Im Frühjahr 1945 hatten im Westen die Alliierten den Rhein überschritten und eine deutsche Heeresgruppe im Ruhrgebiet eingeschlossen. Im Osten stand ein riesiger sowjetischer Armeeverband entlang der Oder und Neiße zum Sturm auf Berlin bereit. Die deutsche Niederlage im Zweiten Weltkrieg stand fest. In dieser katastrophalen Lage nahmen Hitler und seine Helfershelfer sich noch Zeit, um aus blindem Hass Rache an Gegnern ihres Terrorregimes auszuüben, unter ihnen auch Georg Elser aus Königsbronn.
Elser, 1903 in Hermaringen geboren, hatte schon als Grundschulkind am eigenen Leib gespürt, dass der Moloch Krieg die meisten Ressourcen auffrisst, sodass er sogar als Bauernkind hungern musste. Während seiner zwei Jahre in den Schwäbischen Hüttenwerken Königsbronn erlebte er hautnah mit, dass der Krieg körperliches und seelisches Elend, Not und Tod auch über die Menschen in seiner unmittelbaren Heimat brachte. Die katastrophalen Folgen der Superinflation in der Nachkriegszeit – die Stadt Heidenheim zum Beispiel druckte Notgeld mit dem Nennwert 500 Milliarden Mark, was im November 1923 zum Kauf von 1,5 Eiern reichte – trafen Elser nach seiner Schreinerlehre sicherlich hart.
Für seinen Entschluss, Hitler, Göring und Goebbels töten zu wollen, waren aber vor allem seine Erkenntnisse bestimmend, dass nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten der Arbeiter durch die Hitlerjugend nicht mehr Herr seiner Kinder war, dass die Arbeiter nicht mehr frei ihre Arbeitsstelle wählen konnten, dass zwar die Arbeitslosigkeit sank, aber gleichzeitig die Löhne nach Abzug von Steuer und gesetzlicher Versicherung gegenüber 1929 halbiert waren. Auch entdeckte er die geheime Rüstungsproduktion in Heidenheimer Betrieben. Für Elser stand fest: Hitler bedeutet Krieg, und der muss verhindert werden.
Akribische Planung und eine ausgetüftelte Bombe
Im Gegensatz zum militärischen Widerstand, der nach der Münchner Konferenz im September 1938 seine Attentatspläne aufgab, beschloss Elser genau zu diesem Zeitpunkt seinen Attentatsversuch. Seit Hitler zum Reichskanzler ernannt worden war, fand immer am 8. November im Saal des Münchner Bürgerbräukellers eine Erinnerungsfeier an seinen Putsch von 1923 statt. Hitler redete dabei vor Anhängern mit goldenem Parteiabzeichen, worüber in der gleichgeschalteten Presse jeweils ausführlich berichtet wurde.
Also erkundete Elser am 8. November 1938 den Saal. Ein ganzes Jahr lang bereitete er dann seine Tat akribisch vor. Den notwendigen Sprengstoff entwendete er im Steinbruch oberhalb von Itzelberg. Anfang August 1939 siedelte er nach München über und präparierte in über 30 Nächten die Säule hinter dem Rednerpult für die Sprengung. Tagsüber baute er einen Apparat aus zwei Uhrwerken, die er mithilfe zweier hölzerner Kammräder sechs Tage im Voraus einstellen konnte, dem Sprengstoff und einer von Gewehren adaptierten Zündvorrichtung zusammen.
Nachdem Elser in der Nacht zuvor nochmals alles kontrolliert hatte, fuhr er am 8. November 1939 morgens mit dem Zug nach Friedrichshafen und von dort mit dem Schiff nach Konstanz. Er wollte in der Dunkelheit in die Schweiz, wurde aber von zwei Zöllnern um 20.45 Uhr – also vor der Explosion – kurz vor dem Grenzzaun festgenommen und durchsucht. Die Zöllner fanden bei ihm eine Postkarte vom Bürgerbräukeller, Aufzeichnungen über die Rüstungsindustrie in Heidenheim, Teile eines Zeitzünders und ein Abzeichen des Rotfrontkämpferbundes, dem Wehrverband der Kommunistischen Partei Deutschlands. 1939 bedeutete das Tragen dieses Abzeichens die sofortige Überführung in ein Konzentrationslager (KZ).
Um 21:20 Uhr explodierte dann im Münchner Bürgerbräukeller in der Säule hinter dem Rednerpult Elsers Bombe. Acht Menschen starben, 63 wurden verletzt. Aber Hitler hatte das Lokal 13 Minuten zuvor verlassen.
Bis kurz vor Kriegsende im KZ
Elser wurde zunächst in München von der hochrangigen „Sonderkommission Bürgerbräuattentat“ im Beisein Heinrich Himmlers verhört und gefoltert. In der Nacht vom 13. zum 14. November legte er ein ausführliches Geständnis ab. Die Kommission kam zum Ergebnis, dass Elser Alleintäter war. Weil das weder Himmler noch Goebbels oder Hitler passte, wurde Georg Elser dann im Berliner Reichssicherheitshauptamt von einer SS-Kommission brutal verhört. Auch sie kam zu keinem anderen Ergebnis. Das Verhörprotokoll ist erhalten.
Elser kam im KZ Sachsenhausen in strenge Isolation. Anfang 1945 wurde er in das KZ Dachau gebracht und im Bunker, dem Lagergefängnis des KZ, völlig isoliert. Am Abend des 9. April 1945 wurde er in Dachau im Alter von 42 Jahren „auf Weisung von höchster Stelle“ – vermutlich SS-Reichsführer Heinrich Himmler – im Bereich des Krematoriums durch Genickschuss ermordet.
Bemerkenswert ist der verlogene Wortlaut eines Briefes von Gestapo-Chef Heinrich Müller an SS-Sturmbannführer Eduard Weiter: „Auch wegen unseres besonderen Schutzhäftlings „Eller“ wurde erneut an höchster Stelle Vortrag gehalten. Folgende Weisung ist ergangen. Bei einem der nächsten Terrorangriffe auf München bzw. auf die Umgebung von Dachau ist angeblich „Eller“ tödlich verunglückt. Ich bitte, zu diesem Zweck „Eller“ in absolut unauffälliger Weise nach Eintritt einer solchen Situation zu liquidieren.“ Elsers Leiche wurde verbrannt, die Asche zerstreut.
Kostenlose Führung
Die Georg-Elser-Gedenkstätte Königsbronn erinnert durch öffentliche Führungen am Sonntag, 13. April, um 11 und 15 Uhr an Leben und Tod von Georg Elser. Die Teilnahme an den Führungen ist kostenlos.