüchtervereins Mergelstetten umringen, gleichermaßen geduldig wie fasziniert.

Küken wie aus dem Bilderbuch: Gelb sieht allerdings nur der Nachwuchs von weißen Hühnerrassen aus, bei anderen Hühnern sind die Küken bräunlich. Rudi Weber

Schon seit 13 Jahren lädt der Verein kurz vor Ostern dazu ein, diesem kleinen Wunder der Natur beizuwohnen, das für die Geflügelzüchter selbst keine große Besonderheit ist: Ihr Nachwuchs kommt immer aus dem Brutapparat. Dieser sieht aus wie eine Art Ofen, die Temperatur darin liegt für Hühnereier bei 37,8 Grad und die Küken picken sich in Gitterschubladen aus ihren Schalen. „Hühner sind Nestflüchter“, erläutert Hanspeter Wagner, der Vorsitzende des Vereins. Er selbst ist seit bald 50 Jahren Geflügelzüchter und kennt sich bis ins kleinste Detail mit den Tieren aus.

Die Küken brauchen Wärme und Anleitung zum Fressen

Eine Bindung zwischen Muttertier und Nachwuchs, wie sie bei Säugetieren entsteht, gibt es bei Vögeln nicht. Was die frischgeschlüpften Piepmatze brauchen, ist Wärme und jemand, der sie an Wasser und Futter heranführt. Dabei lernen die nur wenige Stunden alten Tiere schnell: Der Züchter stupst den Schnabel ins Wasser, lockt mit „Putt-putt“-Geräuschen und Fingerklopfen zum Körnerfutter – und schon klappt die Aufnahme von Wasser und Nahrung.

Hanspeter Wagner vor einer Schublade aus dem Brutapparat. Mit einer Schierlampe durchleuchtet er die Eier, um zu erkennen, ob sie befruchtet sind und wie die Embryos sich entwickeln. Rudi Weber

Der Kleintierzüchterverein Mergelstetten hat 228 Mitglieder, wovon rund 40 aktive Züchter sind. Das Nachwuchsgeflügel wird rund vier Monate lang aufgezogen, bevor die Tiere selektiert werden, die den Musterbeschreibungen der jeweiligen Rasse am besten entsprechen. „Wir sortieren nach Schönheit“, sagt Hanspeter Wagner. Weibliche Tiere, die nicht den Zuchtkriterien entsprechen, finden oft als Legehühner einen neuen Besitzer, Hähnchen werden geschlachtet.

Wir sind die Basis dafür, dass die Artenvielfalt erhalten bleibt.

Hanspeter Wagner, Vorsitzender des Kleintierzuchtvereins Mergelstetten

Während für die landwirtschaftliche Massenproduktion nur sogenannte Hybridhühner gehalten werden, die entweder besonders viele Eier legen oder besonders schnell viel Fleisch ansetzen, kümmern sich die Geflügelzüchter um den Erhalt der vielen Hühnerrassen mit ihren verschiedenen Eigenschaften und Farben. „Wir sind die Basis dafür, dass die Artenvielfalt erhalten bleibt“, sagt Hanspeter Wagner.

Der Andrang im Vereinsheim in Mergelstetten, am Ortsausgang gegenüber von Schwenk gelegen, ist groß: Um die 1000 Besucher seien es im letzten Jahr gewesen, erzählt Hanspeter Wagner. Diesmal fürchtet er, es könnten weniger Menschen kommen. Denn bislang durften die Kinder die flauschigen Küken auch auf die Hand nehmen, natürlich unter Aufsicht der Züchter. Dies wurde aber diesmal vom Veterinäramt untersagt, aus Gründen des Tierschutzes. Der Stress für die Küken sei zu hoch, so die Begründung. Die Kleintierzüchter haben sich der Auflage gefügt, es wird nur noch geschaut. Aber auch so lernen die Kinder kurz vor Ostern zumindest, dass Hasen mit Eiern nichts zu tun haben – und dass die Wunder der Natur oft still und langsam geschehen.

Der Kükenschlupf kann auch am Samstag, 19. April, von 10 bis 17 Uhr noch beobachtet werden. Der Weg ist ab der Kreuzung Carl-Schwenk-Straße/Hainenbachstraße ausgeschildert (KIZV).