Asyl-Streit: Habeck lehnt Vorschläge der Parteijugend ab
Eine Reihe jüngerer Delegierter hat beim Bundesparteitag der Grünen massive Kritik an der Asylpolitik der Ampelkoalition geäußert. «Es ist unehrlich über Begrenzung zu reden, wenn die Welt in Flammen steht», sagte Vasili Franco, Mitglied im Berliner Abgeordnetenhaus, am Abend in Karlsruhe.
Die Vorsitzende der Grünen Jugend, Katharina Stolla, warnte: «Wer Rechten hinterherläuft, der gerät ins Stolpern.» Die Co-Vorsitzende der Nachwuchsorganisation fügte hinzu: «Es gibt keinen Grund für weitere Asylrechtsverschärfungen.» Die Kritiker der Regierungspolitik wurden lautstark bejubelt.
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hielt dagegen. Handlungsleitend dürfe nicht das Verlangen sein, in dieser Frage «auf der richtigen Seite zu stehen». Er warnte: «Ein Parteitag einer Regierungspartei ist kein Spiel.» Die Vorschläge der Grünen Jugend seien in Wahrheit «ein Misstrauensvotum in Verkleidung» und eine indirekte Aufforderung, die Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP zu verlassen.
Habeck warnte davor, dass sich die Grünen hier selbst Fesseln anlegen. Im Antrag der Grünen Jugend hieß es, weiteren Asylrechtsverschärfungen dürften weder Minister noch die Fraktionen im Bund oder in den Ländern zustimmen - konkret etwa «restriktiveren Regelungen für Rückführungen, der Kürzung von Sozialleistungen für Geflüchtete, der Absenkung von Schutzstandards, einer Ausweitung der sicheren Herkunftsstaaten, Schnellverfahren an Außengrenzen sowie der Unterbringung von Flüchtenden in Außengrenzlager und der Zurückweisung von Flüchtenden in vermeintlich sichere Drittstaaten».
Beratung über Gesetzesentwurf am kommenden Donnerstag
Die Grünen-Politiker Ricarda Lang und Winfried Kretschmann hatten vor dreieinhalb Wochen in einem gemeinsamen Gastbeitrag für den «Tagesspiegel» zum Thema Migration nach Deutschland geschrieben: «Wenn die Kapazitäten - wie jetzt - an ihre Grenzen stoßen, müssen auch die Zahlen sinken.» Die Parteivorsitzende und der baden-württembergische Ministerpräsident betonten, bei aller gebotenen Menschlichkeit gelte: «Steuerung und Rückführung gehören zur Realität eines Einwanderungslandes wie Deutschland dazu.» Der Bundestag soll am kommenden Donnerstag in erster Lesung über einen Gesetzentwurf der Bundesregierung beraten, der das Ziel hat, dass «gesetzliche Regelungen, die Abschiebungsmaßnahmen verhindern oder zumindest erschweren, angepasst werden sollen».
«Lasst uns nicht schon hier auf dem Parteitag einen Kompromiss mit konservativen Kräften verabschieden», forderte Sophia Pott aus Lübeck. Zuvor hatte der Co-Parteivorsitzende Omid Nouripour die Delegierten darauf hingewiesen, dass die Grünen als Regierungspartei daran gemessen würden, ob sie Lösungen lieferten oder nicht.
Wie erbittert die Debatte bei diesem Thema in der Partei teilweise geführt wird, zeigt sich schon daran, dass es alleine sechs unterschiedliche Anträge gab, die vom Bundesvorstand vorgeschlagene Überschrift des Beschlusses zu ändern: An «Humanität und Ordnung: für eine anpackende, pragmatische und menschenrechtsbasierte Asyl- und Migrationspolitik» störte etliche Mitglieder der Begriff «Ordnung». Ein Änderungsvorschlag enthielt den Slogan «Kein Mensch ist illegal».