Bundesverfassungsgericht stoppt Heizungsgesetz
Das Bundesverfassungsgericht hat die für Freitag geplante Verabschiedung des umstrittenen Heizungsgesetzes im Bundestag in einem Eilverfahren gestoppt. Die zweite und dritte Lesung dürfe nicht in der laufenden Sitzungswoche durchgeführt werden, teilte das höchste deutsche Gericht in Karlsruhe mit.
Der CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas Heilmann hatte einen Antrag auf eine einstweilige Anordnung gestellt. Diese sollte dem Bundestag die abschließende Beratung und Abstimmung über das Gesetz untersagen, wenn der Gesetzentwurf den Abgeordneten nicht mindestens 14 Tage vorher schriftlich vorliegt.
Heilmann hatte argumentiert, seine Rechte als Abgeordneter seien durch das Gesetzgebungsverfahren erheblich verletzt worden. «Die Ampel ruiniert die Wärmewende mit einem Last-minute-Gesetzespaket und einem verfassungswidrigen Verfahren», warf er der Koalition aus SPD, Grünen und FDP vor. Wegen der maximal verkürzten Beratungen zur Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) im Parlament könne man keine konzeptionelle Schwächen des Gesetzespakets aufzeigen und ändern.
Gericht gibt Heilmann Recht
Dazu erklärte das Gericht nun, Heilmanns Hauptsacheantrag im Organstreitverfahren erscheine mit Blick auf sein Recht auf gleichberechtigte Teilhabe an der parlamentarischen Willensbildung aus Artikel 38 des Grundgesetzes weder von vornherein unzulässig noch offensichtlich unbegründet. Die Folgenabwägung führe zum Ergebnis, «dass die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechenden Gründe überwiegen». Das Interesse an der Vermeidung einer irreversiblen Verletzung der Beteiligungsrechte wiege schwerer als der Eingriff in die Verfahrensautonomie des Bundestages, der das Gesetzgebungsverfahren lediglich verzögere.
Wochenlang hatten die Ampel-Partner über das Heizungsgesetz von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bauministerin Klara Geywitz (SPD) gestritten. Vor allem die FDP hatte Bedenken.
Zunächst hatte das Kabinett den Gesetzentwurf beschlossen. Aber noch vor der ersten Lesung im Bundestag vereinbarte die Ampel weitere Änderungen, die sie in teils vage formulierten «Leitplanken» festhielt – ein sehr ungewöhnliches Verfahren, das dazu führte, dass eine erste Expertenanhörung zu dem zu diesem Zeitpunkt schon veralteten ursprünglichen Gesetzentwurf stattfand.
Die Koalitionsfraktionen legten am Freitag nun dem Bundestag Änderungsanträge zum ursprünglichen Gesetzentwurf vor. Am Freitag sollte das Heizungsgesetz im Bundestag beschlossen werden – noch vor der parlamentarischen Sommerpause, die nach dem 7. Juli beginnt. Den Auftakt der abschließenden Beratungen bildete die Anhörung im Klima- und Energieausschuss des Bundestages am Montag. Der Ausschuss erarbeitet eine Empfehlung für das Plenum.
Merz: Schwere Niederlage für Regierung
Unions-Fraktionschef Friedrich Merz hat den Stopp der Heizungsgesetz-Abstimmung als «schwere Niederlage für die Bundesregierung von Olaf Scholz» gewertet. «Dem unsäglichen Umgang der Bundesregierung mit dem Parlament und der Öffentlichkeit wurde nun ein Riegel vorgeschoben», sagte der CDU-Vorsitzende der dpa.
«Das zeigt: Klimaschutz gelingt nicht mit der Brechstange, sondern nur durch gute und gründliche Beratung im Deutschen Bundestag. Olaf Scholz und seine Bundesregierung wären gut beraten, das Urteil aus Karlsruhe zum Innehalten zu nutzen. So wie bisher kann es im Deutschen Bundestag nicht weitergehen.»
Kubicki: Verdiente Quittung für Grüne
Der stellvertretende Vorsitzende der FDP, Wolfgang Kubicki, wertet Stopp als «verdiente Quittung für die Grünen, die in dieses Verfahren einen unerklärlichen Druck hineingegeben haben». Die Verfassungsrichter hätten deutlich gemacht, dass eine ordentliche Beratung notwendig ist, um die Akzeptanz der Bevölkerung für gravierende und weitreichende politische Maßnahmen zu erhalten, sagte der Bundestagsvizepräsident den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. «Wir erwarten von unseren grünen Koalitionspartnern die nötige Demut gegenüber dieser Entscheidung.»
Dobrindt: Schwere Klatsche für “Arroganz-Ampel”
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hat die Koalition aus SPD, Grünen und FDP aufgefordert, das umstrittene Heizungsgesetz zurückzuziehen. «Die wiederholte Missachtung des Parlaments durch die Ampel-Regierung hat jetzt durch das Bundesverfassungsgericht ein Stoppschild aufgestellt bekommen», erklärte er in Berlin. «Die Ampel sollte jetzt in sich gehen und dieses Murks-Gesetz endlich einstampfen.» Die Entscheidung sei «eine schwere Klatsche für die Arroganz-Ampel und ihren respektlosen Umgang mit den Parlamentsrechten und der Öffentlichkeit», fügte Dobrindt hinzu.