Fischerei

Bodenseefischer dürfen jahrelang keine Felchen mehr fangen

Im Bodensee gibt es immer weniger Felchen, weil ein Konkurrent dem Speisefisch das Leben schwermacht. Die Wissenschaft drängt. Nach der Entscheidung einer Konferenz steht der Bodensee-Fischerei ein Umbruch bevor.

Bodenseefischer dürfen jahrelang keine Felchen mehr fangen

Fressfeinde, zu wenig Nährstoffe, leere Fischernetze: Um den Bestand der Felchen zu retten, dürfen sie in den kommenden drei Jahren im Bodensee nicht mehr gefangen werden. Damit steht der Bodensee-Fischerei ein Umbruch bevor, denn der Blaufelchen ist ihr Aushängeschild.

Die Felchenfänge lagen 2022 allerdings 89 Prozent unter dem Mittel der vergangenen zehn Jahre, wie die Internationale Bevollmächtigtenkonferenz für die Bodenseefischerei (IBKF) nach der Entscheidung zum Fangverbot mitteilte.

Die Lage der Felchen sei besorgniserregend. Es fehlten vor allem junge Fische. Wesentlicher Grund für den plötzlichen Handlungsbedarf sei die Ausbreitung eines ehemaligen Aquariumfischs, des Stichlings. Er macht mittlerweile rund 90 Prozent der Fische im Freiwasser des Binnengewässers zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz aus.

Stichlinge und Kormorane setzen den Felchen zu

Der Stichling ist eigentlich eher in Ufernähe beheimatet, der Blaufelchen hingegen ein Freiwasser-Fisch. Bis 2012 war das nach Angaben der Fischereiforschungsstelle in Langenargen unproblematisch. Doch vor Jahren änderte der Nahrungskonkurrent des Felchens aus unbekannten Gründen sein Verhalten und wanderte auch ins Freiwasser. Deshalb soll laut IBKF auch ein sogenanntes Stichlings-Management geprüft werden. Ebenfalls notwendig sei «ein internationales Kormoranmanagement am Bodensee zur Schonung der Fischbestände».

Mit härteren Schritten gegen den fischfressenden Zugvogel und weiteren Schritten gegen Stichling und Algenwuchs hätte aber ein mehrjähriges Fangverbot aus Sicht der 64 Berufsfischer auch verhindert werden können. «Das Felchenfangverbot ist der kleinste Faktor zur Schonung des Fischbestandes im See», sagte die Vorsitzende des Verbands der Badischen Berufsfischer, Elke Dilger. «Jeden Tag holt der explodierende Kormoranbestand am See Tonnen von Fisch aus dem See. Fisch, welchen wir dem Kormoran zum Fraß überlassen.»

Seit mehr als 20 Jahren fordern die Fischer, die Zahl der Kormorane zu regulieren – im Zweifelsfall auch mit Abschüssen. Naturschützer lehnen das ab, weil die Vögel gesetzlich geschützt sind. Die baden-württembergische Landesregierung, das Umweltministerium und die Naturschutzverbände müssten in den kommenden fünf Monaten «ein umsetzbares und effektives Kormoran-Management» erstellen, fordern die Fischer nun. Die Schonzeit für die Felchen könne in fünf Monaten umgesetzt werden.

Zusätzliche Netze für Fang anderer Speisefische

Weil mit den Felchen-Netzen auch andere Speisefische wie Rotaugen, Trüschen, Saiblinge und Barsche gefangen werden, sollen laut IBKF zusätzliche Netztypen erlaubt werden. «So können die Fischer weiterhin frischen Fisch aus dem Bodensee anbieten», heißt es in einer Stellungnahme des Gremiums, in dem jeder Anrainer einen Bevollmächtigten sitzen hat. Über ein Fangverbot für Felchen konnte nur einstimmig entschieden werden. Die Entscheidung wurde auf der jährlichen IBKF-Konferenz in Ittingen in der Schweiz getroffen.

Der Blaufelchen gilt als der Bodenseefisch schlechthin. Die Nachfrage nach dem Speisefisch ist gerade bei Urlaubern groß, weshalb auch schon über Fischzucht-Anlagen am Bodensee diskutiert wurde. Fischer beklagen seit Jahren die geringe Ertragslage.