Grand-Slam-Rekord in Paris: Djokovic schreibt Geschichte
Novak Djokovic küsste innig Ehefrau Jelena, herzte seine Kinder und umarmte Edel-Fan Tom Brady auf der Tribüne. Um 18.43 Uhr stemmte der serbische Superstar überglücklich den Coupe des Mousquetaires als Trophäe für seinen 23. Grand-Slam-Titel in den Pariser Abendhimmel und ließ sich als alleiniger Rekordsieger der Tennis-Geschichte feiern.
In einem hochklassigen Finale der French Open bezwang der 36-Jährige in Paris den norwegischen Herausforderer Casper Ruud in 3:13 Stunden mit 7:6 (7:1), 6:3, 7:5.
«Ich bin mehr als glücklich in meinem Leben, dass ich 23 Grand-Slam-Titel gewonnen habe», schwärmte Djokovic und dankte seiner Familie sowie seinem Anhang. «Ihr wisst, was wir durchgemacht haben. Ihr wisst, wie schwer es sein kann. Ich danke euch für eure Geduld und Toleranz.» Auf seiner Jacke prangte bereits die magische 23. Er lobte auch seinen Finalgegner Ruud in höchsten Tönen und sagte augenzwinkernd: «Ich wünsche dir, dass du gegen jeden gewinnst – außer mir.»
Mit Football-Ikone Brady und Fußball-Größen wie Kylian Mbappé als Anhänger auf der Tribüne triumphierte er in seinem siebten Endspiel beim Sandplatzklassiker zum dritten Mal. «Ein weiterer Tag, an dem du die Tennis-Geschichte geschrieben hast. Man kann nicht beschreiben, wie gut du bist», sagte Final-Gegner Ruud. «Ich bin froh, dass ich als Erster von dieser Bühne gratulieren darf.»
Djokovic ließ mit dem 23. Grand-Slam-Titel den Spanier Rafael Nadal hinter sich. «Herzlichen Glückwunsch zu dieser großartigen Leistung», gratulierte Nadal nur wenige Momente nach dem Triumph via Twitter. «23 ist eine Zahl, an die man noch vor ein paar Jahren nicht denken konnte – und du hast es geschafft!» Bei den Damen hat lediglich die Australierin Margaret Court (24) öfter eines der vier großen Turniere gewonnen.
Dass es für Djokovic um Historisches ging, zeigte sich alleine in der Besetzung seiner Box auf der Tribüne. Brady nahm mit Sonnenbrille neben Djokovic-Ehefrau Jelena Platz. Der Status des 45-Jährigen als bester Footballprofi der Geschichte ist unwidersprochen. Auch Djokovic möchte diesen Titel im Tennis vor Nadal und Roger Federer für sich beanspruchen. Weltmeister Mbappé hatte auf der Ehrentribüne Zlatan Ibrahimovic dabei, Frankreichs Tennis-Liebling Yannick Noah, Box-Legende Mike Tyson und Schauspieler Hugh Grant rundeten den Auflauf der Stars ab.
Die Ehrengäste sahen zunächst ein packendes Duell. Der 24 Jahre alte Ruud hatte im Halbfinale noch Alexander Zverevs Traum vom ersten Grand-Slam-Titel mit einem klaren Sieg beendet. Doch nun kämpfte sich Djokovic auch nach einem schwierigen Start zurück und bewies im Tie-Break des ersten Satzes seine Extraklasse und Nervenstärke. Danach spielte er in seinem 34. Grand-Slam-Finale die Erfahrung aus.
Djokovic ist nun vor dem 14-maligen Paris-Champion Nadal, der dieses Jahr verletzt fehlte, auch der älteste Sieger in der Geschichte der French Open. Von Montag an übernimmt er zudem wieder die Spitze der Weltrangliste vom Spanier Carlos Alcaraz, den er im Halbfinale zermürbt hatte. Es ist seine 388. Woche als Spitzenreiter – natürlich ist auch dies ein Bestmarke.
Ruud bleibt hingegen vorerst ein Unvollendeter. Der Weltranglistenvierte verlor auch sein drittes Grand-Slam-Endspiel und wartet weiter auf den ersten großen Titel seiner Karriere.
Bei wolkenverhangenem Pariser Himmel öffnete sich das Faltdach über dem Court Philippe-Chatrier nach der Eröffnungsshow wieder – die Zuschauer empfingen Djokovic mit lauten «Nole, Nole»- Rufen. Der große Außenseiter zeigte sich zunächst unbeeindruckt von der Gänsehaut-Atmosphäre. Im Vorjahr war Ruud im Finale von Nadal zeitweise vorgeführt worden. Nun stellte der Norweger seinen Gegner mit stabilem Spiel zu Beginn vor Probleme. Ein Überkopfball von Djokovic segelte zum ersten Break ins Aus, erst nach 25 Minuten gelang ihm das 1:3.
Wie schon gegen Alcaraz blieb Djokovic aber cool. 28-mal ging der Ball beim Breakpunkt des Serben hin und her, auch Ruud zeigte erstmals Nerven und setzte den Schmetterball zum 4:3 aus seiner Sicht ins Netz. Erstmals standen fast die Zuschauer vor Begeisterung auf der Tribüne auf, auch Brady sprang hoch.
Als Djokovic sich wenig später beim Schiedsrichter beschwerte, dass dieser den Spielstand zu früh verkünde und damit die Pause beim Seitenwechsel kürzer werde, buhten die Zuschauer leidenschaftlich. Nicht das erste Mal in diesem Turnier. «Es ist mir egal», sagte der streitbare Djokovic vor dem Finale zu den immer wiederkehrenden Pfiffen. «Es ist nicht das erste Mal, und wahrscheinlich nicht das letzte Mal. Ich gewinne einfach weiter.»
Die Reibung scheint Djokovic anzustacheln. In der entscheidenden Phase des ersten Satzes war der Fokus voll da. Der Serbe spielte immer besser, gewann auch den sechsten Tie-Break im Turnier zum sechsten Mal ohne leichten Fehler und jubelte nach 81 Minuten.
Ruud wackelte, Djokovic nutzte die Schwäche gnadenlos aus. Nach dem Break zum 2:0 tippte er sich immer wieder an die Stirn – klares Zeichen: Djokovic hat den mentalen Vorteil. Souverän ließ er keinen Breakball mehr zu und holte sich auch den zweiten Satz. Den dritten Durchgang hielt Ruud lange offen, eiskalt nahm Djokovic ihm jedoch den Aufschlag zum 6:5 ab. Nur wenig später dürfte der Serbe über den großen Triumph jubeln.