Der Prozess gegen den früheren Fußball-Nationalspieler Jérôme Boateng neigt sich dem Ende zu. Die Beweisaufnahme wurde vor dem Landgericht München I geschlossen, am Mittag folgten die Schlussplädoyers von Staatsanwaltschaft, Verteidigung und Nebenklage. Ein Urteil wollte die Vorsitzende Richterin Susanne Hemmerich heute nicht mehr verkünden, das soll dann voraussichtlich in der kommenden Woche gesprochen werden.
Langwieriges Verfahren
Im Zentrum des Verfahrens stehen Gewaltvorwürfe von Boatengs Ex-Freundin in einem gemeinsamen Karibikurlaub; das entsprechende Verfahren gegen den langjährigen Verteidiger des FC Bayern München, der gerade vom italienischen Club US Salernitana zum Linzer ASK in Österreich wechselte, zieht sich lange hin. Das Amtsgericht München hatte bereits im Jahr 2021 eine Geldstrafe gegen Boateng verhängt: 60 Tagessätze zu je 30.000 Euro, also insgesamt 1,8 Millionen Euro.
Das Landgericht München I verurteilte Boateng dann im Oktober 2022 in zweiter Instanz wegen Körperverletzung und Beleidigung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 10.000 Euro - insgesamt 1,2 Millionen Euro. Doch das Bayerische Oberste Landesgericht kassierte das Urteil wegen durchgehender Rechtsfehler.
Vorwurf: Gewalt im Karibikurlaub
Die Anschuldigungen, um die es im Kern geht, liegen Jahre zurück: Die Ex-Freundin von Boateng wirft ihm vor, sie 2018 in einem gemeinsamen Karibikurlaub attackiert zu haben. Sie gab an, der heute 35-Jährige habe ein Windlicht und eine Kühltasche nach ihr geworfen. Später habe er sie angespuckt, an den Haaren gezogen, mit beiden Händen ins Gesicht geschlagen und ihr in den Kopf gebissen. Sie habe sich an den Glasscherben des zerbrochenen Windlichts geschnitten, Hämatome und Schürfwunden erlitten. Er habe ihr gedroht, er werde dafür sorgen, dass die gemeinsamen Kinder in ein Heim kommen, wenn sie ihn wegen des Vorfalls anzeigen sollte.
Boateng hatte die Vorwürfe seiner Ex-Partnerin schon zu Beginn des neuen Verfahrens bestritten. Er gab an, sich im Karibikurlaub nur gegen einen Angriff seiner damaligen Partnerin gewehrt und sie weggeschubst zu haben. Für dieses Schubsen bat er um Entschuldigung. In seiner ausführlichen Einlassung vor Gericht sprach er von einem «Alptraum» und bestritt die Gewaltvorwürfe.
«Miserables Beziehungsverhältnis»
Kurz vor den Plädoyers hatte ein gemeinsamer Bekannter von Boateng und dessen Ex-Freundin ausgesagt und die Beziehung der beiden als emotional aufgeladen und außerordentlich schwierig beschrieben. Er schilderte auch einen Vorfall, bei dem die Ex-Partnerin Boateng ins Gesicht getreten haben und später dann selbst gestürzt sein soll.
Die beiden hätten «ein miserables Beziehungsverhältnis» gehabt, sagte der Mann. «Beide waren nicht geeignet, eine Beziehung zu führen.» Gerade mit Blick auf die Zwillingstöchter sei das eine furchtbare Entwicklung. «Ich finde es eine Schande, dass es so weit gekommen ist», betonte er und bekam dafür Zustimmung von Richterin Hemmerich: «Ich auch.»