Arbeitsmarkt

Fachkräftemangel: Wirtschaft für «Willkommenskultur»

Der Mangel an Fachkräften gilt als einer der größten wirtschaftlichen Risiken in Deutschland. Wirtschaftsverbände mahnen Verbesserungen an.

Spitzenverbände der Wirtschaft halten angesichts des Fachkräftemangels in Deutschland eine «Willkommenskultur» für notwendig. DIHK-Präsident Peter Adrian sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Die Botschaft muss lauten: Wir freuen uns, euch hier in Deutschland begrüßen zu können. Und dafür gibt es sehr viele Ansätze. Das fängt bei der Visa-Erteilung an, wenn jemand nach Deutschland möchte, und hört bei der Bereitstellung von Wohnung und Kinderbetreuung auf. Wir haben hier in vielen Bereichen Defizite.»

Fachkräftemangel als Geschäftsrisiko

Eine Ende Mai von der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) vorgelegte Konjunkturumfrage ergab, dass über die Hälfte der Unternehmen den Fachkräftemangel aktuell als Geschäftsrisiko angeben - häufig genannte Risiken waren daneben hohe Energie- und Rohstoffpreise und die schwache Inlandsnachfrage.

«Was wir vor allem brauchen, ist eine bessere Willkommenskultur», sagte Adrian. Das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz sei grundsätzlich positiv zu bewerten. «Es ist aber zu kompliziert. In der praktischen Anwendung hinken wir hinterher. Eine Chancenkarte soll Menschen für ein Jahr die Chance geben, in Deutschland einen Job zu suchen. Die Voraussetzungen für die Chancenkarte sind allerdings zu komplex. Ich glaube nicht, dass man mit dieser Variante viele Fachkräfte zu uns locken kann.»

Industrie: «We want you»

Auch Industriepräsident Siegfried Russwurm sieht Nachbesserungsbedarf bei der Umsetzung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes. «Die Aufgaben fangen bei den Botschaften und Konsulaten an. Jeder kennt das amerikanische Plakat "We want you!" So müssen wir auch denken und handeln. Diese Willkommenskultur muss sich bis zur kommunalen Ausländerbehörde in der Stadt oder im Landratsamt durchziehen.»

Das müsse auch ganz praktische Fragen einschließen, so der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie. «Mein Lieblingsbeispiel: Kann ich in meinem Landratsamt ein Auto zulassen, wenn ich nicht Deutsch spreche? Gibt es jemanden, der diesen Standardprozess auf Englisch abwickelt? Das sind Banalitäten. Aber die helfen Menschen unheimlich, die in einem anderen Land anfangen zu arbeiten, vielleicht einen ersten Sprachkurs hatten, aber trotzdem noch unsicher sind. In dieser ganzen Kette ist noch viel zu tun.»