Warum die Stadt Herbrechtingen die Bauplatzvergabe gestoppt hat
In einer ihrer ersten Amtshandlungen bei der Stadtverwaltung Herbrechtingen hat Heike Lessner gemeinsam mit Ingrid Waizmann, die im Rathaus für die Liegenschaften zuständig ist, entschieden, die Vergabe von städtischen Bauplätzen bis auf Weiteres zu stoppen, da das Vergabeverfahren geändert werden sollte. Seit 1. März ist Lessner die neue Kämmerin der Stadt und somit auch Fachbereichsleiterin für Finanzen und Grundstücke. Dieser Schritt war und ist unschön für alle Beteiligten – für die Stadt Herbrechtingen, die Bauplätze verkaufen möchte, und für alle Bauplatzbewerber, die sich endlich den Traum vom Eigenheim erfüllen möchten –, aber unerlässlich.
Kriterien zu alt und zu spärlich
Der Grund: Die Kriterien, nach denen Bauplätze in Herbrechtingen vergeben werden, seien alt und spärlich und könnten deshalb gegen geltendes Recht verstoßen, so Lessner. Vor allem der Begriff des „Einheimischen“ sei problematisch. „Einheimische dürfen bei der Vergabe nicht bevorzugt werden. Jeder EU-Bürger muss die Möglichkeit haben, einen Bauplatz zu bekommen“, erläutert die Kämmerin. Normalerweise kämen Bauplatzvergabekriterien alle sechs, sieben Jahre auf den Prüfstand. In Herbrechtingen geschah dies in der Vergangenheit offenbar nicht.
Lessner und ihr Team möchten vermeiden, dass es zu einem Gerichtsverfahren wie in Ulm-Jungingen kommt, wo ein Ulmer gerade gegen die Vergabe der Bauplätze im Baugebiet „Unter dem Hart, 2“ klagt. Weil die Familie des Klägers bei der Verlosung Anfang März auf einem nicht sehr aussichtsreichen Nachrückerplatz gelandet ist und mehr als drei Kinder hat, möchte sie, dass die weiteren Kinder auch bei der Punktevergabe berücksichtigt werden. Die Stadt Ulm hatte in ihren Leitlinien festgelegt, dass es für maximal drei Kinder Punkte gibt. Es ist bereits die zweite Klage im Zusammenhang mit dem Junginger Baugebiet und der zweite Vergabestopp. Selbst wenn das Verwaltungsgericht die Klage nicht zulässt, dürfte es eine Verzögerung im Vergabeverfahren geben. Dieses dürfte länger unterbrochen werden, wenn die Stadt Ulm vor dem Verwaltungsgericht unterliegt. Dann könnten neue Vergaberichtlinien nötig werden.
Aufschübe und Klagen vermeiden
„Das wollen wir unseren Bauplatzerwerbern nicht zumuten“, sagt Lessner. Die Stadtverwaltung wolle im Bolheimer Baugebiet Viehweide Nord, in dem die Erschließung längst abgeschlossen ist, mit Rechtssicherheit in die Vermarktung starten und im Baugebiet Lehmgrube in Herbrechtingen, in dem Mitte Februar noch elf von 33 Bauplätze frei waren, mit Rechtssicherheit fortfahren.
Wie geht es nun weiter? Die Stadtverwaltung befasse sich nun intensiv mit der Thematik, sei aber noch am Anfang der Prüfung. Gleichzeitig bemühe man sich um die größtmögliche Transparenz und schreibe die Bewerberinnen und Bewerber an. Dem Gemeinderat soll in seiner Sitzung im April das Thema zur Beschlussfassung vorgelegt werden. Der Vorschlag wird lauten, die bisherigen Vergabekriterien aufzuheben und die Interessentenliste (Stand Februar: 260 Personen) nicht mehr weiterzuführen. Unter der Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung soll ein geändertes Vergabeverfahren beschlossen werden. Der Beschluss ist für die Sitzung des Gemeinderats im Mai vorgesehen. Sowohl die Beratung als auch die Beschlussfassung finden in öffentlicher Sitzung statt.
Ziel: Start noch in diesem Jahr
Die Bauplatzvergaben von Herbrechtingen und Bolheim werden nach Beschluss des neuen Vergabeverfahrens gestartet. Lessner ist zuversichtlich, dass man noch dieses Jahr beginnen kann.
In der Viehweide Nord sollen insgesamt 17 Einfamilienhäuser, drei Doppelhäuser und vier Reihenhäuser entstehen können.