Vier Jahrhunderte alt

Wie der Heidenheimer Talhof jetzt über seine Geschichte informiert

Die Geschichte des Heidenheimer Talhofs reicht etwa 400 Jahre zurück. Im Ugental informiert der landwirtschaftliche Betrieb jetzt über diese lange Zeitspanne.

Wie viel Wasser trinkt eine Kuh am Tag? Die Antwort auf diese Frage verbirgt sich auf einer der drei Infotafeln, die seit Kurzem beim Talhof stehen. Interessierte finden dort noch viel mehr Wissenswertes: Details zur rund 400-jährigen Geschichte des landwirtschaftlichen Betriebs am Eingang des Ugentals.

Manch Bedeutsames liegt abseits des hellen Scheinwerferlichts, geht nicht mit seiner Besonderheit hausieren. Und so dürfte vielen nicht bekannt sein, dass der Talhof in Heidenheims Westen drittältester Demeter-Betrieb weltweit ist. Rüdiger Spiegel, der den Hof zusammen mit seiner Frau Martina seit 2014 betreibt und die Abläufe aus dem Effeff kennt, trug deshalb schon länger die Idee in sich, den vielen Menschen, die jeden Tag auf der kleinen Straße ins Ugental hinein unterwegs sind, Informationen über die Entwicklung des Talhofs an die Hand zu geben.

Eichenholz stammt aus dem Ugental

„Ich finde es ungeheuer spannend, der Geschichte nachzuspüren, aber mir war schnell klar, dass das zu viel für uns zwei sein würde“, sagt Spiegel rückblickend. Er holte deshalb Mitstreiter vom Verein „Talhof erleben“ ins Boot. Einige Zeit verging schließlich von der Idee bis ihrer Umsetzung, die jetzt an der Hofeinfahrt zu sehen ist: drei übermannsgroße Holzstelen – gefertigt aus dem Stamm einer Eiche, die Spiegel unweit des Hofs gefällt hat -, darauf Tafeln, die die Historie in zeitliche Blöcke gliedern.

Alles beginnt in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts, als sich der Scharfrichter und Tierheilkundige Georg Widmann im Ugental niederlässt – fernab der ehrbaren Bürger, weil sein Handwerk als „unehrlich“ gilt. Im Laufe der Zeit wandelt sich die soziale Stellung der Nachfahren Widmanns. Sie leben bis 1880 auf dem Hof, ehe dieser nach der Zwangsversteigerung mehrmals den Besitzer wechselt. Nach dem Ersten Weltkrieg pachtet ihn die Firma Voith, 1928 erwirbt sie ihn dann.

Großbrand zerstörte große Teile des Hofes

Der weiteren Entwicklung widmet sich die zweite Tafel. Hanns und Lore Voith stehen der Anthroposophie nahe und treiben den Umstieg auf biologisch-dynamische Landwirtschaft voran. Der Talhof kann sich dank der gewählten Anbaumethoden in dem klimatisch herausfordernden Tal mit seinen kargen, flachgründigen Böden behaupten. Ungewiss ist die Zukunft allerdings, nachdem zündelnde Kinder im Juni 1998 einen Großbrand verursacht haben, der mehrere Gebäude und Geräte in Schutt und Asche legt.

Cornelia Hahn, Tochter von Hanns Voith, und die Ludolf-Andreas-Gesellschaft, so erzählt es die dritte Tafel, tragen maßgeblich dazu bei, dass der Hof wieder aufgebaut und modernisiert wird. Heute gehören ein Café und ein Hofladen zum Angebot. Weitere Bestandteile der Hofgemeinschaft sind ein Waldkindergarten, die Freie Michaelsschule sowie eine Kerzenwerkstatt und eine Imkerei.

Auf einer jeden Stele findet sich am linken unteren Rand eine an Kinder gerichtete Quizfrage. Und wer den Verästelungen der Talhof-Historie auf den Grund gehen möchte, gelangt über einen QR-Code zur Chronik, die 2019 anlässlich des Rückblicks auf 90 Jahre biologisch-dynamische Bewirtschaftung in Buchform erschienen ist. Noch mehr Einzelheiten auf die Infotafeln zu packen, wäre aus Sicht der beauftragten Grafikerin Nicole J. Reinhard wenig hilfreich gewesen: „Wenn man die Betrachter mit zu viel Text überfrachtet, dann liest am Ende niemand mehr.“

Übrigens: Eine halbe Badewanne voll Wasser trinkt eine Kuh problemlos. Tag für Tag.

Unterstützung durch Hanns-Voith-Stiftung

Mit einer namhaften Summe hat die Hanns-Voith-Stiftung dazu beigetragen, dass jetzt Informationstafeln Auskunft zur Historie des Talhofs geben. Weshalb das so ist, erläutert der Vorsitzende des Stiftungsrats, Heidenheims ehemaliger Oberbürgermeister Bernhard Ilg: Der Stiftungszweck beinhaltet zum einen die Bereiche Wirtschaft, Forschung und Bildung, zum anderen aber auch Umwelt- und Naturthemen. „Und dazu passt der Talhof natürlich voll und ganz“, so Ilg. Eine wichtige Rolle spielten darüber hinaus die persönlichen Bezüge des Hauses Voith, die bis heute Bestand haben. Passend dazu kam zur offiziellen Einweihung auch Gabriele Rogowski, die wie schon ihr verstorbener Mann Michael, der frühere Voith-Chef, zu den Unterstützern des Hofs gehört.

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