Bei der Linken bahnt sich ein Führungswechsel im Herbst an. Die Vorsitzenden Martin Schirdewan und Janine Wissler hätten sehr deutlich gemacht, dass sie nicht an ihren Stühlen klebten, hieß es am Sonntag nach einer Krisensitzung des Parteivorstands mit den Landesvorsitzenden der Partei in Berlin. Eine Arbeitsgruppe solle einen Fahrplan für eine inhaltliche, strategische und personelle Aufstellungen mit Blick auf den Bundesparteitag im Oktober in Halle erarbeiten. Wichtig sei ein geordneter Prozess, hieß es aus Parteikreisen.
Die Linke hatte bei der Europawahl Anfang Juni nur noch 2,7 Prozent der Stimmen erhalten - etwa halb so viele wie fünf Jahre zuvor. Schon zuvor hatte sie bei der Bundestagswahl 2021 und den folgenden Landtagswahlen sehr schwach abgeschnitten. Diese Woche forderten die früheren Fraktionsvorsitzenden Gregor Gysi und Dietmar Bartsch eine «strukturelle, politische und personelle Erneuerung». Die sachsen-anhaltische Fraktionschefin Eva von Angern drängte Wissler und Schirdewan, beim Parteitag nicht mehr anzutreten.
Kritik auch an den Kritikern
Wissler und Schirdewan führen die Partei seit 2022 gemeinsam. Schirdewan hatte zuletzt schon angedeutet, dass er über einen Rückzug beim Parteitag nachdenke. Bei der Sitzung am Wochenende habe es selbstkritische Töne der Parteivorsitzenden und der Landesvorstände gegeben, dass programmatische Klärungsprozesse liegengeblieben seien, hieß es. Doch sei auch kritisiert worden, dass Bartsch und seine Anhänger in der Öffentlichkeit eine Personaldebatte angefeuert hätten.
Die Linke hatte nach jahrelangem Richtungsstreit im Oktober 2023 mit Sahra Wagenknecht eine ihrer bekanntesten Politikerinnen verloren. Sie gründete ihre eigene Partei, das Bündnis Sahra Wagenknecht, und erreichte bei der Europawahl aus dem Stand 6,2 Prozent. Ein Großteil der Stimmen kam von früheren Linken-Wählern.