Pflanzen und Tiere

Ignorant und respektlos: Naturschutzwarte kritisieren das Verhalten von Besuchern des Eselsburger Tals

Abseits der Wege gehen, Blumenpflücken, Müll hinterlassen: Ein Naturschutzwart kritisiert die Zustände im Eselsburger Tal und sagt: Immer mehr Besucher suchen Erholung, aber schädigen mit ihrem Verhalten das Naturschutzgebiet. Auch die Herbrechtinger Bergwacht hat diese Erfahrung gemacht.

„Es ist eine Sauerei, was da abläuft“, sagt Gottfried Reiser. Er ist Naturschutzwart und im Auftrag des Landratsamtes regelmäßig im Eselsburger Tal unterwegs. Und wie der Name schon sagt, ist es seine Aufgabe, Besucher über die Notwendigkeit des Naturschutzes zu informieren und auch auf Fehlverhalten hinzuweisen. „Das Eselsburger Tal ist ein Diamant im süddeutschen Raum, viele wissen das aber offenbar nicht zu schätzen, halten sich nicht an die Regeln und verhalten sich rücksichtslos und ignorant.“

Die Leute verhalten sich rücksichtslos und ignorant.

Gottfried Reiser, Naturschutzwart

Schilder weisen im Eselsburger Tal darauf hin, dass hier seltene Pflanzen und Tiere beheimatet sind. Um diese zu schützen, ist es unter anderem nicht gestattet, die Wege zu verlassen, Pflanzen zu pflücken, auszugraben oder zu beschädigen, ebenso wie Tiere zu beunruhigen, zu fangen oder ihre Brut- und Lebensstätten zu beschädigen. Doch offenbar halten sich immer mehr Menschen nicht daran. „Sie verlassen die Wege, laufen querfeldein und legen so Trampelpfade an“, beschreibt Reiser. Und ist ein Trampelpfad erst mal da, wird er auch häufiger benutzt. Schlecht für die Vegetation. „Die Leute trampeln auch geschützte Pflanzen wie den Märzenbecher nieder oder reißen sie aus. Und wenn man sie darauf hinweist, dass sie damit die Natur schädigen, muss man sich noch dumm anreden lassen.“

Ein Trampelpfad abseits der offiziellen Wege ist schnell entstanden, schädigt aber mitunter auch seltene Pflanzen. Foto: Markus Brandhuber

Gerade im Frühling sei die Natur Fußgängern am schutzlosesten ausgeliefert, so Reiser. Der Boden sei besonders trittempfindlich. Laufen Menschen abseits bestehender Wege, hinterlassen sie Spuren. Die Schuhe pressen den Bewuchs zunächst platt auf den Boden, dann drücken sie ihn in die Erde. Die Grasnarbe wird aufgerissen und zurückbleibt blanke, komprimierte Erde. Untersuchungen ergaben, dass nur etwa 15 Spaziergänger binnen weniger Stunden nötig sind, um auf einer feuchten Wiese einen Trampelpfad entstehen zu lassen. Reiser appelliert an die Vernunft und das Verantwortungsgefühl der Spaziergänger und Erholungssuchenden: „Beachten Sie die Regeln und halten Sie sich an das Wegegebot!“

Die Grillstelle ist öffentlich, die Leute kommen, grillen und lassen dann ihren Müll liegen.

Armin Fritsche, Bergwacht Herbrechtingen

Dass das Eselsburger Tal viele Besucher anzieht, weiß auch Armin Fritsche, Pressereferent bei der DAV Bergwacht Herbrechtingen. Die Vereinsmitglieder bewirtschaften die Bindsteinhütte mitten im Naturschutzgebiet und wünschen sich ebenfalls mehr Rücksicht von so manchem Besucher. Auch von den motorisierten, denn nicht jeder hält sich an das Fahrverbot für Autos und Motorräder. Selbst die 20 Minuten Fußmarsch zur Hütte scheinen manchen zu viel zu sein. Darauf angesprochen, ist Unrechtsbewusstsein nicht die Regel. Genau wie beim Blumenpflücken. „Man kriegt als Antwort, dass es hier doch so viele davon gibt“, sagt Fritsche. „Aber wenn jeder Blumen ausreißt, niedertrampelt und Äste abreißt, dann hat sich das bald mit der schönen Natur.“ An der Hütte selbst nehme die Verschmutzung immer mehr zu. „Die Grillstelle ist öffentlich, die Leute kommen, grillen und lassen dann ihren Müll liegen.“

Teilweise fahren vermeintliche Naturliebhaber auch mit dem Fahrrad quer durch den Wald, so Fritsche. Oder, als wäre es nicht genug, Pflanzen mit den Füßen zu zertrampeln, sind Leute mit Nordic-Walking-Stöcken neben den offiziellen Wegen unterwegs. Die Leinenpflicht für Hunde werde ebenfalls nicht von allen befolgt und durch frei laufende Hunde können Wildtiere beunruhigt und auch bodenbrütende Vögel vertrieben werden.

Naturschutzstreife der Bergwacht patrouilliert durchs Eselsburger Tal

Es ist paradox: Menschen, die bewusst den Aufenthalt in der Natur suchen, um sie zu genießen und um abzuschalten, zerstören das, weswegen sie kamen: unberührte, natürliche Flächen. Um dem Einhalt zu gebieten, patrouilliert auch die Naturschutzstreife der Bergwacht durch das Tal. „Wir sprechen die Leute an, klären auf und notieren Verstöße“, sagt Fritsche. „Wir sind zu Fuß und mit dem Rad in rot-blauer Dienstkleidung, also in den Farben der Bergwacht, unterwegs und gut zu erkennen.“ Die Naturschutzwarte haben auch einen Ausweis parat und sind ermächtigt, Personalien aufzunehmen. Um einen Zeugen zu haben, sind die Mitglieder der Bergwacht immer zu zweit auf Streife.

Was sagt das Landratsamt als untere Naturschutzbehörde zu den Beobachtungen und Sorgen der Naturschutzwarte? „Was das Verlassen der Wege angeht, ist in der geltenden Naturschutzverordnung kein explizites Verbot im Offenland festgeschrieben“, sagt Pressesprecherin Diana Prutzer. Für Waldbereiche gebe die für das Eselsburger Tal geltende Verordnung aber vor, dass Wege oder Pfade innerhalb der Waldflächen nicht verlassen werden dürfen. Zuwiderhandlungen könnten als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden, was ein Bußgeld nach sich ziehen kann. Verstöße können der unteren Naturschutzbehörde oder der Ortspolizeibehörde gemeldet werden.

„Um über die Einzigartigkeit und Schutzwürdigkeit des Eselsburger Tals zu informieren und Besucherinnen und Besucher zu lenken, hat das Regierungspräsidium Stuttgart als höhere Naturschutzbehörde Infotafeln aufgestellt“, so Prutzer weiter. Auf Schildern an den Parkplätzen werden verschiedene Rundwanderungen aufgezeigt und über die Verhaltensregeln im Naturschutzgebiet aufgeklärt. Man unterstreicht die Wichtigkeit der ehrenamtlichen Naturschutzwarte: „Sie informieren über das richtige Verhalten, geben Beobachtungen weiter und können direkt bei Verstößen eingreifen.“

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