Vom Weltenbummler zum Erzieher: Daniel Richters abenteuerlicher Weg zurück in die Heimat
Er war Surflehrer, Pizzabäcker, Bauarbeiter, Zeitsoldat, LKW-Fahrer und Erntehelfer. Er hauste teilweise im Busch und in Blechhütten. Mit seinen 35 Jahren hat Daniel Richter, der in Heidenheim aufgewachsen ist und heute in Steinheim lebt, mehr gesehen und erlebt als andere in ihrem ganzen Leben.
Auf der Suche nach immer neuen Herausforderungen und seinem Platz im Leben ist Daniel Richter nach einer prägenden Zeit im Ausland nun zurück in der Heimat und möchte künftig in der Kindererziehung Fuß fassen.
Eine Kindheit voller Veränderungen
Die Lebensgeschichte von Daniel Richter liest sich fast wie ein Abenteuerroman. Ursprünglich im Osten Deutschlands geboren, kam er über den neuen Lebensgefährten seiner Mutter im Alter von sechs Jahren nach Heidenheim. Dort besuchte er zunächst die Bergschule, ehe die junge Familie auf den Mittelrain zog.
Nach seiner Grundschulzeit kam er auf die Eugen-Gaus-Realschule, tat sich dort aber schwer. „Ich war ein wilder Jugendlicher“, gibt er zu. Richter wechselte auf die Westschule, machte dort seinen Hauptschulabschluss und begann im Anschluss eine Lehre zum Einzelhandelskaufmann. „Zunächst bin ich dort angeeckt“, sagt er. „Dank des neuen Geschäftsführers, der mich in allen Dingen mehr als unterstützt hat, habe ich in der Schule Gas gegeben und konnte meine Ausbildung erfolgreich beenden“, sagt Richter.
Militärdienst und Auslandseinsatz
Er blieb der Firma ein Jahr als Abteilungsleiter treu, ehe ihn sein Weg zur Bundeswehr führte. „Ich habe mich direkt für vier Jahre bei den Fallschirmjägern verpflichten lassen“, erklärt der 35-Jährige. Über die Bundeswehr machte Daniel Richter seinen LKW-Führerschein und wurde später zu einem Auslandseinsatz in Afghanistan berufen.
„Meine Kameraden und ich waren in Kunduz stationiert. Unsere Aufgabe war es vorrangig, Präsenz zu zeigen, Straßen von Sprengsätzen zu befreien oder beim Verteilen von Wasser zu helfen“, sagt er. „Dabei habe ich täglich mit der Angst gelebt, dass der nächste Knall zu nah an uns dran ist.“
Die Erfahrungen ließen ihn auch nach seiner Rückkehr nach Deutschland nicht zur Ruhe kommen. „Es war einfach zu viel Freiheit, das war ich nicht mehr gewohnt“, sagt er. So zog es ihn nach Hamburg und später nach Köln. Er arbeitete im Hafen und als Pizzabäcker, jobbte bei einer Getränkefirma und als Bedienung, bevor er den Sprung ins Ausland wagte.
„Ich hatte eigentlich ein super Leben. Eine Freundin, ein großes Haus, super Nachbarn und großartige Freunde – doch habe ich gemerkt, dass irgendetwas fehlt.“ Richter beendete seine Beziehung, fing an, Englisch zu lernen und begann zu sparen.
Der Weg nach Australien
Australien war sein erstes großes Ziel. Viel Gepäck hatte er nicht. „Ein Zelt, einen Schlafsack, wenige Klamotten und meine Gitarre“, sagt er.

Angekommen in Perth begegnete ihm der Kulturschock mit voller Wucht. Das Hostel war eine Baustelle. Überall lag Dreck und er fragte sich: „Was habe ich mir angetan?“ Zu Beginn verständigte er sich mit Händen und Füßen und fand nach einiger Zeit schließlich seinen Weg in das Leben Down Under.
Ob als Erntehelfer, Bedienung oder beim Pflügen von Feldern auf riesigen Farmen – der Naturliebhaber hatte viele Möglichkeiten, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Dabei machte er wertvolle Bekanntschaften, bei denen bis heute bestehende Freundschaften entstanden. Gerade diese Freundschaften ermöglichten es, bei seiner Work-and-Travel-Erfahrung weitere Jobs zu bekommen.

Und er begann zu reisen. Von Perth aus ging es über die National-Parks bis hoch in den Norden. 3000 Kilometer. Während seiner Reisen lebte er teilweise in Blechhütten oder aber in selbst gebauten Unterkünften im Busch, ernährte sich vom Fischen und von dem, was die Natur hervorbrachte.
Weiterreise nach Neuseeland
Wieder zurück in Perth arbeitete er bei einer Baufirma, kaufte sich ein Motorrad und fuhr damit quer durchs Land. Doch seine Reise sollte noch lang nicht zu Ende sein. Für Daniel Richter ging es weiter nach Neuseeland – gerade zu dem Zeitpunkt, als Covid-19 die Welt veränderte.
Doch auch hier fand er einen Weg, sich durchzuschlagen. Während der Pandemie lebte er auf einem Campingplatz, den die meisten Urlauber verlassen hatten, jobbte in Pizzerien, in Take-Away-Restaurants und auch als Tellerwäscher. Außerdem begann er, Yoga zu trainieren, machte seinen Surflehrerschein und legte als Fitness-Trainer die B-Lizenz ab.
Rückkehr und Neuanfang in Deutschland
Der Schlüsselmoment kam schließlich 2024 bei seiner Rückkehr nach Deutschland. Ohne festen Wohnsitz oder Plan für die Zukunft. Eine zufällig entdeckte Broschüre über eine Ausbildung zum Erzieher weckte sein Interesse an einem Berufsfeld, das Erziehungs- und Bildungsaufgaben, die Entwicklungsförderung sowie Empathie vereint.

Richter hatte Glück: In seiner Heimatgemeinde Steinheim bekam er einen Praktikumsplatz im Kinderhaus Schneckenhäusle. Sechs Wochen verbrachte er mit den Ü-3-Kindern. Sechs Wochen voller Leben – zwischen Singen, Basteln und Spielen, Trösten, der Anleitung zu einem Werkstattführerschein, aber auch dem Ermahnen und dafür zu sorgen, dass bestimmte Regeln eingehalten werden. Eine intensive Zeit, in der er versucht hat, die individuellen Bedürfnisse der Kinder in den Mittelpunkt zu stellen. „Ich weiß, wie wichtig es für Kinder und Jugendliche ist, ernst genommen und unterstützt zu werden“, sagt er. Und das kam bei den Kindern sehr gut an.

Nach seinem erfolgreichen Praktikum steht für ihn nun fest: Die Ausbildung an der Evangelischen Fachschule für Sozialpädagogik Herbrechtingen ist der nächste Schritt auf seiner Lebensreise. Die Ausbildung zum Erzieher ist eine Art Nachhausekommen für den abenteuerlustigen Weltenbummler, der endlich angekommen ist.
Praxisintegrierte Ausbildung zum Erzieher
Die praxisintegrierte Ausbildung zum Erzieher (PiA) an der evangelischen Fachschule für Sozialpädagogik in Herbrechtingen dauert drei Jahre. Parallel zur schulischen Ausbildung werden die angehenden Erzieher in einer Praxisstelle angeleitet. Ein Ausbildungsplatz bei einem Kita-Träger ist demnach Voraussetzung für einen Schulplatz. Schwerpunkte liegen in den Bereichen musisch-ästhetische Bildung, Theaterpädagogik, Naturpädagogik, Erlebnispädagogik, Religionspädagogik und Friedenspädagogik.