Bundesliga

Zu diesen Tricks griff FCH-Trainer Frank Schmidt vor dem Spiel bei RB Leipzig

Das 2:2 des abstiegsbedrohten 1. FC Heidenheim beim bis dahin Tabellenvierten RB Leipzig überraschte so manch einen Experten. Auf welche besondere Art und Weise FCH-Trainer Frank Schmidt seine Mannschaft einstellte und was die Bundestagswahl damit zu tun hatte:

Hand aufs Herz: Wohl die wenigsten Fußballbeobachter haben an einen Punktgewinn des 1. FC Heidenheim bei RB Leipzig geglaubt. Zu krass waren die Vorzeichen: Auf der einen Seite die ausgeruhten Gastgeber, deren Kader einen Marktwert laut „Transfermarkt.de“ von knapp 527 Millionen Euro beträgt und die sich erneut für die Champions League qualifizieren möchten. Auf der anderen Seite die Heidenheimer (Marktwert des Kaders bei knapp 65 Millionen Euro), die nur knapp drei Tage zuvor erst nach Verlängerung aus der Conference League ausgeschieden waren und in der Bundesliga zuletzt fünf Niederlagen in Folge kassiert hatten.

Mir war es wichtig, in die Köpfe der Spieler reinzukommen.

Frank Schmidt, Trainer des 1. FC Heidenheim

Frank Schmidt fasste die mögliche negative Erwartungshaltung – und worauf er sein Team einstellen wollte – wie folgt zusammen: „Es ging daran zu glauben, in einer Situation, in der jeder vielleicht dachte: Es geht heute nur ums Ergebnis, wie Leipzig uns heute schlägt.“ Daraus folgerte der FCH-Trainer: „Mir war es wichtig, in die Köpfe der Spieler reinzukommen: Wir können auch etwas gewinnen.“

Wenn da einer zugeschaut hätte, hätte er gesagt: Was machen die eigentlich?

FCH-Coach Frank Schmidt über die Vorbereitung aufs Spiel in Leipzig

Deswegen wurde nach der Niederlage gegen den FC Kopenhagen anders trainiert. Oder nicht, beziehungsweise nur kaum: „Da war nicht viel mit Training“, stellte Marvin Pieringer klar. Kein Training? „Wir haben tatsächlich nicht viel trainiert. Nur regeneriert“, bestätigte dessen Coach und merkte an: „Wenn da einer zugeschaut hätte, hätte er gesagt: Was machen die eigentlich?“

Doch warum war es so? „Für uns war es wichtig, Frische und Spaß reinzubekommen“, erklärte Schmidt. Eine weitere Maßnahme: „Ich habe mich dazu entschieden, die taktische Besprechung unmittelbar vor dem Spiel zu machen, etwa 90, 75 Minuten davor.“ Das Ziel: „Ich wollte, dass alle fokussiert und konzentriert bleiben.“ Einige Spieler hätten gewusst, dass sie in der Startelf stehen, einige wussten es lange nicht – welche, wollte Schmidt natürlich nicht verraten. Ihm sei es wichtig gewesen, die Spannung hochzuhalten.

Frank Schmidt wählt einen Vergleich mit der Bundestagswahl

Durch den Ausfall von Leo Scienza (Adduktorenprobleme) und Frans Krätzig (krank) musste der FCH-Coach wahrscheinlich eh kurzfristig reagieren. Was den 51-Jährigen aber nicht daran hinderte, zu einem zusätzlichen Mittel in Sachen Psychologie zu greifen. „Manchmal ist es ganz einfach“, so Schmidt. „Vor dem Spiel habe ich der Mannschaft gesagt: Heute sind Bundestagswahlen. Die Menschen draußen können entscheiden, wie es politisch in unserem Land weitergeht. Aber auch jeder einzelne von uns hat heute die Wahl, wenn er rausgeht, ob wir in Mitleid verfallen, weil wir so bitter ausgeschieden sind, oder sich dazu entscheidet, wirklich alles anzunehmen, wie es kommt.

Ihm sei es darum gegangen, dass seine Spieler nicht jammern und auch nicht in Selbstmitleid verfallen, wenn etwas nicht funktioniert, sondern sich mit einer sehr guten Körpersprache gegenseitig unterstützen. Allerdings betonte Schmidt auch: „Natürlich muss das Taktische sitzen.“

Erklärt seine Herangehensweise ans Spiel bei RB Leipzig: Frank Schmidt, Trainer des 1. FC Heidenheim, bei der Pressekonferenz. Foto: Eibner/Laura Römer

Die ungewöhnliche Herangehensweise zahlte sich in Form des ersten Punktgewinns nach fünf Niederlagen in Serie aus, den Schmidt in diesen Kontext setzte: „Wir müssen die Kirche im Dorf lassen. Jeder weiß, was wir für zwei Wochen gehabt haben, vor allen Dingen, was vor drei Tagen war. Das aus den Klamotten zu schütteln: Riesenrespekt an die Mannschaft.“ Der FCH-Coach strich die defensive Leistung seiner Mannschaft hervor: „Die Art und Weise, wie die Mannschaft verteidigt hat, ist das, was wir vielleicht in den letzten Wochen ein Stück weit nicht geben konnten.“

Auch wichtig zu sehen: Der FCH kann auch mit Rückschlägen umgehen. „Wir sind nach dem 2:2, nicht wie vielleicht zuletzt, eingebrochen und haben uns gesagt: Scheiß drauf, wir machen weiter. Das ist das, worauf es ankommt. Dass wir uns nicht aufgeben, dass wir nicht in Selbstmitleid verfallen, sondern dass wir weiterarbeiten“, betonte Tim Siersleben.

Vielleicht ist es ein Wendepunkt. Wer weiß, wir hoffen’s und wollen eine Kehrtwende schaffen.

FCH-Angreifer Marvin Pieringer nach dem 2:2 in Leipzig

Das Unentschieden in Leipzig sei „ein guter Schritt in die richtige Richtung“ gewesen, betonte sein Trainer, was FCH-Stürmer Marvin Pieringer ähnlich sah: „Wir sind in einer ganz schönen Negativserie gewesen, gekrönt mit dem Aus in der Conference League. Ich glaube, das hat man heute gesehen, dass sich da etwas getan hat. Vielleicht ist es ein Wendepunkt. Wer weiß, wir hoffen’s und wollen eine Kehrtwende schaffen.“ Dafür gelte es so weiterzumachen, stellte Frank Schmidt klar und blickte bereits aufs Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach am Samstag, 1. März (15.30 Uhr): „Es geht darum, gegen Gladbach zu Hause alles rauszuhauen und das Spiel ähnlich engagiert wie heute anzugehen.“

Abzuwarten bleibt, zu welchen Tricks der Heidenheimer Coach im Kampf um den Klassenerhalt noch greifen wird.

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