Gesellschaft

Ataman: Diskriminierung von Leistungsempfängern verbieten

Die Ampel-Koalition will beim Schutz vor Diskriminierung vorankommen. Geplant ist eine umfassende Gesetzesreform. Die unabhängige Antidiskriminierungsbeauftragte Ataman legt dazu Vorschläge vor.

Ataman: Diskriminierung von Leistungsempfängern verbieten

Wer bei der Wohnungssuche abgelehnt wird, weil er oder sie Sozialleistungen bezieht, soll dagegen künftig klagen können. Das sieht ein Grundlagenpapier zur Reform des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) vor, das die Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, in Berlin vorgestellt hat. Auch die Staatsangehörigkeit sollte ihrer Ansicht nach als Diskriminierungsmerkmal in das Gesetz aufgenommen werden. Bislang wird hier lediglich auf die Herkunft abgestellt.

Sie habe ihre Vorschläge an Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) geschickt, der federführend für die im Koalitionsvertrag vereinbarte Reform zuständig sei, sagte Ataman. Wichtig wäre es aus ihrer Sicht auch, die Frist zur Geltendmachung von Ansprüchen in Fällen von Diskriminierung zu verlängern. Bislang haben die Betroffenen dafür zwei Monate Zeit. Ataman schlägt eine Verlängerung auf zwölf Monate vor.

Außerdem will sie den Nachweis von Diskriminierung erleichtern. In ihrem Papier heißt es dazu: «Das Erfordernis, eine Benachteiligung und Indizien nachzuweisen, sollte auf die Glaubhaftmachung herabgesenkt werden, das heißt dass die überwiegende Wahrscheinlichkeit genügt.»

Ataman: Kirchenklausel streichen

Ataman sprach sich zudem dafür aus, die sogenannte Kirchenklausel aus dem Gleichstellungsgesetz zu streichen. Es räumt konfessionellen Arbeitgebern bislang die Möglichkeit der Ungleichbehandlung wegen der Religion oder der Weltanschauung ein. Streichen lassen möchte sie auch für alle Arbeitgeber die Möglichkeit, Mindest- und Höchstanforderungen an das Alter von Beschäftigten zu stellen.

Ziel des AGG in seiner derzeitigen Form ist es, Benachteiligung «aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen». Die Bundesbeauftragte möchte diesen Katalog um die Merkmale «sozialer Status» und «Staatsangehörigkeit» erweitern. Die Formulierung «aus Gründen der Rasse» sollte durch «aufgrund rassistischer Zuschreibungen» ersetzt werden.

Der Anwendungsbereich sollte aus Sicht von Ataman zudem auf staatliches Handeln des Bundes ausgeweitet werden. Schließlich sei der staatliche Bereich wie die Bundespolizei, Jobcenter und gesetzliche Versicherungen nicht weniger relevant, wenn es um Diskriminierung gehe, als der Rechtsverkehr zwischen Privaten.

Im öffentlichen Dienst des Bundes möchte die Antidiskriminierungsbeauftragte ein «Gebot zur Förderung der Wertschätzung von Vielfalt und Verhinderung und Beseitigung jeder Form von Diskriminierung» verankern. Öffentliche Stellen des Bundes sollten zudem die Möglichkeit erhalten, Diversity-Kompetenz als Qualifikationsanforderung bei der Beurteilung von Eignung und fachlicher Leistung zu berücksichtigen.

Bundesbeauftragte will Verbandsklagerecht

Um die von Diskriminierung Betroffenen zu entlasten, sollte aus Sicht von Ataman ein Verbandsklagerecht eingeführt werden. Außerdem sollten Antidiskriminierungsverbände die Möglichkeit erhalten, in Fällen struktureller Diskriminierung ohne individuelle Betroffenheit zu klagen. Sie sagte, repräsentative Umfragen zeigten, dass die Bevölkerung in Sachen Antidiskriminierung schon weiter sei als die aktuelle Rechtslage. Das sollten Politiker im Hinterkopf haben, die sich jetzt mit der geplanten Reform beschäftigen. Sie würde sich wünschen, dass das AGG nicht als «Verbotsgesetz», sondern als «Chancengesetz» verstanden werde.

Im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP heißt es: «Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) werden wir evaluieren, Schutzlücken schließen, den Rechtsschutz verbessern und den Anwendungsbereich ausweiten.»