Fans bejubeln großes Völler-Comeback gegen Frankreich
Es gibt eben doch nur einen Rudi Völler. Nach dem Siechtum der Fußball-Nationalmannschaft unter Hansi Flick hat der DFB-Sportdirektor als Interims-Teamchef den EM-Gastgeber mit einem 2:1 (1:0) gegen Vize-Weltmeister Frankreich aus dem Stimmungstief geführt.
Statt Pfiffen gab es in Dortmund donnernden Applaus. Neun Monate vor dem Heimturnier sorgte Rio-Weltmeister Thomas Müller (4. Minute) mit seinem 45. Länderspieltor für einen Traumstart.
Danach verteidigte das DFB-Team leidenschaftlich und als Kollektiv, Leroy Sané (87.) machte den ersten Erfolg nach fünf sieglosen Testspielen perfekt. Antoine Griezmann (89.) gelang nach mit einem Foulelfmeter nur noch der Anschlusstreffer für die ohne Superstar Kylian Mbappé spielenden Franzosen.
«Es gibt nur ein Rudi Völler»
Und nun? Der 63-jährige Völler hatte sein Teamchef-Comeback nach 19 Jahren als «einmalige Sache» deklariert. Aber im Paket mit dem neuen Nachwuchs-Sportdirektor Hannes Wolf und Ex-Nationalspieler Sandro Wagner erledigte er nach der Freistellung von Flick nach dem desaströsen 1:4 gegen Japan in kürzester Zeit einen Topjob. Das Erscheinungsbild der DFB-Elf war vor 60.486 Zuschauern ein komplett anderes. Die Bundestrainerfrage wird auch die kommenden Tage bestimmen - mit dem von den Fans gefeierten Völler mittendrin. «Es gibt nur ein Rudi Völler», rief das Publikum. Kommt wirklich einer wie Julian Nagelsmann? Im Oktober geht das Nationalteam auf USA-Tour, bis dahin soll eine Lösung gefunden sein.
7020 Tage nach seinem letzten Spiel als Teamchef spielte sich Völler nicht als großer Zampano auf. Meistens blieb der 63-Jährige auf der Bank sitzen, nur bei wichtigen Aktionen sprang er in die Coaching Zone. Er kommunizierte viel mit dem U20-Trainergespann Hannes Wolf und Sandro Wagner, das ihn unterstützte, und sprach den Einwechselspielern gut zu.
Mbappé nur auf der Bank
Die Sofortmaßnahmen griffen. Völler nahm drei Veränderungen in der Startelf vor: Für den angeschlagenen Joshua Kimmich sowie für Kai Havertz und Nico Schlotterbeck rückten Benjamin Henrichs, Müller und Jonathan Tah in die Startelf. Die Maßnahmen wirkten.
Der starke Henrichs legte nach einem Doppelpass auf der linken Seite mit Serge Gnabry den Ball im Strafraum zurück zu Müller - und der auch für die Aufbruchstimmung zurückgeholte Münchner erzielte aus kurzer Distanz sein erstes Länderspieltor seit 15 Monaten. Für Frankreich war es der erste Gegentreffer seit dem verlorenen WM-Finale Ende 2022 gegen Argentinien. Sofort hallten «Rudi Völler»-Sprechchöre von den Rängen.
Vorausgegangen war ein Nachsetzen von Kapitän Ilkay Gündogan nach eigenem Ballverlust - und genau das hatte Völler gefordert: «Das Wichtigste ist das Abwehrverhalten.» Deshalb hatte er auch den bei Bayer Leverkusen formstarken Tah als Rechtsverteidiger und den Leipziger Henrichs hinten links aufgeboten. Beide spielten ihre Geschwindigkeit auf den Außen aus, gewannen viele ihrer Zweikämpfe und gaben dem Team anfangs Sicherheit. Doch auch im Mittelfeld und Angriff wurde intensiv gegen den Ball gearbeitet, das Miteinander war im Vergleich zu den enttäuschenden letzten Auftritten deutlich verbessert.
Kapitän Gündogan muss runter
Dass Frankreichs Trainer Didier Deschamps den WM-Torschützenkönig Mbappé nicht aufbot, kam den Deutschen entgegen. Mbappés Vertreter, der Ex-Frankfurter Randal Kolo Muani, hatten die deutschen Defensivspieler zunächst im Griff. Nach einer halben Stunde honorierten die Fans den zwar nicht fehlerfreien, aber zumindest leidenschaftlichen Auftritt ihres Teams mit der La-Ola und «Deutschland»-Rufen.
Einen ersten Rückschlag musste Völler in der 25. Minute wegstecken, als er zur Auswechslung seines Kapitäns Gündogan gezwungen war. Für den Profi des FC Barcelona, der nach einem Luftzweikampf mit Adrien Rabiot unglücklich auf dem Hintern landete, kam Pascal Groß zu seinem zweiten Länderspiel. Der England-Legionär sah gegen die mit zunehmender Spieldauer dominanteren Franzosen nicht immer gut aus, noch vor dem Halbzeitpfiff handelte er sich nach einem taktischen Foul die Gelbe Karte ein.
In der 39. Minute prüfte Aurelien Tchouameni zweimal per Kopf Marc-André ter Stegen, aber der Torhüter war beide Male auf dem Posten. Zur Pause wurde die gegen Japan noch ausgepfiffene DFB-Auswahl mit Applaus verabschiedet.
Nach dem Seitenwechsel war es erneut Tchouameni, der mit einem Distanzschuss ter Stegen zu einer Parade zwang (57.). Die Gäste, die mit der makellosen Bilanz von fünf Siegen und 11:0 Toren in die EM-Qualifikation gestartet waren, fanden dennoch nicht zu ihrem gewohnten Spielwitz. Die Deutschen beschränkten sich nicht nur auf die Defensive, sondern kamen wie Florian Wirtz (67.) auch zu guten Chancen. Ter Stegen hielt in der Schlussphase erneut stark gegen Antoine Griezmann (82.). Gegen den Strafstoß war er jedoch machtlos.