Kultur

Das Instrument mit 100 Klangfarben: Akkordeon-Spiel in Perfektion mit dem Duo-Synthesis in Königsbronn

Zwischen Ofenbänkchen und Zapfhahn glänzte das Duo Synthesis als Perle der Musik und entfachte bei seinen Zuhörern große Begeisterung für das mit unerwarteter Vielfalt gespielte Akkordeon.

Mit einer kleinen Sensation eröffnete das Duo Synthesis am vergangenen Freitagabend sein vielfältiges Programm: denn wann hat man schon die Gelegenheit, dem Komponisten eines vorgetragenen Werkes am Konzertabend zu begegnen? Die zahlreichen, in der Königsbronner Klosterschenke dicht gedrängt sitzenden Zuhörer kamen also zu diesem seltenen Vergnügen, zu diesem „Divertimento“, wie das erste Stück dieses Abends passend titelte.

Und dieses Vergnügen beschränkte sich nicht nur auf das Kennenlernen des Komponisten Eric Mayr, der, seit 1993 als Lehrer für Klavier und Komposition an der Musikschule Heidenheim tätig, kein Unbekannter ist. Das Vergnügen erstreckte sich unbedingt auch auf die Interpretation des facettenreichen dreisätzigen Werkes durch die beiden Akkordeonisten, für die dieses Werk eigens auf den Leib – oder besser gesagt auf die Finger- komponiert wurde. Weder, dass dies Mayrs Erstlingswerk für zwei Akkordeons ist, noch dass Sinisa Lubojevič und Djorde Vasiljevič das Stück an diesem Abend erst zum zweiten Mal auflegten, ließ der Vortrag auch nur ansatzweise erahnen. Lediglich im Rückblick fiel auf, dass die beiden Solisten ausschließlich für dieses im Repertoire noch neue Stück ein Notenpult benötigten.

Virtuosität und Hingabe des Duos

Alle folgenden Werke beherrschte das harmonische Akkordeon-Duo auswendig. So auch das folgende Stück von Astor Piazzolla, dem argentinischen Bandeon-Spieler und Komponisten, der als Begründer der Tango-nuevo-Bewegung gilt und dessen berühmter „Libertango“ noch später zu hören sein sollte.

Zunächst hatte das Duo Synthesis jedoch ein sehr ruhiges, leicht verträumtes Stück gewählt, mit dem sie ihren dahinschmelzenden Zuhörern einige Gänsehautmomente bescherten. Die beispiellose Hingabe, mit der die beiden Serben ihren Instrumenten die sanften Melodien entlockten, mit geschlossenen Augen sich vertieft in ihre Musik auf den Stühlen wiegten und ihnen ohne jeglichen Blickkontakt ein perfektes Zusammenspiel gelang, das war schon eine besonders berührende und höchst professionelle Performance.

Technische Meisterschaft auf dem Akkordeon

Apropos Performance: Da stehen beim Akkordeonspiel ohne Frage die unermüdlichen Finger im Rampenlicht. Über 100 Perlmuttknöpfe gilt es in der rechten Hand zu bedienen – und zwischen ebenso vielen Bässe und Akkorden müssen sich die Finger linken Hand blind, aber zielsicher orientieren. Die beiden Musiker des Duo Synthesis demonstrierten ihrem Publikum nicht nur, wie scheinbar mühelos dies möglich ist, sondern beherrschten ihre Kunst auch in einem derart fulminanten Tempo, das einen nur so staunen ließ. Mit Leichtigkeit tanzten die Finger die Knopfreihen rauf und runter, mal dicht aneinander gedrängt, mal weit aufgespreizt, mal ganz zart, mal mit energischem Druck, aber stets präzise und voller Leidenschaft.

Neben Werken von André Verchuren und Paulo Jorge Ferreira bewiesen die beiden herausragenden Musiker mit einer Reihe klassischer Werke die unerwartete Bandbreite ihrer vielleicht unterschätzten Instrumente. Die bekannte Toccata in d-Moll von Johann Sebastian Bach ließen Lubojevič und Vasiljevič auf ihren beiden Knopfakkordeons beinahe ebenso so monumental erklingen, wie man sie sonst auf einer Kirchenorgel zu hören bekommt.

Klassische Werke neu interpretiert

Und auch in den beiden Auszügen aus Antonio Vivaldis "Vier Jahreszeiten" gelang es ihnen meisterhaft, sowohl den anspruchsvollen Streichersatz mit tänzerischer Leichtigkeit, als auch die klangliche Fülle einer Orchesterbesetzung gemeinsam auf ihren Instrumenten umzusetzen. Mit ihren eigenen Arrangements prominenter klassischer Werke vollführten die beiden leidenschaftlichen Instrumentalisten eine eindrucksvolle Synthese – womöglich auch namensgebend für das Duo. Dabei wirkten sie keineswegs synthetisch, sondern schufen eine scheinbar längst fällige, ganz natürlich erscheinende, dennoch neuartige Verbindung barocker Orchesterkompositionen mit dem oft geringschätzig als Quetschkommode bezeichneten Akkordeon.

Zum Abschluss verabschiedete sich das Duo Synthesis mit einer kleinen Hommage an den Balkan – die Heimat der beiden Musiker, wo das facettenreiche Instrument in nahezu jedem Haus zu finden ist. Mit der schwungvollen, eigens arrangierten Zugabe „Ein einfacher Tag auf dem Balkan“ nahmen sie unter großem Bedauern und kräftigem Beifall Abschied von ihrem beeindruckten Publikum.

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