Auf Schloss Hellenstein lebt ein Drache. Der ernährt sich ausschließlich von sauren Gurken, Pralinen und Pommes und speit Flammen aus Krepppapier. Und eigentlich haust er auch gar nicht auf Schloss Hellen-, sondern auf Schloss Wolkenstein. Denn für die kommenden sieben Monate nehmen die Gemäuer auf dem Schlossberg einen etwas anderen Titel an. Warum? Weil „Kiku“. Entgegen seinem Namen hat „Kinder und Kunst“ seine Jugendzeit nämlich schon vor geraumer Zeit hinter sich gelassen und feiert heuer den 40. Geburtstag. Diese 40 Kerzen auf dem Kuchen zelebriert „Kiku“ mit einer Jubiläumsausstellung im Schlossmuseum: „Im Labyrinth von Schloss Wolkenstein“.
Wenn Wolkenstein samt dem zugehörigen Labyrinth nun am kommenden Sonntag, 30. März, eröffnet wird, wird dort so einiges zu sehen sein. Und so manches nicht. Noch nicht. Denn ganz bewusst kokettiert „Kiku“ mit der Frage, was wäre, wenn eine Ausstellung nicht statisch sei, sondern unablässig weiterwachse. Rund 250 Menschen im Alter von 5 bis 86 Jahren haben sich an der Jubiläumsschau beteiligt, doch wenn es nach Anja Marrack und Marco Hompes geht, wird die Zahl der kreativen Köpfe während der nächsten sieben Ausstellungsmonate beständig steigen – genauso wie die Zahl der Kunstwerke.
„Trash Train“, „Unterwasserwelt“ und nun „Im Labyrinth auf Schloss Wolkenstein“
„Die Ausstellung darf und soll sich verändern“, sagt Marrack, die die Leitung des Bereichs Bildung und Vermittlung bei den Museen der Stadt Heidenheim innehat. „Egal, wann man die Ausstellung besucht, sie wird jedes Mal anders aussehen“, ist sie sich sicher. Und Kunstmuseumsleiter Hompes ergänzt: „Wir sind dieses Mal nicht mit einem kuratorischen Konzept an die Sache herangegangen, sondern es sollte sich organisch entwickeln.“
Gegenüber den „Kiku“-Kindern stellten die Dozentinnen zu Beginn des Projekts die Frage, was ihnen denn beim Begriff „Schloss“ einfalle. Luftschloss kam dabei raus. Traumfabrik ebenfalls. Und nicht zuletzt Wolkenstädte. Nachdem von Mitte 2014 bis Februar 2015 der „Trash Train“ umherfuhr und bis März 2020 das Kunstmuseum in eine „Unterwasserwelt“ abtauchte, schwingt sich diese „Kiku“-Ausstellung also in so luftige wie fantastische Sphären.
Die Ausstellung darf und soll sich verändern.
Anja Marrack, Leiterin Bereich Bildung und Vermittlung bei den Museen der Stadt Heidenheim
Bereits im Eingangsbereich des Schlossmuseums warten überdimensionierte Kleidungsstücke auf, die direkt aus „Alice im Wunderland“ gesprungen zu sein scheinen und ganz explizit zum Berühren und Interagieren auffordern. Drei Traumportale führen in weitere Ausstellungsbereiche, darunter in die Schlosskirche, in der eingangs erwähnter Drache sein Nest gebaut hat. Ein noch recht karg anmutender Traumbaum entspringt direkt gegenüber; auch er soll im Verlauf der Ausstellung aufblühen.
Das Herzstück der Ausstellung ist wohl das titelgebende Labyrinth im Obervogteisaal. Eine Reise durch die Wolken, begleitet von gebastelten Vögeln, führt auf einen kaum enden wollenden Pfad entlang Schloss Wolkenstein: Kasperletheater und Gruselkammer, Kuschelecke und Musikzimmer, Draht-Spinnennetze und Zauberkisten. Die Liste der Kunstwerke ist lang. Nicht nur „Kiku“ ist daran beteiligt, auch die örtliche Musikschule, das Naturtheater, die Stadtbibliothek, der Heimat- und Altertumsverein, das Fechtzentrum sowie das Lichtkunstfestival tragen ihren Teil zur Ausstellung bei.

Im Fokus von Schloss Wolkenstein liegt laut Anja Marrack nicht zuletzt die Verzahnung der Ausstellung mit der Historie des Schlosses. So wird etwa das Leben des württembergischen Herzogs Friedrich I. und seiner Frau Sibylla von Anhalt mit den zehn gemeinsamen Kindern beleuchtet, die nach Ansicht der „Kiku“-Kinder natürlich alle fantastische Haustiere haben mussten. „Hinweistafeln geben den historischen Kontext, ohne dass dabei der didaktische Daumen draufgedrückt wird“, erklärt Marrack.
Stattdessen bleibt die Schau spielerisch – und haptisch. An praktisch jeder Ecke kann gestempelt, gekurbelt, gezupft, geklopft und getatscht werden. Eine „Mach-mit-Ausstellung“. Und eine, bei der kein Ausstellungsarchitekt angeheuert wurde. Stattdessen habe Marco Hompes viel freie Hand gelassen und nur dann und wann kuratorisch unterstützt. „Das Endergebnis sieht zwar nicht immer piekfein aus, aber das muss und soll es ja auch nicht“, findet der Kunstmuseumsleiter.
Am Ende ganz andere Ausstellung als zu Beginn
Überhaupt steckt in dieser Ausstellung viel von den Kindern selbst. Die Dozentinnen haben laut Anja Marrack nur Ideenanstöße gegeben, für die Ausarbeitung hätten die Kinder sich frei ausleben dürfen. Es solle kein starres Geben oder gar Vorgeben sein, sondern ein Interagieren, ein kreativer Dialog. Sieben Monate lang wird dieses Gespräch fortgeführt, ehe die „Kiku“-Ausstellung im Oktober ihren Abschluss findet – und das Labyrinth auf Schloss Wolkenstein wohl ein ganz anderes sein wird als noch zu Beginn.
Vernissage am Sonntag, 30. März
Eröffnet wird „Im Labyrinth von Schloss Wolkenstein“ mit einer Vernissage am Sonntag, 30. März, ab 15 Uhr. Die Ausstellung läuft bis Sonntag, 26. Oktober. Informationen zum Begleitprogramm und sämtlichen Veranstaltungen gibt es unter kinder-und-kunst.de. Schulen, Kindergärten oder Vereine, die sich mit Projektideen oder Gestaltungsvorschlägen an der Ausstellung beteiligen wollen, können sich unter museenvermitteln@heidenheim.de melden.