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Juso-Kongress: Kritik am Fernbleiben des Kanzlers

«Ich könnte kotzen»: So kommentierte die Juso-Führung die Forderung des Kanzlers, «in großem Stil» abzuschieben. Auf ihrem Kongress dürfte das Thema für heftige Diskussionen sorgen - aber ohne Scholz.

Juso-Kongress: Kritik am Fernbleiben des Kanzlers

Arbeitsminister Hubertus Heil wird dabei sein, Parteichefin Saskia Esken und Generalsekretär Kevin Kühnert auch: Es ist nicht so, dass die SPD-Prominenz den von Freitag bis Sonntag anstehenden Bundeskongress der Jungsozialisten ignorieren würde. Aber einer fehlt zum zweiten Mal in Folge bei der Juso-Jahrestagung: Bundeskanzler Olaf Scholz hat die Einladung nach Braunschweig bereits vor einiger Zeit aus terminlichen Gründen ausgeschlagen.

Daran gibt es nun Kritik aus dem Jugendverband der SPD mit seinen rund 70.000 Mitgliedern, der mit 49 Abgeordnete auch fast ein Viertel der Bundestagsfraktion stellt. «Ich hätte es richtig gefunden, wenn Olaf Scholz sich der Diskussion mit uns auf dem Juso-Bundeskongress gestellt hätte», sagte Vorstandsmitglied Philipp Türmer, der am Freitag für den Juso-Vorsitz kandidiert, der Deutschen Presse-Agentur.

Insbesondere über die jüngsten Äußerungen des Kanzlers zu «Abschiebungen im großen Stil» gebe es «gewaltigen Unmut» bei den Jusos. «Allerdings bin ich mir sicher, dass die Botschaften und Forderungen der Jusos von diesem Kongress so laut sein werden, dass er sie - egal wo er gerade ist - wahrnehmen wird.»

Scholz hatte in einem «Spiegel»-Interview gesagt: «Wir müssen endlich im großen Stil diejenigen abschieben, die kein Recht haben, in Deutschland zu bleiben.» Das hatten mehrere Jusos mit deutlichen Worten kritisert. Türmer schrieb dazu auf der Plattform X: «Ich könnte kotzen bei diesem Zitat.» Deftig war auch der Kommentar auf dem zentralen X-Account der Jusos: «Eine Forderung direkt aus dem Vokabular des rechten Mobs», hieß es dort. «Was dabei komplett verloren geht? Dass Sozialdemokratie Politik mit humanitären Werten bedeutet.»

Scholz' Fernbleiben ist nicht ungewöhnlich

Scholz war von 1982 bis 1988 stellvertretender Bundesvorsitzender der Jusos und hat auch später immer wieder in verschiedenen Funktionen an Bundeskongressen teilgenommen, zuletzt 2021 kurz vor seiner Vereidigung als Kanzler. Im vergangenen Jahr blieb er dem Bundeskongress aber fern, und auch diesmal teilte das Kanzlerbüro des SPD-Vorstands mit: «Andere Termine sind bereits längerfristig vereinbart, daher ist eine Teilnahme am Bundeskongress der Jusos für Herrn Scholz nicht möglich. Den Austausch mit dem Juso-Bundesvorstand wird es natürlich auch zukünftig weiter geben.»

Ungewöhnlich ist es jedenfalls nicht, dass ein Kanzler den Jusos eine Absage erteilt. Die Pressestelle der Jugendverbands konnte trotz intensiver Archiv-Recherche keinen einzigen Auftritt von Gerhard Schröder auf einem Juso-Bundeskongress in seiner siebenjährigen Zeit als Kanzler finden. Und Schröder hat sogar eine noch hochrangigere Juso-Vergangenheit als Scholz: Er stand von 1978 bis 1980 an der Spitze des Verbandes.