Erst Jubel, dann Strafe: Hülkenberg verliert Startplatz zwei
Der Glücksmoment für Formel-1-Regenkünstler Nico Hülkenberg nach seiner sensationellen Fahrt auf Startplatz zwei in Kanada platzte vor den Rennrichtern. Wegen eines Regelverstoßes in der Qualifikation entzogen die Rennkommissare dem Haas-Piloten am Samstag in Montreal den Platz in der ersten Startreihe neben WM-Spitzenreiter Max Verstappen.
Hülkenberg war in der entscheidenden Phase bei Roten Flaggen zu schnell gefahren. Deshalb wird er für den achten Saisonlauf am Sonntag (20.00 Uhr/Sky) auf Startplatz fünf zurückgestuft. Das ist dennoch seine beste Ausgangsposition vor einem Rennen in dieser Saison.
Anstelle des 35-Jährigen fährt nun Fernando Alonso im Aston Martin als Zweiter los. Die Pole Position hatte sich im Regen-Chaos auf dem Circuit Gilles-Villeneuve einmal mehr der übermächtige Titelverteidiger Verstappen im Red Bull gesichert.
«Das war eine wilde Quali, ziemlich verrückt», hatte Hülkenberg noch im Freudentaumel über das unverhoffte Ergebnis gesagt. Wie es zunächst aussah, hatte der Rheinländer davon profitiert, dass die Qualifikation unmittelbar nach seiner schnellsten Runde wegen eines Unfalls von McLaren-Fahrer Oscar Piastri unterbrochen wurde. Weil das Wetter sich nicht besserte, konnte keiner der Konkurrenten auf pitschnasser Strecke noch an Hülkenberg vorbeiziehen.
Zweiter Nackenschlag des Wochenendes
Doch dann schritten die Regelwächter ein. Hülkenberg hatte kurz nach seiner Top-Runde die nun geltende Geschwindigkeitsbegrenzung nicht eingehalten. In ihrer Urteilsbegründung akzeptierten die Stewards zwar mildernde Umstände für Hülkenberg und schwächten die vorgesehene Strafe von einer Versetzung um zehn Startplätze ab. Doch für den Routinier war es der zweite Nackenschlag des Wochenendes. Im Freitagstraining hatte er nach einem kapitalen Motorschaden vorzeitig aufgeben müssen.
Die Formel 1 erlebt in Montreal ein wechselhaftes Wochenende. Schon am Freitag hatten die Piloten mit einigen Widrigkeiten zu kämpfen. Das erste Training musste nach vier Minuten aus Sicherheitsgründen unterbrochen und schließlich abgesagt werden, weil die Videoüberwachung der Strecke nicht funktionierte. Ein Stromausfall war wohl die Ursache für die Technik-Panne.
Im Abschlusstraining am Samstag stellte der Dauerregen die Fahrer und Teams dann vor eine neue Herausforderung. Auf der sehr unebenen Strecke hatten viele Piloten Mühe, ihren Dienstwagen unfallfrei über eine schnelle Runde zu steuern. Der Spanier Carlos Sainz verlor in Kurve eins die Kontrolle über seinen Ferrari und krachte heftig in die Bande. In den gut zwei Stunden bis zur Qualifikation konnten seine Mechaniker das Auto aber wieder fahrtüchtig machen.
Verstappen mit Vorsprung in der Gesamtwertung
Einmal mehr war die Frage, ob die Konkurrenz die Seriensieger von Red Bull ausbremsen könnte. Alle sieben Saisonläufe hat das Weltmeister-Team in diesem Jahr bisher gewonnen, fünf davon allein Verstappen. Der Niederländer baute zuletzt mit drei Siegen in Serie seinen Vorsprung in der Gesamtwertung auf Teamkollege Sergio Perez auf 53 Punkte aus. Nur beim Gastspiel in Baku Ende April stand in Ferrari-Star Leclerc ein Fahrer eines anderen Rennstalls auf der Pole Position.
Doppel-Weltmeister Verstappen kann in Kanada seinen 41. Grand-Prix-Sieg feiern und damit zur brasilianischen Legende Ayrton Senna aufschließen. Auf feuchter Strecke stand dem aber zunächst eine schwierige Qualifikation im Weg. Schon kurz nach Beginn gab es Rote Flaggen, weil der Chinese Zhou Guanyu in seinem Alfa Romeo mit einem Technik-Defekt stehen blieb.
Im hektischen Treiben nach dem Neustart blieb Verstappen cool und raste mit der Bestzeit in die zweite Runde. Für Hülkenberg reichte es als 15. knapp für den nächsten Abschnitt. Dort wurde das Geschehen endgültig zum Glücksspiel mit Reifen und Wetter. Große Verlierer waren Vize-Weltmeister Leclerc und der WM-Zweite Perez. Beide verzockten sich bei der Reifenwahl und verpassten einen Platz unter den Top Ten. Hülkenberg kam als Achter weiter.
Als es richtig ernst wurde, zeigte Verstappen seine ganze Klasse. «Ich komme aus den Niederlanden, wir sind Regen gewöhnt», sagte der 25-Jährige.