Proteste

Justizreform in Israel schreitet voran - Herzog in den USA

Weiterhin demonstrieren Zehntausende gegen den geplanten Umbau der Justiz. Heute könnte ein wichtiger Reform-Teil eine weitere Hürde nehmen. Unterdessen will Israels Präsident in den USA beschwichtigen.

Justizreform in Israel schreitet voran - Herzog in den USA

Israels Regierung will trotz massiver Proteste im Land die Justizreform weiter vorantreiben. Bereits am kommenden Sonntag könnte ein wichtiger Teil des umfassendes Gesetzesvorhaben im Parlament verabschiedet werden. Medienberichte zufolge will die Regierung dazu eine Sondersitzung einberufen.

Zuvor soll der Justizausschuss voraussichtlich heute den Gesetzentwurf billigen und der Knesset übermitteln. Gestern hatte das Gremium dazu nach tagelangen Beratungen die Abstimmung über mehrere Tausend Vorbehalte aus der Opposition begonnen. Es wird erwartet, dass keiner der Änderungsvorschläge angenommen wird und der Gesetzestext dann im Anschluss dem Parlament übermittelt wird.

Bis tief in Nacht waren Zehntausende Israelis gegen das umstrittene Vorhaben der Regierung auf die Straße gegangen. Medienberichten vom frühen Morgen zufolge wurden Dutzende Demonstranten landesweit festgenommen. Die israelische Ärztevereinigung kündigte für den Morgen einen zweistündigen Warnstreik an. Zudem sind laut Organisationen bis zur möglichen Abstimmung im Parlament weitere Kundgebungen und Störaktionen geplant. Die Protestbewegung umfasst weite Teile der israelischen Gesellschaft. Insbesondere aus dem Militär nimmt der Druck auf die Regierung massiv zu.

Herzog hält Rede vor US-Kongress

Israels Präsident hatte gestern bei einer Begegnung mit US-Präsident Joe Biden in Washington versucht, den wichtigsten Verbündeten zu beruhigen. «Die israelische Demokratie ist solide, stark und unverwüstlich», sagte Izchak Herzog. Zugleich bezeichnete er die innenpolitische Lage in Israel als «Krise», aus der er einen Ausweg suche.

Das Weiße Haus teilte im Anschluss an das Treffen mit, Biden und Herzog hätten über die Notwendigkeit eines «konsensorientierten Ansatzes» mit Blick auf die Justizreform gesprochen. Biden habe in dem Gespräch auch betont, dass er weiterhin die Zweistaatenlösung als den «besten Weg» zu einem dauerhaften und gerechten Frieden im israelisch-palästinensischen Konflikt erachte. Zudem halte Biden zusätzliche Maßnahmen für notwendig, um die Sicherheits- und die wirtschaftliche Lage im Westjordanland zu verbessern und Terroranschläge zu verhindern.

Heute ist eine Rede Herzogs vor dem US-Kongress geplant. Er ist nach seinem Vater, Chaim Herzog, der zweite israelische Präsident, der vor dem Kongress spricht. Die Rede findet anlässlich des 75-jährigen Bestehens des Staates Israels statt. Am Abend will Herzog dann mit US-Vizepräsidentin Kamala Harris im Weißen Haus zusammenkommen. Es wird erwartet, dass das umfassende Gesetzesvorhaben der Netanjahu-Regierung erneut Thema sein wird.

Umstrittene Pläne

Mit dem jüngsten Gesetzentwurf soll es dem Höchsten Gericht etwa nicht mehr möglich sein, Entscheidungen der Regierung oder einzelner Minister als «unangemessen» zu bewerten. Anfang des Jahres hatte das Höchste Gericht die Ernennung des Vorsitzenden der Schas-Partei, Arie Deri, zum Innenminister wegen dessen krimineller Vergangenheit als «unangemessen» eingestuft. Daraufhin musste Netanjahu seinen Vertrauten entlassen.

Beobachter erwarten, dass die Koalition dies mit dem neuen Gesetz wieder rückgängig machen will. Kritiker befürchten zudem, dass es zu willkürlichen Entlassungen von Gegnern der Regierungspolitik in entscheidenden Positionen kommen könnte.