Britischer Verteidigungsminister Wallace will Amt aufgeben
Der britische Verteidigungsminister Ben Wallace will nach Angaben der Zeitung «Sunday Times» in absehbarer Zeit sein Amt niederlegen. Er habe beschlossen, das Kabinett bei der nächsten Kabinettsumbildung zu verlassen, berichtete das Blatt am Wochenende. Die nächste Regierungsumbildung könnte demnach im September sein. Zudem werde er nicht mehr bei der nächsten Parlamentswahl antreten, die 2024 stattfinden soll.
«Ich kandidiere beim nächsten Mal nicht», zitierte die Zeitung ihn. Dem Bericht zufolge schloss Wallace aber aus, vorzeitig als Abgeordneter abzutreten und damit eine Nachwahl in seinem Wahlkreis auszulösen. Wallace ist seit 2019 britischer Verteidigungsminister. Er hat auf dem Posten bereits drei Premierminister aus seiner konservativen Partei erlebt; Boris Johnson, Liz Truss und den aktuellen Premier Rishi Sunak.
Seit 24 Jahren in der Politik
«Ich bin 1999 im schottischen Parlament in die Politik gegangen. Das sind 24 Jahre. Ich habe mehr als sieben Jahre mit drei Telefonen neben meinem Bett verbracht», sagte Wallace der Zeitung. Auf die Frage, wofür die Telefone denn seien, antwortete der 53-Jährige dem Bericht zufolge: «Geheim, geheim und geheim.»
Wallace hatte Ambitionen auf den Posten des Nato-Generalsekretärs. Die Hoffnung, Nachfolger von Jens Stoltenberg zu werden, erfüllte sich allerdings nicht. «Es wird nicht passieren», hatte ihn der «Economist» im Juni zitiert. Als Verteidigungsminister von Großbritannien koordiniert Wallace mit, wie die Ukraine im Verteidigungskampf gegen Russland unterstützt wird.
Bemerkung zu Ukraine-Hilfe sorgen für Schlagzeilen
Am Wochenende veröffentlichte er auf seinem Twitter-Account eine längere Erklärung auf Ukrainisch, um seine Bemerkungen zur Ukraine-Hilfe einzuordnen. Diese hatte in der Vorwoche Schlagzeilen gemacht. «Meine Kommentare dazu, wie man die Ukraine am besten unterstützen könne, sind auf großes Interesse gestoßen und sind etwas falsch interpretiert worden», hieß es der Stellungnahme.
Als jemand, der sich sehr dafür einsetze, Unterstützung für die Ukraine zu mobilisieren, habe er die Herausforderungen dabei erörtert, erklärte Wallace. Er habe gesagt, dass die Ukraine manchmal verstehen müsse, dass in vielen Ländern und manchen Parlamenten die Unterstützung nicht so groß sei wie in Großbritannien. Parlamente hätten oft konkurrierende Bedürfnisse, und die Ukraine und Großbritannien müssten sie weiter zu starker Unterstützung ermutigen.
Wallace an Ukraine: Großbritannien ist Amazon
Britische Medien hatten Wallace vergangene Woche mit den Worten zitiert, er habe Kiew geraten, daran zu denken, dass es andere Staaten bitte, ihre eigenen Waffenbestände zugunsten der Ukraine aufzugeben oder dass es darum gehe, «zweifelnde Politiker» etwa in den USA zu überzeugen. «Ob man es mag oder nicht, die Leute wollen etwas Dankbarkeit sehen.» Er habe den Ukrainern vergangenes Jahr gesagt, als ihm eine Liste gegeben worden sei, Großbritannien sei nicht Amazon. Das löste Befremden in Kiew aus.
Wallace erklärte nun, die Kommentare mit Bezug zu Amazon seien letztes Jahr gemacht worden, um zu betonen, dass die Beziehung Großbritanniens zur Ukraine nicht «transaktional», sondern eher «partnerschaftlich» sei. Er persönlich werde die Ukraine auf ihrem Weg so lange unterstützen, wie es nötig sei.
Dem Bericht der «Sunday Times» zufolge hatte Wallace seine Pläne, sein Amt abzugeben, Sunak bereits am 16. Juni mitgeteilt. Zwischenzeitlich war Wallace auch mal selbst als möglicher Regierungschef gehandelt worden, lehnte aber ab. Nach Angaben der «Times» bereitet sich der konservative Premierminister Sunak darauf vor, sein Spitzenteam vor der nächsten Wahl neu aufzustellen. Seine Partei liegt derzeit in Umfragen deutlich hinter der Labour-Partei.