Amsel-Kontaktgruppe

So unterstützen sich Menschen mit Multipler Sklerose im Landkreis Heidenheim gegenseitig

Jutta Hönig und Birgit Burkhard leiten die Heidenheimer Selbsthilfegruppe für Menschen, die von Multipler Sklerose betroffen sind. Beide haben gelernt, mit ihrer Krankheit zu leben und geben ihre Erfahrungen gerne weiter.

Ein Missverständnis möchte Jutta Hönig vorneweg ausräumen: „Wir sind kein Vogelverein.“ Diese falsche – oder vielleicht auch nicht immer ganz ernst gemeinte – Annahme entstehe häufiger, wenn Menschen „Amsel-Kontaktgruppe“ hören und den Zusammenhang nicht kennen: Die Abkürzung Amsel steht für „Aktion Multiple Sklerose Erkrankter Landesverband Baden-Württemberg“. Es handelt sich um eine Selbsthilfegruppe von Menschen, die an der chronischen Nervenerkrankung leiden. Zwei von ihnen sind Jutta Hönig und Birgit Burkhard. Die beiden Frauen leiten die Heidenheimer Kontaktgruppe.

Wunsch nach Information und Austausch

Als Jutta Hönig vor 23 Jahren die Diagnose Multiple Sklerose bekam, konnte sie zunächst mit der Krankheit wenig anfangen. „Ich habe nur gedacht: Rollstuhl“, erinnert sie sich. Den benötigt die 58-Jährige glücklicherweise bis heute nicht. Zwei Jahre nach ihrer Diagnose schloss sich Jutta Hönig der Amsel-Kontaktgruppe an. Zunächst war es vor allem der Wunsch nach Informationen, aber auch der Austausch mit anderen Betroffenen wurde für die Hermaringerin sehr schnell wichtig. „Es tut einfach gut, mit Menschen zu sprechen, die wissen, wovon man redet“, sagt sie.

Man sagt auch, es sei die Krankheit der 1000 Gesichter.

Jutta Hönig, Amsel-Kontaktgruppenleiterin

Dabei hat nicht jeder, der an Multipler Sklerose erkrankt, dieselben Symptome. „Man sagt auch, es sei die Krankheit der 1000 Gesichter“, erläutert Jutta Hönig. Es handelt sich um eine Autoimmun-Erkrankung, bei der der Körper die Schutzhüllen der Nervenbahnen angreift und zerstört. Das kann an verschiedenen Stellen im Körper passieren, sodass auch die Auswirkungen unterschiedlich ausfallen. Die Symptome reichen von Taubheitsgefühlen, Lähmungen und Schmerzen über Seh- und Konzentrationsstörungen bis zu Blasenproblemen und starker Müdigkeit (Fatigue).

Birgit Burkhard hatte 2012 zunächst die Befürchtung, sie hätte einen Schlaganfall erlitten, nachdem sich die Krankheit bei ihr als halbseitige Lähmung geäußert hatte. Nach einem gründlichen Check im Klinikum wurde die Diagnose Multiple Sklerose gestellt. Bis sie zur Selbsthilfegruppe fand, dauerte es aber noch zehn Jahre. „Ich habe mich am Anfang selbst durchgewurstelt“, sagt sie heute. In ihrem Umfeld gab es keine anderen Betroffenen. Während der Corona-Pandemie meldete sie sich zunächst per E-Mail bei der Amsel-Kontaktgruppe, ab 2022 war sie dann auch bei den monatlichen Treffen dabei. Relativ schnell fand sich die 48-Jährige bereit, Jutta Hönig bei der Leitung der Gruppe zu unterstützen.

Die Treffen im Gasthaus Linde in Heidenheim finden in zwangloser Atmosphäre statt. „Wir sind kein Sitzkreis, bei uns muss sich niemand offenbaren“, betont Jutta Hönig. Man isst und trinkt, spricht über die Krankheit – oder auch nicht, denn es gibt ja noch viele andere Themen, über die man sich austauschen kann. Oft könne man aber von Erfahrungen profitieren, die die anderen Teilnehmer gemacht haben, sei es mit bestimmten Medikamenten oder mit Kliniken, in denen Reha-Aufenthalte für MS-Erkrankte angeboten werden.

Wichtig ist für Jutta Hönig und Birgit Burkhard auch, Ausflüge oder Feiern anzubieten, an denen jeder trotz seiner Einschränkungen teilnehmen kann. Mobilität ist für fast alle MS-Erkrankten ein Thema, oft ist der Gleichgewichtssinn gestört, die Beinmuskulatur geschwächt oder die Betroffenen sind tatsächlich auf einen Rollator oder Rollstuhl angewiesen. Dann werden Rollstuhl-Taxis organisiert, damit auch diejenigen mit zu einer Theateraufführung oder einem Kaffeenachmittag kommen können, die sonst nicht mehr so mobil sind. „Dafür sammeln wir Geld beispielsweise bei Basaren“, erzählt Jutta Hönig. Unterstützung bekommt die Gruppe aber auch schon seit Jahrzehnten vom Lionsclub Heidenheim, den Naturfreunden Giengen oder der Laienspielgruppe Böhmenkirch.

Krankheit verläuft in Schüben

Multiple Sklerose, von der Frauen häufiger betroffen sind als Männer und die oft zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr ausbricht, ist nicht heilbar, kann aber mittlerweile gut behandelt werden. Die Symptome kommen in Schüben, mittlerweile gebe es aber Dauermedikamente, die das Fortschreiten der Krankheit verhindern können. Wichtig sei aber auch Physiotherapie, ergänzt Birgit Burkhard, um die Muskeln aufzubauen und das Gleichgewicht zu stärken. Gegen die psychischen Auswirkungen, die die chronische Krankheit haben kann, helfen auch die Treffen der Amsel-Kontaktgruppe: „Das baut einen auf“, sagt Jutta Hönig. „Man fühlt sich nicht mehr so alleine“, ergänzt Birgit Burkhard. Dafür sorgen nicht zuletzt auch die beiden Gruppenleiterinnen, die sich um die Organisation der Selbsthilfegruppe kümmern.

Kontakt zu den Gruppenleiterinnen

Das nächste Treffen der Amsel-Kontaktgruppe findet am Donnerstag, 15. Mai, um 19 Uhr im Gasthaus Linde in Heidenheim statt. Kontaktieren kann man die beiden Gruppenleiterinnen auch telefonisch oder per E-Mail: Jutta Hönig, Tel 07322.23311, jutta@hoening-giengen.de, Birgit Burkhard, Tel. 0157.76836558, heidenheim@amsel.de. Im Internet gibt es Infos auf www.amsel.de/heidenheim.