Neuwahl im Nordatlantik

Island wählt vorzeitig neues Parlament

Island erlebt gerade erneut einen Vulkanausbruch, aber auch politisch rumort es auf der Insel. Die Regierungskoalition ist nach einem Wechsel an der Spitze zerbrochen. Nun wird vorzeitig gewählt.

Nach dem Zusammenbruch der bisherigen Regierungskoalition wird auf Island vorzeitig ein neues Parlament gewählt. Knapp 270.000 Wahlberechtigte sind aufgerufen, ihre Stimme abzugeben - mehr als jeder Zehnte davon hat bereits vor dem eigentlichen Wahltag sein Kreuzchen gesetzt. Für alle anderen sind die Wahllokale heute planmäßig zwischen 9.00 und 22.00 Uhr (Ortszeit) geöffnet. 63 Parlamentssitze sind zu vergeben.

Prognosen gibt es unmittelbar nach Schließung der Wahllokale keine, dafür werden im Laufe der Nacht nach und nach Teilergebnisse aus den verschiedenen Landesteilen erwartet. Ein vorläufiges Endergebnis dürfte voraussichtlich am Sonntagmorgen deutscher Zeit feststehen - sofern die derzeit rauen Wetterbedingungen vor allem im Osten der Nordatlantik-Insel nicht zu Verzögerungen bei der Abstimmung und der Auszählung führen.

Ungewöhnliche Koalition geplatzt

Eigentlich stand die nächste Parlamentswahl auf Island erst im Spätsommer 2025 an. Unstimmigkeiten in der Drei-Parteien-Koalition von Ministerpräsident Bjarni Benediktsson ließen die Regierung jedoch Mitte Oktober platzen, woraufhin Staatspräsidentin Halla Tómasdóttir auf Antrag des Regierungschefs das Parlament vorzeitig auflöste. 

Benediktsson hatte den Posten des Regierungschefs erst im April von der langjährigen Ministerpräsidentin Katrín Jakobsdóttir übernommen. Sie war wegen ihrer Bewerbung auf die isländische Präsidentschaft im Frühjahr von ihrem Regierungsamt zurückgetreten, verlor die Wahl dann aber gegen Tómasdóttir.

Benediktsson schaffte es derweil nicht, die untypische, über die politische Mitte hinweg reichende Regierungskoalition am Leben zu erhalten. Der Chef der liberal-konservativen Unabhängigkeitspartei begründete das Aus der Koalition mit Meinungsverschiedenheiten unter anderem in Migrations- und Energiefragen. Beobachter halten das jedoch für einen Vorwand, um dem schwierigen Bündnis mit der Fortschrittspartei und der ehemals von Jakobsdóttir geführten Links-Grünen Bewegung ein Ende zu setzen.

«Katrín Jakobsdóttir hat diese Koalition sieben Jahre lang zusammengehalten. Sie war der Leim der Regierung mit diesen drei Parteien, die von rechts bis links reichten», sagt die Professorin für Politikwissenschaften an der Universität von Island, Eva Heida Önnudóttir. Jakobsdóttirs Abgang habe letztlich den Zusammenbruch der Koalition eingeläutet, in der nur in wenigen Angelegenheiten Einigkeit geherrscht habe.

Chancen sowohl für Rechts- als auch für Mitte-Bündnis

Umfragen zufolge dürften für eine Regierungsmehrheit auch künftig mindestens drei Parteien notwendig sein. Hoch im Kurs der Befragten standen bis zuletzt die Sozialdemokratische Allianz (Samfylkingin) von Kristrún Frostadóttir sowie die erst 2016 gegründete Liberale Reformpartei (Vidreisn) von Thorgerdur Katrín Gunnarsdóttir. Die drei bisherigen Regierungsparteien müssen dagegen mit Verlusten rechnen. 

Wer die künftige Regierung stellen wird, ist noch höchst ungewiss. Die Chancen stünden 50 zu 50 zwischen einer möglichen konservativ-rechtsgerichteten Dreierkoalition unter Führung von Benediktsson und einer liberalen Mitte-Koalition, die aus Vidreisn, Samfylkingin und einer weiteren Partei bestehen könnte, sagt Önnudóttir. Eine Schlüsselrolle könnte die Fortschrittspartei spielen, die politisch in der Mitte steht.