Überdimensioniert. Überteuert. Überflüssig. Je mehr Menschen dieser Tage gerne an den Säulen der Demokratie sägen, desto häufiger richten sich ihre Anwürfe auch gegen den Bundestag: zu groß, zu kostspielig, zu wenig sinnvoll. Stimmt das? Weil sich nicht alle Bürger ein unmittelbares Bild vor Ort in Berlin machen können, kommt das Parlament eben zu ihnen – mit einer Ausstellung, die in dieser Woche in der Heidenheimer Stadtbibliothek zu sehen ist.
Zu den Segnungen der Demokratie gehört die Möglichkeit, sich frei über gesellschaftliche Mechanismen und Zusammenhänge zu informieren. Dazu zählt das breitgefächerte Geschehen rund um die direkt gewählten Volksvertreter. Wie kommen sie zu ihren Mandaten? Welche Aufgaben sind damit verbunden? Wie kann sich die Öffentlichkeit am politischen Tagesgeschehen beteiligen? Das sind nur wenige der sich stellenden Fragen, auf die 16 Schautafeln und zehn Monitore Antworten liefern. Sie sollen alle Interessierten in die Lage versetzen, fundierte Kritik zu üben.
Vier thematische Schwerpunkte
Vier große Abschnitte befassen sich mit den Themen Parlament, Abgeordnete, Aufgaben des Parlaments und Bürgerservice. Im Unterschied zu früher ist niemand mehr gefordert, lange Texte von Stellflächen abzulesen, den Wänden des Ausstellungsraums mühsam lexikalisches Wissen bis an die Grenze der Aufnahmefähigkeit abzuringen.
Das im vergangenen Jahr überarbeitete Konzept der Ausstellung ist vielmehr in der medientechnischen Neuzeit gelandet: QR-Codes bieten die Gelegenheit, übers Smartphone zu vertiefenden Erläuterungen und Filmen zu gelangen. Und wer sehen möchte, wie der Plenarsaal und die zum Bundestag gehörenden Gebäude von innen aussehen, kann sich an einem großen Bildschirm mit dem Finger auf Entdeckungstour begeben.
Auf vergleichbare Weise hatte die hiesige SPD-Bundestagsabgeordnete Leni Breymaier unter dem Eindruck der Corona-Kontaktverbote versucht, Interessierten das Innenleben des Parlaments nahezubringen: mit Handy-Liveübertragungen. Allerdings gibt’s zwischen den historischen Mauern nicht durchgängig passablen Empfang, sodass sich das Unterfangen als begrenzt tauglich erwies.
Schöner, so räumte die Politikerin am Montagabend bei der Eröffnung der von ihr nach Heidenheim geholten Ausstellung ein, sei ohnehin ein Besuch in der Bundeshauptstadt. Aber für alle, die nicht dorthin kommen wollten oder könnten, biete die Schau wichtige Einblicke. Wichtig, „weil die Arbeit im Bundestag hibbeliger geworden ist, seit dort Menschen sitzen, die die Demokratie nicht zu schätzen wissen, sondern sie sogar zerstören wollen“, so die familienpolitische Sprecherin ihrer Fraktion. Vor diesem Hintergrund zeigte sie sich erfreut darüber, dass am ersten Tag drei Schulklassen die Ausstellung besuchten, weitere sich angekündigt hatten.
Politische Bildung wichtig
Die Bedeutung politischer Bildung hob auch Oberbürgermeister Michael Salomo hervor. Als faszinierend empfinde er, „wie viel der Staat bewegt, das uns vor Ort etwas bringt“. 75 Jahre nach Inkrafttreten des Grundgesetzes sei ihm besonders wichtig, darauf hinzuweisen, welche Aufgabenverteilung darin festgeschrieben sei, und dass mit Blick auf konkrete Mitwirkungsmöglichkeiten den Parteien die Aufgabe der politischen Willensbildung zukomme. „Im Bundestag schlägt das Herz unserer Demokratie“, sagte Salomo.
Ausstellung bis Freitag zu sehen
Zu sehen ist die Wanderausstellung des Deutschen Bundestags noch bis einschließlich Freitag, 25. Oktober, während der üblichen Öffnungszeiten der Stadtbibliothek im Margarete-Hannsmann-Saal: mittwochs von 10 bis 19 Uhr, donnerstags und freitags von 10 bis 18 Uhr.