Der frühere Fußball-Nationalspieler Jérôme Boateng hat im Prozess um Körperverletzung die Vorwürfe gegen sich entschieden bestritten. «Nicht ich bin es, der sich nicht unter Kontrolle hat und mit Gewalt auf Streitereien in unserer Beziehung reagierte. Ich werde allenfalls laut und verteidige mich, wenn ich angegriffen werde», sagte der 35-Jährige in einer langen Erklärung, die er vor dem Landgericht München I verlas.
Seine Ex-Freundin, die Mutter der gemeinsamen Zwillinge, und die Staatsanwaltschaft werfen Boateng Körperverletzung vor. Er habe sie mit einem Windlicht und einer Kühltasche beworfen und sie später geschlagen. Das bestritt Boateng. Sie habe ihn damals im Karibik-Urlaub 2018 angegriffen. Er habe sich nur gewehrt, sie weggeschubst und dabei verletzt.
Das tue ihm leid und er habe sich dafür auch schon entschuldigt. «Das, was sie daraus allerdings gemacht hat, entbehrt jeglicher Grundlage und hat nahezu alles um mich, um uns herum zerstört», sagte Boateng und sprach von einem «seit Jahren andauernden Alptraum».
«Ich hätte gerne noch ein paar Jahre Fußball auf höchstem Niveau gespielt», sagte Boateng. Das sei aber wegen der Vorwürfe gegen ihn nicht möglich gewesen. «Zudem habe ich alle meine Werbeverträge verloren.» Mit einem «Frauenschläger», als der er dargestellt worden sei, wollten Geschäftspartner nichts zu tun haben. Eigentlich habe er sich nicht zu privaten Dingen äußern wollen. Aber: «Ich möchte nicht weiter nur dabei zusehen, wie mein Ruf und meine Zukunft mehr und mehr zerstört wird.»
Richterin kritisiert «umfangreiche mediale Vorverurteilung des Angeklagten»
Zuvor war der Versuch der Vorsitzenden Richterin Susanne Hemmerich gescheitert, Verteidigung und Staatsanwaltschaft zu einem sogenannten Deal zu bewegen. «Ich mache diesen Beruf inzwischen seit 40 Jahren», hatte sie gesagt. Und noch nie habe sie «eine so umfangreiche mediale Vorverurteilung des Angeklagten» erlebt.
Seit sechs Jahren laufe das Verfahren - das liege zum Teil an Corona, zum Teil aber auch an Versäumnissen der Justiz. Und seit sechs Jahren müssten die beiden inzwischen 13-jährigen Töchter von Boateng und dessen Ex-Freundin, die ihm Gewalt vorwirft, «in regelmäßigen Abständen immer wieder in der Zeitung lesen, wie ihre Eltern sich vor Gericht bekriegen». Sie wolle anregen, dass die Sache «insbesondere für die Kinder - endlich ein Ende» habe und betonte: «Ich glaube, ich hätte einen Vorschlag, mit dem alle Parteien leben können.» Dieser wurde aber nicht angenommen.
Fall beschäftigt Gerichte seit Jahren
Es ist bereits das vierte Mal, dass sich ein Gericht mit dem Vorfall in einem Karibik-Urlaub im Jahr 2018 befasst. Das Verfahren gegen den langjährigen Verteidiger des FC Bayern München, der gerade vom italienischen Club US Salernitana zum Linzer ASK in Österreich wechselte, zieht sich also schon lange hin. 2019 wurde Anklage erhoben, 2021 verhängte das Amtsgericht München eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 30.000 Euro, also insgesamt 1,8 Millionen Euro.
Das Landgericht München I verurteilte Boateng dann im Oktober 2022 in zweiter Instanz wegen Körperverletzung und Beleidigung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 10.000 Euro - insgesamt 1,2 Millionen Euro. Doch das Bayerische Oberste Landesgericht kassierte das Urteil. Bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens gilt für Boateng die Unschuldsvermutung.